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Demokratie macht Spaß!. Winfried Brinkmeier
Читать онлайн.Название Demokratie macht Spaß!
Год выпуска 0
isbn 9783847692829
Автор произведения Winfried Brinkmeier
Жанр Социология
Издательство Bookwire
Peer Steinbrück überzeugte mit seiner Argumentation. Insgesamt hatte man den Eindruck, dass Sarrazin die europäische Welt aus der einseitigen Sicht eines Buchhalters betrachtet. Steinbrück dagegen bettete die Europrobleme in eine gesamteuropäische Sichtweise ein, die überzeugend war.
Es spielt noch ein anderer wichtiger Punkt eine Rolle, der auch mit der Geschichte zu tun hat. Deutschland hat sich für die Wiedervereinigung zur Einführung des Euro verpflichtet. Der damalige französische Präsident Mitterand hatte darauf bestanden, um Deutschland in das europäische Haus einzuzementieren. Das wiedervereinigte Deutschland war aufgrund ihrer geschichtlichen Erfahrungen für die anderen europäischen Staaten bedrohlich; dieser Bedrohung sollte dadurch entgegen getreten werden, dass Deutschland in Europa eingebunden wurde. Dies war richtig und klug gedacht. „Pacta sund servanda! – Verträge sind zu halten!“. Diese Forderung stellen wir gerne an die Griechen. Sie gilt aber auch für uns. Das heißt, wir haben keine Wahl, den Euro wieder abzuschaffen. Und es wäre auch nicht ratsam. Deutschland muss in die europäische Gesamtpolitik eingebunden werden, damit es keine Sonderwege mehr gehen kann. Es ist deswegen erforderlich, dass die Deutschen eine europäische Politik vertreten und sich mit ihren europäischen Nachbarstaaten abstimmen. Die Einführung des Euro und die Rettungsmaßnahmen für den Euro waren alle gesamteuropäisch miteinander abgestimmt. Dies ist wichtig und sollte so bleiben.
Es ist auch noch darauf hinzuweisen, dass früher in Europa politische und wirtschaftliche Konflikte durch Kriege ausgetragen wurden. Man denke nur einmal an die deutsch-französischen Kriege. Es ist ein Segen, dass diese Kriege aufgrund der gesamteuropäischen Verflechtungen ausgerottet scheinen. Das kann auch etwas kosten. Man denke an die vielen Milliarden, die Kriege und ihre Zerstörungen gekostet haben. Der finanzielle Schaden solcher Kriege war weitaus höher als alle bisherigen Rettungsschirme. Seien wir froh darüber, dass keine Kriege mehr geführt werden in Europa. Ich empfinde es als die größte Gnade meines Lebens, dass ich in keinen Krieg ziehen musste. Es ist besser, wir zahlen ein paar Milliarden für die Rettung des Euro und haben Frieden.
Es tut natürlich weh, zu sehen und von Boulevardmedien populistisch serviert zu bekommen, dass andere Staaten sich in der Vergangenheit noch weniger um eine solide Haushaltspolitik bemüht haben als wir und dass wir mit unserem Geld dafür haften sollen. Es gibt keinen anderen Weg derzeit. Natürlich muss auf die Einhaltung der Vorgaben für die Griechen bestanden werden, um weiterzuhelfen, aber es muss geholfen werden. Dies ist besser als wenn alles den Bach runter ginge, das gemeinsame Haus Europa zerfiele und wir vor einem Scherbenhaufen stünden. Damit wenden wir Schaden von uns und unseren europäischen Nachbarn.
lm Vorfeld dieser Diskussion hatten die Sonntagszeitungen darüber schon vorher heftig diskutiert. Manche haben gefordert, diese Diskussion nicht durchzuführen. Vor dem Diskussionsgebäude waren Demonstranten, die Plakate mit einem durch- gestrichenen Sarrazin-Kopf hochhielten, auf denen stand: „Halt’s Maul.“ Dies ist inakzeptabel. Natürlich hat Sarrazin ein Näschen für umstrittene Themen, die die Bevölkerung gerade berühren. Er macht sie öffentlich. Es ist falsch, ihn deswegen auszugrenzen, sondern es muss darüber diskutiert werden. Seine Thesen müssen kritisch betrachtet und zurückgewiesen werden, wo dies erforderlich ist. Gerade das hat Peer Steinbrück hervorragend und in der ihm eigenen humorvollen Art und Weise gemacht. Tabuisierungen sind falsch. Bezeichnend ist auch die Reaktion des CDU-Bundesfinanzministers Schäuble, der zu der Diskussion vorher gesagt hatte, Steinbrück wolle sich nur als Kanzlerkandidat der SPD darstellen. Steinbrück hat dies in der Sendung scharf zurückgewiesen. Schäuble’s Bemerkung zeigt ein falsches Grundverständnis. Es wird nur gehandelt. Dies reicht nicht aus. Das Handeln muss auch erklärt werden. Die Menschen werden ansonsten zurück gelassen. Das geht nicht. Diese Diskussion war insgesamt hervorragend, notwendig und dem wichtigen Thema angemessen. Denn immer noch 50% der Bevölkerung sind der Auffassung, es ginge ohne Euro. Der Prozentsatz ist zu hoch!
Die Wiedereinführung der DM zur Lösung der finanziellen Probleme in Deutschland und Europa ist ein Trugbild, dessen Realisierung in der jetzigen Situation gar nicht möglich wäre.
Der Regensburger Bischof Müller und die Drei von der rk Tankstelle (22. Mai 2012)
Das Westfalen-Blatt und auch der Bonner General-Anzeiger zitieren den neuesten Rundumschlag des erzreaktionären rk Bischofs von Regensburg, Gerhard Ludwig Müller. Vorab muss man wissen, dass dieser Bischof Müller ein erzreaktionärer Vertreter des Deutschen Episkopates ist. Zusammen mit dem inzwischen wegen seiner Lügen entfernten ehemaligen Bischof von Augsburg, Mixa, und dem greisen Erzbischof im Kölner Dom, Meisner, tut er sich immer wieder mit ultrakonservativen Sprüchen hervor. Die Drei von der erzreaktionären rk Tankstelle schrecken vor keinem Spruch zurück. Mixa ist gottlob in den Ruhestand getreten (worden), der Greis im Kölner Dom steht kurz vor dem Abgang. Da bleibt dann noch Bischof Müller. Der versucht in seinem Erzbistum seit Jahren, die Mitarbeit der Laien einzuschränken, wo er nur kann. Er fällt auch immer wieder auf durch seine seltsamen Äußerungen, die von Menschenverachtung geprägt sind. Über die engagierte katholische Laienbewegung „Wir sind Kirche“, die auf dem 2012 durchgeführten Katholikentag aufgetreten war, hat er jetzt gesagt: „Es kann nicht sein, dass Leute, die nichts zustande bringen, sich an große Veranstaltungen dranhängen und eine parasitäre Existenzform bringen“. Hier spricht die Sprache für sich selbst. Kleriker wie Bischof Müller denunzieren Mitmenschen, die die Kirche kritisch sehen. Er will die Kirche in die Zeiten vor dem 2. Vatikanischen Konzil zurückdrängen.
Zu dem Thema Reformunwilligkeit der rk Kirche ist schon viel gesagt worden. Es sei nur darauf hingewiesen, dass es dabei um eine Kirche mit normalen Menschen geht und nicht um die Kirche einiger älterer Herren im Wolkenkuckucksheim. Dafür engagiert sich die Volksbewegung „Kirche von unten“. Die dort mitarbeitenden Christinnen und Christen versuchen, ein Christentum in der heutigen Welt zu leben, statt ihr Heil in der Vergangenheit zu suchen.
Papst Benedikt XVI. hat diesen Herrn Müller inzwischen zum Leiter der Glaubenskongregation bestellt und damit zum obersten Glaubenshüter der rk Kirche ernannt. Diese Ernennung ist ein klares und deutliches Zeichen, was der Papst von Reformen in der rk Kirche hält: Nichts. Das war zwar schon vorher bekannt. Aber diese Personalentscheidung ist an Dreistigkeit nur schwer zu überbieten.
Abschließend sei hier der hoch geschätzte Schriftsteller und Nobelpreisträger Heinrich Böll zitiert, ein Mann, der vom Kopf bis in die linke kleine Fußzehe rk war. Der sagte über diese Kleriker: “Sie verteidigen mit rattenhafter Wut die Reste ihrer verfaulenden Macht“.
Der normale Alterungsprozess bei rk Klerikern muss nicht notwendigerweise zu einem Zwangsaufenthalt im Wolkenkuckucksheim führen. Dies wird an einem kleinen Artikel im General-Anzeiger (GA) vom 4. September 2012 deutlich. Der hat den Titel „Kritik an Kirche – Interview mit Kardinal posthum veröffentlicht“. Darin schreibt der GA über die Begräbnisfeierlichkeiten für den verstorbenen Mailänder Kardinal Carlo Maria Martini. Der war 85-jährig verstorben. Rund 150.000 Menschen gaben dem beliebten Kardinal im Mailänder Dom die letzte Ehre. Der frühere Erzbischof von Mailand hatte zu Lebzeiten ungewöhnlich liberale Positionen hinsichtlich Zölibat, Homosexualität und Empfängnisverhütung vertreten. Posthum wurde ein Interview mit ihm veröffentlicht. Darin forderte Martini radikale Änderungen in der römisch-katholischen Kirche. Die ist seiner Ansicht nach „200 Jahre hinter der Zeit“. Dem ist nichts hinzuzufügen.
Die alt-katholische Kirche (22. Mai 2012 - Quellen 5)
Der Vollständigkeit halber sei hier nun auch die alt-katholische Kirche erwähnt. Die rk Kirche ist mitnichten die einzig katholische Kirche. Die alt-katholische Kirche wurde 1870 gegründet. Sie entstand als Antwort auf wesentliche Irrlehren des 1. Vatikanischen Konzils. In Rom wurden damals zwei Punkte neu beschlossen:
Der Papst kann allein und in allen Fragen des Glaubens und der Moral unfehlbare Aussagen machen und der Papst hat die oberste Gewalt in der Kirche. Dies bedeutet praktisch, dass er z. B. nach seinem eigenen Gutdünken Bischöfe oder Lehrer