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weißt, wie ungern ich die Journalistin raushängen lassen möchte. Ich finde es peinlich, auf diese Privilegien zu pochen. Übrigens das gilt auch für Häppchen auf Pressekonferenzen. Ich vermeide diese Art von Verpflegung. Ich komme mir dabei etwas gekauft vor.“

      Britta hat Recht, denkt Lars, er wird sich beim Catering zurückhalten.

      „Was hältst du davon, wenn wir hinterher zu unserem Eppendorfer Italiener gehen und uns noch was Gutes antun?“ Britta hat schon die Lösung für die Nahrungsaufnahme gefunden.

      „Gute Idee, aber nicht so richtig doll viel essen, den Hauptgang möchte ich lieber bei uns zu uns nehmen.“

      Die ‚Trattoria Campo da Franco’ liegt nicht weit von Brittas und Lars’ Wohnung, die sich in der Geschwister-Scholl-Straße befindet, entfernt. Das Restaurant ist in dem Haus, wo einst der Komponist Johannes Brahms wohnte, und glänzt mit apulischer Gastlichkeit. Es ist gemütlich eingerichtet und das Essen schmeckt vorzüglich. Es ist das Stammlokal des Chauffeurs und der Journalistin.

      „Ich fand die Reden steif. Außerdem hatte ich das Gefühl, dass es beim Wettkampf – wer zeigt die größte Betroffenheitsmiene – keine Verlierer gab. Und dass der Bundespräsident nur einen Gruß verlesen ließ, ist enttäuschend. Dann hätte er seine Anwesenheit gar nicht erst ankündigen sollen.“

      Lars füllt in beide Gläser den Rest des offenen Rotweins und schaut Britta tief und intensiv in die Augen. Britta erwidert den Blick.

      „Ich empfinde es auch so. Man sollte mal, wenn der Wirbel vorbei ist, sich die Zeit nehmen und die Ausstellung in aller Ruhe ansehen. Ich habe leider nicht viel von den Exponaten mitbekommen. Aber jetzt würde mich der Hauptgang interessieren. Du hattest ihn großspurig angepriesen.“

      „Dann sollten wir bezahlen und die Lokalität wechseln, hoppla mein Handy vibriert.“

      Lars schaut auf das Display.

      „Das ist ‚Very first class Limo’ aus Berlin, um diese Uhrzeit. Die wissen doch, dass ich nicht mehr in der Hauptstadt arbeite. Vielleicht haben sie einen Job für mich hier in Hamburg.“

      „Geh doch ran, dann weißt du es“, fordert Britta.

      „Lars Maibach.“

      „Wunderlich vom Limoservice, für die späte Störung entschuldige ich mich, es ist aber schön, dass ich sie noch erreiche.“

      „Was kann ich für sie tun, Frau Wunderlich?“

      „Ich weiß, sie arbeiten jetzt vornehmlich in Hamburg, aber wir haben da ein kleines Problem.“

      „Wenn ich helfen kann, wäre es mir eine große Freude.“ Lars zuckt mit den Schultern, um Britta zu signalisieren, dass er immer noch nicht weiß, um was es geht.

      „Sie haben vor Jahren eine Dame aus den USA für ein paar Tage in Berlin betreut, Frau Professor Doktor Mitteldorff. Sie ist eine Deutsche. Können sie sich erinnern?“

      Lars versucht sich zu erinnern.

      „Nicht wirklich, ich habe mit sehr vielen Menschen in den letzten Jahren zu tun gehabt …“

      „Es ist eine ältere Dame gewesen, sie ist wegen einer Beerdigung nach Berlin gekommen und …“

      Jetzt fällt bei Lars der Groschen.

      „Ja, ich erinnere mich, ein freundliches Wesen, richtig, wir hatten trotz des traurigen Umstandes viel Spaß gehabt.“

      „Genau jene Dame kommt wieder nach Berlin und möchte wieder sie als Chauffeur buchen, natürlich nur, wenn sie Zeit haben und den Job auch annehmen würden. Und sie möchte darauf hinweisen, dass sie in den letzten Jahren nicht beweglicher geworden ist. Ich denke, sie bräuchte ein wenig Hilfe bei einigen Dingen“, analysiert Frau Wunderlich.

      „Um was für einen Zeitraum handelt es sich“, möchte Lars wissen.

      „Ein, maximal zwei Wochen hat sie angegeben. Wir würden gerne ihnen, Herr Maibach, den Auftrag geben. Zu ihrer Bezahlung würden wir einen erhöhten Spesensatz ansetzen und die Fahrt nach Berlin in der zweiten Klasse übernehmen. Würden sie zusagen, vermitteln wir ein kurzes Vorgespräch mit Professorin Mitteldorff, sie hat darauf bestanden, auch wenn es in unserem Geschäft sehr ungewöhnlich ist. Haben sie die Eckpunkte mitbekommen?“

      „Ja, soweit ist alles klar, ich muss aber erst hier in Hamburg meine Terminplanung prüfen und absprechen.“ Lars ist sich noch unsicher.

      „Geben sie mir morgen im Laufe des Tages Bescheid, das reicht uns völlig.“

      Singapur

      Der Briefkasten vor der Tür, was wäre das für ein Luxus. Liegt er aber knappe 9.000 Kilometer entfernt, dann muss sich der Weg schon lohnen. Pierce steckt die Reise nach Singapur in den Knochen. Der Inlandsflug nach Johannesburg ist ein Klacks gegen den Stunden zehrenden Trip über den Indischen Ozean. Glücklicherweise erwischte er noch einen Platz bei Singapur Airlines in der Business-Klasse. Hier ließ man ihn in Ruhe schlafen, was bei den bequemen Sitzen leicht möglich ist.

      Er buchte sich für sich eine Nacht ein Zimmer im Scarlet Hotel in der Erskine Road. Sehr zentral, zum Flughafen sind es 16 Kilometer, ein wichtiger Punkt, der immer wieder während der Planungsphase beachtet werden muss. Lange wird er nicht in Singapur bleiben, der Job wird ihn sicherlich an irgendeinen anderen Punkt der Welt bringen. Gut so, dieses feucht-tropische Klima ist nicht meine Welt, denkt er.

      Der Bukit Brown Friedhof hat sich bisher als idealer Briefkasten erwiesen. 1973 fand die letzte Nutzung statt, jetzt hat der direkt daneben liegende Friedhof diese Aufgabe übernommen. Seit dem letzten Begräbnis wird der chinesische Friedhof als Park und Denkmal genutzt. Ab und zu verlaufen sich Touristen dorthin und ein paar Angehörige der Verstorbenen besuchen die Gräber ihrer Verwandten. Die Lage, südlich der Lornie Road, mit direktem Anschluss an das Autobahnnetz gab schließlich für Pierce den Ausschlag, diesen Briefkasten in Singapur zu eröffnen. Aber es müsste bald wieder ein Wechsel stattfinden. Zu viele Auftraggeber waren schon dort gewesen. Pierce wird das Projekt in nächster Zukunft angehen.

      Durch den zähen Verkehr in der City schiebt sich das Taxi in nördliche Richtung. Pierce weiß, dass die Fahrt, wenn es gut geht, trotz der nur fünf Kilometer eine halbe Stunde dauern kann. Zum Glück hat er ein klimatisiertes Fahrzeug ergattern können. Der Fahrer versucht touristische Programme zu verkaufen, Pierce deutet freundlich an, dass er über seine Agentur in besten Händen ist. Kurze Hose und ein buntes Hemd, Pierce hat diese Kleidung bewusst gewählt, damit gar kein geschäftlicher Hintergrund seiner Reise sichtbar werden könnte. Man ist hier sehr neugierig und der chinesische Einfluss ist nicht zu unterschätzen.

      Pierce lässt sich am ‚Singapore Island Country Club’ absetzen, das ist unauffällig und so mancher Feriengast ist hier auch schon gesehen worden. Von dort läuft Pierce einen guten Kilometer bei schweißtreibenden Temperaturen. Eine Vorsichtsmaßnahme und eine letzte Kontrollmöglichkeit, Verfolger zu entdecken. Langsam, aber zielsicher, bewegt er sich zu dem altbekannten Grab hin. Bei jedem Besuch ist er immer wieder überrascht, keine Kreuze auf den Gräbern zu finden. Ein paar Rucksacktouristen schleppen sich in den Schatten am Rande. Pierce behält sie im Auge, zwei Minuten später schickt sie ihr Navigationssystem weiter und hinaus aus dem Friedhof.

      Pierce gräbt mit einem Minispaten in die Tiefe und legt ein eingeschweißtes Papierröllchen frei, das sofort in seiner Umhängetasche verschwindet. Das Sicherheitsritual beim Abmarsch ist ähnlich. Fußweg und Taxi, dann Einstieg in die Metro und Fahrt zum Hotel.

      Als Erstes mixt sich Pierce einen Gin Tonic aus der Minibar (Hendrick’s Gin) und zieht sich mit samt Getränk in das Bad zurück. Mal sehen, wen Caiden aus der Welt geschafft haben möchte. Jedes Mal kribbelt es ihm, er weiß, dass er irgendeinen Menschen ins Jenseits befördern wird. Die Zielperson ist quasi schon tot, bevor er sie kennt. Spannend bleibt die Frage nach dem Ort und der Art und Weise.

      Manche Kunden, es sind die meisten, wünschen sich einen Unfalltod. Aber es gibt auch sehr extravagante Vorstellungen. Hinrichtungen,

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