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Der Geranienmörder. Miriam Gier
Читать онлайн.Название Der Geranienmörder
Год выпуска 0
isbn 9783738084184
Автор произведения Miriam Gier
Жанр Языкознание
Издательство Bookwire
Je länger Ella nach oben schaute, desto mehr Sterne entdeckte sie.
Nicht nur eine Sternschnuppe fegte an diesem Abend über ihre Köpfe hinweg. Ella zählte alleine schon fünf.
Der Bach donnerte regelrecht zu dieser späten Stunde am Haus vorbei und ein lautes Zirpen aus den umliegenden Wiesen war die Musik, die Ella und Tom an diesem Abend begleitete, bevor sie schließlich müde ins Bett fielen. Zum Pfarrfest hatten sie es nicht mehr geschafft, worum Ella auch nicht traurig war. Sie hatte nicht das Bedürfnis, dem Pfarrer oder dem Moosbacher-Alois beim Zitherspielen zuzuhören.
Währenddessen…
Es war jedoch ein voller Erfolg gewesen. Ein Stück hatten sie gemeinsam gespielt, der Moosbacher-Alois und er.
Alle waren sie aus ihren Löchern gekrochen, die Jungen und die Alten, die Guten und die Bösen.
Niemand vermochte, in ihre Köpfe zu schauen, geschweige denn, in ihre Seelen.
Lediglich die Beichte, die er einigen von ihnen abgenommen hatte, bot ihm einen kleinen Vorsprung, mehr über sie zu erfahren.
Da waren die Kinder, die die Beichte ablegen mussten, bevor sie das erste Mal die heilige Kommunion empfangen durften. Sie suchten nach Vergehen, die sie in ihrem jungen Alter begangen hatten, die keine Vergehen waren. Dann gab es da die jungen Wilden, die sicher schon einiges zu beichten hatten, es aber nicht taten und dann waren da noch die Alten, die allein schon durch ihr Alter bedingt, nicht nur Gutes in ihrem Leben getan hatten.
Während Pfarrer Meisner im Anschluss an seine musikalische Darbietung sein drittes Bier am Bierwagen hinter der Kirche trank, beobachtete er die vorbeigehenden Besucher des Pfarrfestes. Einige Gesichter kannte er aus den Nachbardörfern, wenige Fremde, die er noch nie gesehen hatten, mischten sich unters Volk.
Aus der Ferne sah er die Meinl-Brüder am Bierwagen, der am Ortsausgang aufgestellt war. Sie standen in einem Pulk von anderen Jugendlichen breitbeinig und lachend zusammen. An ihren Gesten und ihren Gesichtern erahnte er ihre Gespräche. Ihre Angebereien und Aufschneidereien, die sicher nicht ungewöhnlich waren in ihrem Alter. Geschichten, die sie erzählten und mit ihnen prahlten, die Pfarrer Meisner jedoch zutiefst anwiderten.
Mit mancher Geschmacklosigkeit und Taktlosigkeit hatten sie in der Vergangenheit schon von sich Reden gemacht, so dass der ein oder andere Bewohner von St. Jakob gern die Richtung oder Straßenseite wechselte, wenn es sich rechtzeitig einrichten ließ.
Die Stubers hatte er noch nicht gesehen auf dem Pfarrfest. Vermutlich war Maria nicht in der Lage, die Menschenansammlung zu verkraften. Manchmal war sie ganz klar und dann wieder wie eine Fremde. Diese Frau, die er als junges wunderschönes Mädchen kennengelernt hatte. Diese junge hübsche Frau, die alle wollten, deren Herz manchmal so hart erschien, hatte in seinem Beichtstuhl gesessen wie eine verhärmte, schwache Frau. Manchmal hasste er sie jetzt für diese Kälte.
Eine seltsame Krankheit war das, die sie sich erinnern ließ an vergangene Zeiten, oftmals im Detail und mit einem Schlag war alles wieder weg, genauso wie die Gegenwart.
Es war gut für sie, dass dann wieder Nacht wurde in ihrem Kopf, denn die wenigen klaren Momente schienen sie genug zu quälen.
Manches Mal fragte er sich, ob die klaren Momente Marias Strafe waren, weil sie dann litt oder ob Gottes Strafe war, dass sie dann bemerkte, dass sie nicht mehr klar war im Kopf.
Es war unergründlich und ob diese Strafe ausreichte, da war er sich nicht sicher. Auch, ob es richtig war zu schweigen, stellte er in Frage.
Er bestellte sich noch ein Bier und schaute zu seinen geliebten Bergen hinauf.
Gott vermag all diese Dinge zu verstehen. Ein Gott, den auch er manchmal nicht verstand, was ihn aber auch nicht weiter verwunderte. Würde er alles verstehen, wäre er mehr als ein herkömmlicher Mensch.
Ein herkömmlicher Mensch, der das Bedürfnis hatte, selbst zu versuchen, für Gerechtigkeit zu sorgen. Er verließ sich lieber auf das ihm gegebene Gottvertrauen.
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