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Weltenwanderer-Chroniken I. Heike Möller
Читать онлайн.Название Weltenwanderer-Chroniken I
Год выпуска 0
isbn 9783847646945
Автор произведения Heike Möller
Жанр Языкознание
Издательство Bookwire
Paul Baier, Giselas ältester Sohn, hatte sich in einer Bank eine Führungsposition erarbeitet. Er war ein gradliniger, strebsamer Mann ohne eigene Familie, da `Mutti´ die passende Frau für ihn noch nicht gefunden hatte. Ein ewiger Ja-Sager ohne eigene Meinung. Gregor Baier, der jüngste Sohn von Gisela, war da ganz anders. Er sah gut aus und wusste das, aber innerlich war er leer und kalt.
„Aber Sondra, was hast du nur? Wir wollen doch nur Trost spenden.“ Gisela drückte sich sogar eine Träne heraus.
„Gisela, ich möchte bitte einfach nur allein sein. Wir sehen uns ja morgen. Du und die anderen werden bei Kolbrink gegen 10 Uhr aufschlagen, nicht wahr?“
„Aber du brauchst doch jetzt deine Familie um dich herum“, sagte Paul.
Sondra sah ihn verwirrt an. Er redete selten unaufgefordert. Aber das was er sagte, war garantiert einstudiert.
„Paul, mach dich nicht lächerlich.“ Sondra hatte genug. Alles Aufgestaute der letzten Zeit wollte raus. „Glaubst du ehrlich, dass ich jetzt, nach dem Tod meines Vaters noch irgendetwas mit euch zu tun haben will? Eure geheuchelte Trauer und Anteilnahme könnt ihr wieder mitnehmen. Verlasst bitte mein Grundstück.“
„Dein Grundstück? Das Testament wird morgen verlesen. Dann werden wir ja sehen, wem das alles gehört. Und das ganze Geld.“
Gisela Baier verwandelte sich in Bruchteilen von Sekunden in eine keifende, spuckende Furie. Die blauroten Äderchen pulsierten unter den Schichten von Make-up.
„Ich werde nicht mit dir oder deinen Söhnen diskutieren. Das wird morgen der Anwalt und Notar erledigen. Ich wünsche euch eine gute Heimfahrt.“
Sondra wollte die Haustür schließen, aber Gregor stellte seinen Fuß dazwischen. Sein sonst so hübsches Gesicht war eine wutverzerrte Maske.
„Du kannst uns nicht einfach so abwimmeln. Du bist genauso verrückt wie dein Vater. Du gehörst auch in die Klapse.“
„Und du in den Knast! Oder wie wird Fahrerflucht unter Alkoholeinfluss bestraft?“
Gregor Baier wurde leichenblass. Er keuchte. „Woher weißt du das?“
Sondra lächelte kalt. „Wenn ich dir das sage, habe ich doch nichts mehr gegen dich in der Hand! Lass mich in Ruhe und ich lasse dich in Ruhe! Und jetzt nimm deinen Fuß aus der Tür, bevor ich ihn zertrümmere.“
Fünf Minuten später hatte Sondra es sich wieder auf ihrer Couch gemütlich gemacht und einen Schluck von ihrem Wein getrunken, als es wieder an der Haustür klingelte.
„Das darf doch nicht wahr sein!“ Sondra war jetzt wirklich sauer und brüllte diesen Satz hinaus. Wütend ging sie zur Haustür und riss sie auf.
„Sagt mal, habt ihr das immer noch nicht begriffen, ihr sollt verschw…!“
Sie unterbrach sich selbst, denn vor ihr stand kein Verwandter, sondern ein ihr völlig fremder Mann. Sondra war selten sprachlos oder verlegen, aber dieser Typ verwirrte sie.
Mitte bis Ende zwanzig, etwa 1,85 groß und schlank. Kurzes hellblondes Haar und dunkelbraune Augen. Jeans, Pullover, hellbraune Lederjacke und weiße Sportschuhe. Sondra hatte es sich zur Angewohnheit gemacht, die Menschen, mit denen sie es zu tun hatte in Bruchteilen von Sekunden zu visualisieren.
Er grinste leicht. „Ich bin keiner Ihrer gierigen Verwandten, Frau Wieland.“
„Das sehe ich jetzt auch.“
Einen Moment sahen sie sich wortlos an.
„Sie sind mir gegenüber im Vorteil“, sagte Sondra trocken.
„Wie bitte?“ fragte der Mann mit leicht verwirrtem Blick.
„Na ja, Sie wissen, wer ich bin. Aber Sie haben sich mir noch nicht vorgestellt.“
„Oh, entschuldigen Sie bitte. Mein Name ist Andreas Laurenz und ich bin Kriminalkommissar bei der Kripo Flensburg.“ Mit diesen Worten zückte der Mann seinen Dienstausweis und reichte ihn Sondra.
Sie sah sich den Ausweis an. „Welcher Bereich bei der Kripo?“ fragte sie.
„Kapitalverbrechen.“
„Beinhaltet das nicht auch Körperverletzung und Mord oder so?“
„Sie sind gut informiert, Frau Wieland.“
„Habe ich irgendjemanden tätlich angegriffen oder warum sind sie hier?“
Inspektor Laurenz kratzte sich am Hals. „Ich bin hier, weil die Autopsie an ihrem Vater einige Ungereimtheiten aufwiesen.“
Sondra zog überrascht die Augenbrauen hoch. „Sie machen mich neugierig. Bitte, kommen Sie doch herein.“
Kommissar Laurenz betrat das Haus, das an ein englisches Cottage erinnerte. Allerdings nur von außen. Innen verströmte es die Gemütlichkeit Norddeutschlands. Warme Holztöne der Dielen und Treppen, geweißte Wände und teilweise altes, antikes Mobiliar.
Sie führte ihn ins Wohnzimmer. „Kann ich Ihnen irgendetwas zu trinken anbieten?“
Das Wohnzimmer war relativ modern eingerichtet, mit Rattanmöbeln und Anrichten im Landhausstil. Eine Vitrine enthielt die Preise, die Thorben Wieland für seine Bücher erhalten hatte, ebenso einige gerahmte Zeitungsartikel.
An den Wänden hingen einige größere gerahmte Zeitungsartikel und Fotos, die Thorben mit seiner Tochter in verschiedenen Altersstufen zeigte. Es gab auch einige Fotos, die Sondra alleine zeigten, zum Beispiel bei der Einschulung.
Sondra musste lächeln, als sie Kommissar Laurenz Begutachtung der Bilder bemerkte.
„Hätten Sie vielleicht einen Tee für mich? Ich habe die ganze Zeit draußen gestanden und ich bin ein wenig durchgefroren.“
Jetzt war Andreas Laurenz verwirrt. Er hatte gedacht, dass die junge Frau auf Grund seiner Bemerkung sofort Fragen stellen oder hysterisch reagieren würde. Aber sie lächelte ihn nur süffisant an und sagte „Aha!“ Dann drehte sie sich um und ging in die Küche.
Kommissar Laurenz folgte ihr. Sondra startete den Wasserkocher.
„Beutel oder richtiger Tee?“
„Welche Sorten haben Sie denn?“
„Früchte, Kamille, Pfefferminz, Schwarz pur, Earl Gray, Grünen Tee mit und ohne Geschmack und ein paar Designer-Tees.“
„Earl Gray, bitte.“
Sie holte eine größere Kanne aus dem Schrank und das Teesieb. Dann schüttete sie nach Augenmaß die gewünschte Teesorte in das Sieb und goss das noch nicht ganz kochende Wasser hinein. Sondra wählte zwei Tassen aus Friesengeschirr aus.
„Milch oder Zitrone?“ fragte sie.
„Nein danke, nur etwas Zucker.“ Kommissar Laurenz war völlig fasziniert von der Gelassenheit der Frau, die heute erst ihren Vater beerdigt hatte. Er wurde nicht schlau aus ihr. Andreas sah sich in der Küche um. Die Arbeitsplatte war fast quadratisch in der Mitte angebracht, darunter viele Schränke und Schubladen, die die Accessoires einer gut ausgestatteten Küche enthielten.
Der Backofen war in Brusthöhe, der Herd mit Ceranfeldern und Gasanschluss stand ein wenig in den Raum, so dass die Dunstabzugshaube keine Gefahr für Beulen am Kopf beim Kochen bedeutete. Alles wirkte modern und edel, aber nicht kitschig und überladen.
„Eine stilsichere Einrichtung. War das Ihre Idee oder die Ihres Vaters?“
Sondra sah kurz in das Gesicht des Polizisten. „Wir hatten beide vor, aus diesem Landhaus etwas zu machen. Jeder hat ein paar Ideen eingebracht, wir haben sie besprochen und dem Innenarchitekten vorgeschlagen. Der hatte dann noch ein paar Ideen und voilà´, das kam dabei raus.“
Im Wohnzimmer genoss der junge Kommissar die wärmende Wirkung des Tees.
„Sie haben mich und das Haus also den ganzen