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Teil der Mehrheitskultur sichtbar werden ließ. Der Teil der Schwulen, der sich als provozierende Minderheit empfand, der sich als die Anderen darstellte und inszenierte, geriet immer mehr in die Bedeutungslosigkeit. Gleichzeitig verblassten die Geschlechtsunterschiede in Beziehungen, die Möglichkeit, Nachkommen zu haben, wurde für Mann-Frau Verbindungen immer zweitrangiger. Der Aspekt, die Liebe zu einander zu verwirklichen und zum Ausdruck zu bringen, wurde zum zentralen Moment von Beziehungen. Das wird für das weitere bedeuten, dass dem, was Liebe ist und bedeutet, intensiver nachgegangen werden muss. Dennoch soll zunächst einmal geklärt werden, ob schwule Beziehungen überhaupt gesondert betrachtet werden sollten.

      … und doch anders?

      Weil Unterschiede zwischen gegengeschlechtlichen und gleichgeschlechtlichen Paaren vor allen Dingen als Hinweis auf eine Unterlegenheit letzterer gedeutet wurden, ist es sehr unpopulär geworden, solche Unterschiede überhaupt sehen zu wollen. Seit einigen Jahrzehnten ist es zum zentralen Inhalt der Politik schwuler Aktivisten geworden, die rechtliche Gleichstellung schwuler Beziehungen mit der Ehe zu fordern. Damit ist eine bis dahin kaum erhobene Forderung in den Mittelpunkt gerückt. In Deutschland gab es bis zum Jahr 1990 den §175 des StGB. Dieser Paragraf war seit seiner Entschärfung 1969 nahezu bedeutungslos geworden. Sexuelle Handlungen zwischen Männern waren nicht mehr grundsätzlich verboten, sondern nur noch zwischen Erwachsenen und Minderjährigen untersagt. So wurde er vor allem zu einem Symbol. Er war eine nur auf Schwule bezogene Rechtsverordnung und wurde deshalb mit Recht bekämpft. Von Helmut Schmidt ist überliefert, dass er als Bundeskanzler gesagt haben soll, er wolle nicht der Kanzler der Schwulen werden, als er vor die massive Forderung aus seiner Partei gestellt wurde, den §175 abzuschaffen. Da diese Verordnung aber in der DDR schon einige Jahre zuvor gestrichen worden war, wurde er in der Bundesrepublik 1990 auch abgeschafft, weil man nach der Vereinigung von DDR und BRD seine Wiedereinführung in den neuen Bundesländern schlichtweg nicht rechtfertigen konnte.

      Damit fiel aber auch ein griffiges und jedermann nachvollziehbares Angriffsziel schwuler Politik sang und klanglos weg. An seine Stelle wurde der Kampf darum gestellt, den rechtlichen Rahmen, der für heterosexuelle Beziehungen entwickelt wurde, auch für schwule Beziehungen zu öffnen. Eine Voraussetzung dafür ist es, dass es letztlich keine, oder jedenfalls keine bedeutenden Unterschiede zwischen diesen beiden Beziehungen gibt.

      Wer dennoch solche Unterschiede sieht, erscheint fast zwangsläufig als ein Gegner schwuler Gleichberechtigung. Verschärfend kommt hinzu, dass vor allem die Kräfte, denen eine schwule Emanzipation seit langem ein Dorn im Auge ist – etwa die katholische Amtskirche, konservative Kreise oder evangelikale Gruppen -, diejenigen sind, die besonderen Wert auf die Feststellung von solchen Unterschieden legen. Deshalb wird jeder Schritt, der eine rechtliche Angleichung von homosexuellen Beziehungen mit der Ehe bedeutet, als ein Schlag gegen diese Gruppierungen verstanden. So wird es von ihnen auch empfunden, so dass fast automatisch Protest von dieser Seite erhoben wird, wenn irgendwo etwas zur Etablierung einer Homo-Ehe geschieht. Seit es in Deutschland die eingetragene Partnerschaft für gleichgeschlechtliche Paare gibt, kommt es immer wieder vor, dass schwule und lesbische Paare es auch als einen politischen Akt verstehen, wenn sie gemeinsam aufs Standesamt gehen. Wie bei der Coming-out Bewegung soll die Umwelt mit der eigenen Existenz konfrontiert werden und es soll gezeigt werden, dass das eigene Leben zu einem selbstverständlichen Teil der Gesellschaft geworden ist. Mit einer gewissen Genugtuung wird demonstriert, dass man nicht mehr der auszugrenzende Andere ist.

      Der Preis, der dafür gezahlt wird, ist es, die Aspekte der Gleichartigkeit besonders betonen zu müssen. Gleichzeitig werden Unterschiede herunter gespielt oder ganz aus der Wahrnehmung verbannt. Das birgt dann aber die Gefahr, dass aus dem hochkomplexen Gebiet der menschlichen Liebesbeziehungen ein Einheitsbrei gemacht wird. Dort, wo es ein Bestreben in Richtung Einheitlichkeit gibt, muss das, was nicht passt, ausgegrenzt werden.

      Auf der Ebene der zwei Menschen, die eine Beziehung zueinander in Liebe gestalten wollen, kann es dazu kommen, dass sie sich genötigt sehen, möglichst dem gerade wirksamen Konzept von Ehe nahezu kommen. Dabei laufen sie Gefahr, ihre eigenen Möglichkeiten, Hoffnungen und Ziele aus dem Blick verlieren. Wenn man sich auf die Suche nach möglichen Unterschieden macht, ist es, wie schon festgestellt, nicht originell darauf hinzuweisen, dass die Verbindung zweier Männer im Gegensatz zur Verbindung von Mann und Frau aus sich keine Kinder hervorbringen kann. Ähnlich überflüssig wäre es, den an dieser Stelle geradezu reflexhaft vorgebrachten Verweis auf die Vielzahl kinderloser Paare von Mann und Frau zu wiederholen. Dass sich hier weder für den moralischen noch für den juristischen Diskurs etwas Fruchtbares gewinnen lässt, dürfte klar geworden sein. Dennoch kann nicht übersehen werden, dass die Frage, ob Kinder zu einer Lebensgemeinschaft hinzutreten oder nicht, eine Bedeutung für diese Beziehung hat.

      Bei aller heute üblich gewordenen Konzentration auf die Gefühle zweier Menschen zueinander gilt doch, dass da, wo diese Menschen zu Eltern werden, die reine Zweisamkeit aufgesprengt wird. Sobald Kinder mit ins Spiel kommen, taucht ein neues Element in der Beziehung auf, das fortan nicht mehr weg zu denken ist. Das gilt auch für Kinder, die noch nicht geboren sind und nur als Gewünschte schon die reine Zweisamkeit öffnen. Und selbst wenn die Kinder eines Tages aus dem Haus gehen, so ist doch die Identität der Eltern als Eltern nicht vorbei. Ihre Ehe bleibt eine Verbindung, zu der auch die Kinder unauslöschlich mit dazu gehören.

      Die Frage, welche Auswirkungen dies für den Zusammenhalt der Eltern, ob es positive oder negative Effekte für deren Beziehung hat, kann und muss an dieser Stelle offen bleiben. Die Probleme, die sich unter den gegenwärtigen Bedingungen durch das Zusammenleben mit Kindern ergeben, auch die Bedeutung, die es hat, dass die emotionale Verbundenheit eines Paares immer mehr zum zentralen Moment einer Beziehung geworden ist, bedürften einer genaueren Betrachtung, die zu weit vom Thema dieser Überlegungen wegführen würde. Es kann ohnehin nicht darum gehen, zu entscheiden, ob eine Art, eine Beziehung zu gestalten, besser sei als eine andere. Es spielen viel zu viele individuelle Faktoren eine Rolle, als dass man meinen könnte, Kinder oder Kinderlosigkeit würden für alle Menschen unter allen Umständen dasselbe bedeuten. Allerdings wird man festhalten können, dass es für eine Beziehung einen fundamentalen Unterschied bedeutet, ob sie durch Nachwuchs aufgeweitet wird, oder nicht. Die reine Zweisamkeit verliert durch das hinzutreten von Kindern zwar nicht ihre Bedeutung, wird aber aus dem Zentrum gedrängt.

      So betrachtet könnte man schwule und kinderlose heterosexuelle Beziehungen als gleichgeartet ansehen. Dies wäre aber etwas voreilig, bedeutet doch Kinderlosigkeit für beide Paare etwas anderes. Bei schwulen Paaren ist die Kinderlosigkeit die Folge einer schlichten biologischen Gegebenheit. Bei heterosexuellen Paaren ist sie hingegen meistens die Folge einer Entscheidung. Man hat deshalb keine Nachkommen, weil man aus den unterschiedlichsten Gründen keine Nachkommen haben will. Auch bei Paaren, die deshalb keine Kinder haben, weil einer der beiden oder gar beide unfruchtbar sind, wird dies von der Umwelt und von den Beteiligten selbst als die Folge eines ganz individuellen gesundheitlichen Problems angesehen und nicht als etwas, das selbstverständlich zu der äußeren Struktur der Beziehung dazugehört. Ob man daraus schon einen grundsätzlichen Unterschied zwischen der Beziehung zweier Männer zueinander und der Beziehung eines Mannes zu einer Frau, in der beide nicht zu Eltern werden, ableiten kann, hängt wahrscheinlich mit zu vielen persönlichen Erlebnissen und Wertungen zusammen, als dass man dies abschließend feststellen könnte.

      Die gegenwärtige Entwicklung, die sich durch das Stichwort Patchwork-Familie kennzeichnen lässt, produziert ohnehin so viele und bunte Bilder von Elternschaft und Kinderlosigkeit, dass es früher oder später völlig widersinnig erscheinen wird, auf diesem Gebiet von Gleichheit oder Unterschiedlichkeit schwuler und heterosexueller Beziehungen sprechen zu wollen. Diese zwei Kategorien werden auf die Dauer nicht ausreichen und wahrscheinlich eher bedeutungslos werden.

      Ein definitiver Unterschied zwischen einer Paarbeziehung von zwei Männern und einer solchen von Mann und Frau findet sich beim Thema Eifersucht. Wie schon gesehen ist es konstitutiv für Paarbeziehungen, dass es etwas gibt, das sie von jeder anderen Beziehung abhebt. Wo diese Exklusivität bedroht oder infrage gestellt wird, ist Eifersucht das entsprechende Gefühl. Selbst da, wo es überhaupt nicht zu Ereignissen kommt, die außerhalb der Paarbeziehung ausgeschlossen werden, schwebt Eifersucht als eine Möglichkeit immer

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