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SERUM. Jeannette Kneis
Читать онлайн.Название SERUM
Год выпуска 0
isbn 9783742711687
Автор произведения Jeannette Kneis
Жанр Языкознание
Издательство Bookwire
Jeannette Kneis
SERUM
Dieses ebook wurde erstellt bei
Inhaltsverzeichnis
Eine Nacht im Leben eines Abgeordneten
Die Qualen eines zweiten Todes
Die Frau
Ihre eiskalten Finger umklammerten steif die lederne Businessaktentasche. Sie fühlte sich mehr denn je unter Beobachtung. Die Furcht, dass die Männer jenseits der Überwachungskameras wussten, was sie verbarg und um jeden Preis an die Öffentlichkeit bringen wollte, versetzte ihre Sinne in den allerhöchsten Alarmzustand. Jede Faser ihres Körpers brannte vor Anspannung. Unter ihrer braunen Lockenmähne prickelte beängstigend die Kopfhaut. Dazu kam der gefährlich klingende Widerhall ihrer Stiefelabsätze, die ihr erbarmungslos kühle Schauer über den Rücken jagte. Dagegen half auch ihr knielanger Wintermantel nicht. Trotz ihrer zügigen Gangart schien der kahle Korridor mit den kalt flutenden Neonröhren kein Ende nehmen zu wollen. Der psychische Druck in ihr wuchs unaufhörlich. Jeden Tag in den letzten Jahren erinnerte sie sich daran, wie traumatisiert sie von der Erkenntnis gewesen war, als sie herausfand, in welche Richtung ihre Forschungen tatsächlich gingen. Und es war nicht einmal besorgniserregend, an was sie mit dem international zusammengestellten Team arbeitete, sondern welche teuflischen Grausamkeiten im Hintergrund mit ihrer Arbeit einher gingen. Nicht zuletzt wurde ihr unmissverständlich gedroht, sie als Wissende eines geheimen, illegalen Forschungslaboratoriums, das wertvolle Lebenslicht zu löschen, falls sie es wagte sich an die Öffentlichkeit zu wenden. Die darauffolgenden Monate arbeitete die Wissenschaftlerin wie in Trance. Ihr Geist und ihr Körper waren wie erstarrt. Die Abläufe während der Arbeit roboterhaft. Nach mehr als einem Jahr revoltierte endlich ihr Geist und die junge Frau, die hinterhältig in ein Experiment hineingezogen worden war, kam zu sich. Sie beschloss, dass es nicht so weitergehen konnte. Sie fasste in ihrem Kopf einen detaillierten Plan für eine umfassende Datensammlung der abscheulichen und gesetzeswidrigen Handlungen, die sie mit äußerster Vorsicht zusammentragen wollte, die Namen der Hintermänner, sowie den Kopf der Institution. Niemanden sonst weihte sie ein. Zu riskant. Außerdem plante sie minutiös ihre Flucht.
Und heute Nacht war es endlich soweit.
Verdammt! Entspann dich endlich, Madeleine! Selbst im Zwiegespräch mit sich selbst klang ihre innere Stimme, die ihr eigentlich den richtigen Weg weisen sollte, hysterisch. Du darfst jetzt keinen Verdacht erregen! ermahnte sie sich. Sie werden es sofort bemerken, melden und dich kontrollieren, noch bevor du das Gebäude verlassen kannst. Dann wäre alles aus! Das darfst du auf gar keinen Fall zulassen! Es steht zu viel auf dem Spiel! Das weißt du genau. Lass es nicht zu! Lass- es- nicht- zu!
Die Angst wurde nicht weniger und sie fürchtete mit jedem Schritt ihrem eigenen Tod näherzukommen. Es sei denn, ihr explosionsartiger Pulsschlag riss ihre Blutgefäße und Eingeweide zuvor in Fetzen.
Die Flucht raubte ihr die Kraft.
Äußerlich zeigte sie sich ruhig und gefasst, eine lange einstudierte Maske doch wer ihr in die Augen sah, bemerkte unwillkürlich das unbeherrscht panische Flackern, gepaart mit dem abgrundtiefen Schrecken vor den vor Mord nicht zurückschreckenden Hintergangenen darin.
Er würde sich an ihr rächen. Schnell und schmerzlos oder lieber langsam und qualvoll?
Der Tod geht um, dreh dich nicht um ... .
Sie betete und hoffte inbrünstig, dass sie es ohne Probleme schaffte den Komplex zu verlassen. Lebend! Lebend inklusive der höchst brisanten Informationen! Die Öffentlichkeit musste erfahren, in welcher Gefahr sie schwebte. Es konnte jeden treffen. Ohne Vorwarnung. Ohne Zwischenfälle erreichte sie den spiegelfreien Aufzug, trat durch die aus Sicherheitsgründen stets offen stehenden Fahrstuhltüren ein, drehte sich um und ...
… sah den leeren Korridor mit der codierten Stahltür und den Überwachungskameras ruhig und verlassen daliegen. Alles ruhig! Friedhofsstille. Nichts Verräterisches? Sie hielt für einen Moment den Atem an und lauschte. Nein. Nichts. Ein Glück! Ein kühler Lufthauch huschte in allerletzter Sekunde in den Lift, als sich die Aufzugstüren schlossen, und ließ die Frau frösteln. Ein Gefühl, als stände direkt jemand neben oder hinter ihr. Ein unbekannter, kalter und doch intimer Odem, der sie bewachte, beobachtete und sich ihrer geheimsten Gedanken annahm, um sie in einem unvorbereiteten Augenblick mühelos zu entlarven. Die Frau schüttelte sich kurz und drückte leicht zitternd die Taste für die Tiefgarage. Sie war erleichtert, dass die Türen sich schlossen und zugleich fühlte sie sich wie in einem Gefängnis. Mit kaum wahrnehmbaren Bewegungen fuhr der Fahrstuhl an.