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Mondschattenland. Wolfgang Bendick
Читать онлайн.Название Mondschattenland
Год выпуска 0
isbn 9783742759078
Автор произведения Wolfgang Bendick
Жанр Языкознание
Издательство Bookwire
Auf hoher Klipp
In grünem Laub,
Ein weißer Marmorstein –
Im leisen Wind
Die Schatten wehn
Im ewgen Spiel des Seins
Hier fandst du Ruh
Vom Lebensweg
Der dich führt‘ über’s Meer
Nicht Wasser ist’s
Das dich umgibt
Dich deckt die braune Erd‘
Dein Auge schaut
Nach Morgen hin
Auch wenn der Stoff vergeht
Denn aus dem Staub
Im Zeitenmeer
Der neue Mensch entsteht
Auf hoher Klipp
In grünem Laub
Hoch über’m Ozean
Da schwebt dein Geist
In Allahs Hand
Arslan Fat, Kaptan
*
Am nächsten Tag näherte sich unsere Straße dem Meeresspiegel. Bald säumte herrlicher weißer Sandstrand die Küste, sanfte Dünen hatten sich zwischen Ufer und Straße angehäuft. Gegen Abend konnten wir dem Ruf des Meeres nicht widerstehen. Wir wollten im Meer baden und irgendwo in den Dünen übernachten. Weit weg von jeglicher Ansiedlung. Denn immer, wenn wir wo anhielten, waren wir bald von einer Horde Neugieriger umzingelt. Zuerst die Kinder. Diese waren eigentlich die Harmlosesten. Sie machten ihre Faxen, und wenn es zu viel war, konnte man sie wegscheuchen. Die Jugendlichen gingen einem schon mehr auf die Nerven. Sie drängten sich immer näher, fassten alles an und wollten Tauschgeschäfte machen. Man merkte, sie redeten über uns und machten Witze über uns. Sie zogen sich eigentlich nur zurück, wenn ein Erwachsener auftauchte. Sprach dieser Deutsch, dann ging erst mal ein nicht endendes Palaver los, was meist mit Teetrinken endete, oder besser gesagt, in Teetrinken überging. Und das kann sich in der Türkei endlos hinziehen. Ein Bach unterquerte die Straße und floss in Richtung Meer, daneben eine Fahrspur. Wir bogen ab und folgten ihr. Zuerst durch die Dünen, oberhalb der steilen Böschung des Baches.
Wir hatten die Dünen hinter uns, der Weg verlief sich im Sand. Wir fuhren auf dem feinen, weißen Sand weiter. Er trug gut. Hier würde uns niemand finden, zu weit weg von einer Siedlung und durch die Dünen gut abgeschirmt! Zumindest würden wir erst mal die Zeit haben, in Ruhe zu baden. Irgendwann würde dann wohl jemand kommen. Denn in der Türkei ist immer jemand irgendwo. Plötzlich bemerkte ich, dass der Motor zu schaffen hatte. Der Sand trug das Fahrzeug nicht mehr gut, es sank leicht ein. Nur nicht anhalten, dachte ich mir, und fing an, eine weite Kurve zu beschreiben, um wieder auf festeren Grund zu kommen. Die Drehzahl sank ab, ich musste runterschalten. Dabei verlor die Kiste ihren Schwung und blieb stehen. Als ich wieder anfahren wollte, fingen die Hinterräder an, sich einzugraben. Kein Problem, es war an alles gedacht! Wir gruben mit dem Spaten etwas Sand weg und legten die Lehnen der Bänke und deren Deckel hinter die Hinterräder. Ebenfalls legten wir unsere Iso-Matten hinter die Vorderräder. Wir wollten versuchen rückwärts aus dem Schlamassel raus zu kommen. Als es fast geschafft war, würgte der Motor ab. Das ist normalerweise auch kein Problem. Ein Drehen am Zündschlüssel, und er geht wieder! Aber leider nicht in diesem Moment.
Wir hatten schon eine Weile gemerkt, dass es manchmal nach heißer Isolierung gerochen hatte. Doch das konnte auch die Kupplung sein, oder die Bremsbeläge. Oder irgendein Feuer draußen, wo Leute Unrat verbrannten. Aber dass es der Laderegler war, der schmorte, darauf war ich zu spät gekommen, eben jetzt, hier am Strand, wo ich merkte, die Batterie war leer. Besser gesagt, die Batterien! Denn natürlich hatten wir eine Ersatzbatterie, aber die war mit der anderen parallel angeschlossen, damit wir mehr Anlasserstrom hatten, und damit sie immer aufgeladen war. Großer Fehler! Das, was wir hatten vermeiden wollen, und weswegen wir so weit auf den Strand gefahren waren, wäre jetzt angebracht gewesen: Menschenmenge! Doch wo herholen, hier draußen am Strand, hinter den Dünen versteckt? Und Türken sind nicht so wasserversessen wie wir Deutsche! Also gingen wir in unseren Spuren zurück und trafen bald auf die ersten Neugierigen, die diese schon ausfindig gemacht hatten. Doch mit bloßer Muskelkraft war hier nicht viel zu machen, weil ich ja den Motor nicht anbekam. Da hatte einer der Männer eine Idee und alle schienen Feuer und Flamme zu sein. Ein paar Kinder wurden losgeschickt. Wir waren gespannt. Und bald sahen wir, was die Idee gewesen war: Ein riesiger hellblauer Ford-Traktor bahnte sich den Weg durch den weißen Sand zu uns hin, umtanzt von einer Schar johlender Kinder. Der Fahrer sprach sogar drei Brocken Deutsch. Er drehte sein Monster um und ich hängte unseren Bully mit der hinteren Stoßstange am Haken des Traktors an. Vorne wäre besser gewesen, aber wir standen halt so und es war einfacher. Jeder setzte sich an sein Lenkrad, und er zog langsam an. Unserem Bus blieb nichts anderes übrig, als mit langsam drehenden Rädern zu folgen. Dann gelangten wir vom Strand auf den dem Bach folgenden Weg. Spätestens hier hätten wir den Bus in Fahrtrichtung umdrehen müssen, und vorwärts weiterschleppen. Die inzwischen angewachsene Menge der Schaulustigen umringte den Traktor, der mit seinem Gedröhne alles übertönte. Ich wollte hupen. Doch ohne Batterie? Ich bremste. Doch der Traktor merkte das nicht einmal. Keiner dachte mehr an mich, noch an das Auto. Alles bewunderte die Kraft des Traktors. Dadurch, dass die Abschleppöse an der rechten Seite der Stoßstange befestigt war, wurde auf dem schmalen Weg das Hinterteil des Autos zur Böschung gedrückt. Soviel ich auch vorne dagegen lenkte, ich bewirkte nur das Gegenteil: der Bus bewegte sich immer mehr der sandigen Kuppe zu, die äußeren Räder waren schon im Leeren, jetzt schleifte der Boden schon auf dem Sand. Das Fahrzeug neigte sich immer mehr dem unten fließenden Bach zu, gleich würde es umfallen! Da bemerkte der Traktorfahrer, dass etwas nicht stimmte, oder hatte sich nur mal so umgedreht? Er hielt an. Ich kletterte über den Beifahrersitz nach oben hinaus. Die Karre stand auf der Kippe. Zufällig stand gegenüber dem Bus das einzige Bäumchen weit und breit. Ich kramte mit zitternden Händen ein Seil aus dem Bus, bevor er ganz umfiele, schlang es um den Holm der Türöffnung und band es am Bäumchen fest. Jetzt war endlich das Fahrzeug gesichert!
Wir hatten die meiste Ausrüstung in einem Schrank auf der Fahrerseite untergebracht. Wir legten einen Poncho vor das Auto und räumten alles aus, um das Fahrzeug leichter zu machen und um zu retten, was zu retten war, denn wer wusste, ob das Seil oder der Baum halten würde. So reichte ich aus dem schief hängenden Auto all unsere Ausrüstung zu Doris hinaus, von den Reserverädern über die Benzinkanister bis zu unseren Papieren. All das stapelten wir vor den neugierigen Augen des halben Dorfes. Doris blieb zwar zur Bewachung dabei, doch wundere ich mich noch heute, dass nichts davon verschwand. Nun befestigte ich das Abschleppseil an der Stoßstangen-Befestigung auf der rechten Seite, wir ließen das andere Seil am Baum befestigt, um so das Fahrzeug wieder waagerecht zu bekommen und zurück auf den Weg. Ich kletterte hinters Lenkrad und der Traktor zog erneut an. Ganz langsam diesmal. Und es klappte! Das Seil spannte sich zum Zerreißen, der Bus kam hoch, das Seil dehnte sich und ächzte, doch das Fahrzeug kam langsam zurück auf dem Weg! Schnell warfen wir mit Hilfe der Umstehenden alle Ausrüstung wieder in den Wagen, schnitten das Seil ab, die Knoten waren schier verschmolzen und nicht mehr lösbar. Dann schleppte uns der Bauer zurück zur Straße. Ich legte den Rückwärtsgang ein, ließ die Kupplung leicht rutschen, ein Ruck, und der Motor lief. Wir bedankten uns beim Schlepperfahrer und den anderen und wollten ihnen etwas für die Hilfe geben. Doch er lachte nur, winkte ab und sagte: „Alman Türk Arkadech“. Röhrend entfernten sich der Traktor