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Tempus Z. Jo Caminos
Читать онлайн.Название Tempus Z
Год выпуска 0
isbn 9783738072877
Автор произведения Jo Caminos
Жанр Языкознание
Издательство Bookwire
Charlotte wiederholte das Gesagte noch einmal in Kurzform für Roland und Peter. Ihren Blicken nach zu urteilen, hatten sie nur wenig von dem im breiten lokalen Dialekt Vorgetragenen verstanden. Harold und Justin sprachen ein sehr breites und kehliges Englisch, das an Texaner erinnerte.
„Was war das eigentlich vorhin mit den Sirenen. Eine Warnung durch die Militärs?“, fragte Roland kurz darauf.
Harold zuckte die Achseln. „Die Sirenen schalten sich jeden Tag zweimal ein. Ich denke, dass irgendjemand eine Automatik eingeschaltet hat. Das läuft schon seit einer kleinen Ewigkeit so. Es gibt wohl niemanden mehr, der die Automatik ausschalten könnte. Ganz zu anfangs wollte man mit den Sirenen die Untoten anlocken. Man dachte wohl, man wäre sie schnell wieder los. War aber ein ziemlicher Schuss in den Ofen. Niemand hat damit gerechnet, dass der Lärm so viele von den Dingern anlocken würde. Es kamen nicht nur einige, sondern ganze Herden. Ihr könnt euch sicher vorstellen, wie blöd die Jungs mit ihren Knarren dann geguckt haben, als die Untoten plötzlich vor der Tür standen. Na ja, will nicht zynisch klingen, aber es gab etliche, die sich einen Spaß daraus machten, Untote abzuknallen. Zuerst Volksfeststimmung - und dann Trauermarsch. Ging ziemlich schnell. Aus Spaß wurde Ernst, tödlicher Ernst. Aber -“ Er sah schnell zu Justin. „... uns kommen die Sirenen nicht ganz ungelegen, immerhin halten sie uns die Untoten vom Leib. Wir jedenfalls verhalten uns so ruhig wie möglich. Und was das Umland betrifft ... Wir wollten uns vor einiger Zeit mit einem Wagen umsehen, haben dann aber schnell kehrtgemacht. In den Nachbargemeinden sieht es schlimm aus. Eine unglaublich große Anzahl von Untoten steht dort um die Häuser mit den Sirenen herum. So etwas wollt ihr bestimmt nicht sehen. Bleib doch hier, zumindest für eine Weile. Gemeinsam haben wir eine größere Chance zu überleben. Wir haben genügend Lebensmittel und Wasser. Der Brunnen der Stadt ist ein Segen.“
Harold sah die Deutschen der Reihe nach an, doch er spürte, dass sie nicht hierbleiben würden. Sie wollten nach Hause, nach Deutschland.
„Gibt es Nachrichten aus Europa. Was ist mit Deutschland?“, fragte Peter nach einer Weile des Schweigens. Er glaubte zwar nicht wirklich daran, dass sich irgendein Amerikaner für den Rest der Welt interessierte, aber er ließ sich gerne eines Besseren belehren.
Justin, der gerade seinen Revolver kontrollierte, zuckte mit den Achseln. „Wohl ähnlich wie hier. Die größeren Städte hat es allem Anschein nach zuerst erwischt. Aber die Deutschen sind wohl dabei, den Großraum Frankfurt-Flughafen als Bollwerk gegen die Zombiehorden auszubauen. Zumindest war das eine der letzten positiven Nachrichten im Netz. Der Flughafen gilt als Herzstück in Europa. Aber ... wir haben hier genug zu tun. Alles außerhalb berührt uns nur am Rande.“
„Aber die Energieversorgung funktioniert noch, oder ...?“, fragte Charlotte.
„Noch“, entgegnete Harold. „Aber ich würde auf Dauer nicht darauf zählen. Viele der Atomreaktoren werden langsam heruntergefahren, heißt es zumindest. Ihr wisst, die Gefahr einer Kernschmelze, wenn so ein Scheißding durchgeht ... Und es scheint in Japan erneut einen Zwischenfall gegeben zu haben. Wenigstens haben wir noch das Internet. Falls irgendwo doch ein Reaktor hopsgeht, werden wir es wissen. Allerdings bleibt fraglich, wohin man flüchten sollte oder kann. Es ist einfach alles nur verworren. Ohne das Netz wären wir wohl ziemlich aufgeschmissen. Aber wie lange das so bleibt, kann auch keiner sagen ...“
Sie schwiegen eine Weile vor sich hin, bis Roland meinte: „Und wie soll es jetzt weitergehen? Wir können doch nicht hier bis in alle Ewigkeit herumsitzen. Funktioniert der Flugverkehr noch? Ich meine, wenn das mit Frankfurt stimmt, könnte man doch ...“
„Ja, es gibt noch Flugverkehr, aber es sind nur Flüge von Militärmaschinen erlaubt - habe ich im Internet gelesen“, sagte Justin. „Einige Zivilmaschinen sollen abgestürzt sein, als sich Passagiere in Untote verwandelten und das Chaos an Bord ausbrach. Aber ...“ Er hob fast entschuldigend die Schultern. „Gerüchte, nochmals Gerüchte. Es gibt keine Sicherheit. Alle unsere Informationen sind aus zweiter oder dritter Hand bzw. aus dem Netz. Und ihr wisst doch selbst, wie kreativ die Leute im Internet sein können.“
„Ihr wollt zurück nach Deutschland, nicht wahr“, stellte Harold fest. „Kann ich verstehen. Wenn die Welt den Bach runtergeht, wäre ich auch lieber zu Hause bei Freunden oder der Familie. Wenn ihr wirklich nicht hierbleiben wollt, solltet ihr vielleicht versuchen, bis zur Whitehawk Air Force Base durchzukommen. Auf der Air Base werdet ihr möglicherweise mehr herausfinden, aber es könnte auch sein, dass sie euch dort in eine Safe Zone stecken. Und weiß der Teufel, ob diese Zones wirklich sicher sind. Ich gebe nichts drauf.“
„Warum seid ihr beiden hiergeblieben?“, fragte Charlotte in die entstandene Stille.
Harold warf Justin einen schnellen Blick zu, der kurz bestätigend nickte. „Warum wohl ...“, erwiderte Harold. „Justin und ich sind zusammen. Ich meine, wir leben zusammen. Und hier in der Gegend sind schwule Pärchen nach wie vor nicht gerade gerne gesehen. Also bleiben wir lieber unter uns, bis die Zeiten wieder etwas normaler sind. Vorerst. Hier in der Gegend kennt fast jeder jeden. Und wir können darauf verzichten, in den Safe Zones möglicherweise auf gewisse Herren zu treffen, mit denen wir in der Vergangenheit einige unliebsame Zusammenstöße hatten. Da würden uns einige wahrscheinlich liebend gerne einen Kopfschuss verpassen wollen, dabei genüsslich lächeln und konstatieren: Waren halt Zombies, nicht wahr. Mussten wir halt tun ...
„Idioten sterben niemals aus“, erwiderte Charlotte leise, die dabei an Sam gedacht hatte. Sie schüttelte den Kopf.
„Was ist mit Sam?“, wandte sich Roland an Charlotte. „Er ist doch auf Whitehawk Air Force Base stationiert. Kann er dort vielleicht etwas für uns tun?“
Charlotte legte den Kopf schief und schenkte Roland und Peter einen langen, sehr nachdenklichen Blick. Ausgerechnet Sam, ihr verfluchter Noch-Ehemann. „Oh“, meinte sie schließlich mit einem süffisanten Lächeln auf den Lippen, „Sam, der wird mich zuerst erschlagen, dann nochmals vergewaltigen, dann vierteilen und sich danach einen Whisky Sour genehmigen, um das Ereignis freudig zu begießen. Vergesst es!“
Roland winkte unwirsch ab. Charlottes Proletentour ging im langsam auf die Nerven.
„Nein!“, entfuhr es Charlotte. Roland kapiert es einfach nicht. Wie auch ... „Also nochmals im Schnelldurchlauf: Ich bin fertig mit Sam und dem ganzen Rest hier. Sam ist gefährlich, ein Psychopath, der alles und jeden kontrollieren muss. Er akzeptiert kein nein. Und abgesehen davon - Sam ist ein Loser, der mehrfach degradiert wurde. Da ist nichts von wegen großer Karriere beim Militär. Er kann uns nicht helfen - und er würde es sowieso nicht tun. Sam hilft sich selbst, bestenfalls noch seinen Saufkumpels. Das war es dann aber auch schon ...!“
„Und was machen wir dann?“, fragte Peter. „Okay, vergessen wir Sam, aber Whitehawk Air Force Base scheint mir in unserer Situation doch das Naheliegendste zu sein. Ich für meinen Teil will zurück. Du doch auch ...“ Er sah Roland von der Seite her an.
„Kein Thema“, sagte Charlotte. „Ich will auch zurück, da könnt ihr sicher sein. Mich hält hier nichts mehr. Aber ich will Sam nicht noch einmal über den Weg laufen. Herrgott, ich habe keine Lust euch den ganzen Mist bis ins kleinste Detail zu schildern. Das war keine Ehe, das war die Hölle. Ich habe Angst vor ihm. Mehr Angst, als mir diese ganze verschiss ... blöde Situation macht. Glaubt ihr, es macht Spaß, mit mehreren Rippenbrüchen in die Notaufnahme zu gehen und den ganzen idiotischen Sozialfuzzies irgendeine dämliche Geschichte erzählen zu müssen, nur damit das Monster von Ehemann kein Disziplinarverfahren an den Hals bekommt oder gar in den Knast geht? Sam kennt keine Grenzen. Wenn es nicht in seinem Sinne läuft, schlägt er zu. Und er kann verdammt hart zuschlagen!“
„Okay.“ Roland winkte ab. Dass die Ehe von Charlotte ein derartiges Chaos war, hatte er für übertrieben gehalten. Charlotte hatte eine Vorliebe für deftige Ausdrücke, aber er hatte vieles davon für überspitzten Sarkasmus gehalten, mehr nicht.
„Also werdet