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2014". Wikiversity Journal of Medicine. DOI:10.15347/wjm/2014.010. ISSN 20018762; bearbeitet von Dr. med. André Lauber]

      Zwei Arterien versorgen das Herz mit Blut: die A. coronaria dextra (rechte Koronararterie) und die A. coronaria sinistra (linke Koronararterie). Das Wort «Coronaria» kommt von Corona, was Kranz oder Krone bedeutet. Der Name beschreibt den Verlauf der beiden Arterien auf der Grenze zwischen Vorhof und Kammer.

      Von der A. coronaria sinistra zweigt eine Arterie, der Ramus interventricularis anterior (RIVA), in Richtung Herzspitze ab (Ramus = Ast, interventricularis = zwischen den Kammern). Die A. coronaria sinistra läuft danach als Ramus circumflexus (circumflexus = umbiegen) auf die Rückseite des Herzes.

      Die A. coronaria dextra mündet auf der Herzrückseite in den Ramus interventricularis posterior. Beide Koronararterien entspringen der Aorta knapp oberhalb der Aortenklappe. Die linke Koronararterie versorgt die linke Herzhälfte, die rechte Koronararterie die rechte Herzhälfte (Abb. 5).

      Koronararterien sind Endarterien, das heisst, sie enden «blind» im Gewebe. Sie besitzen keine Anastomosen (Querverbindungen). Wenn eine Koronararterie verstopft, leidet das Myokard unter Sauerstoffmangel. Als Folge entsteht eine Angina pectoris oder ein Herzinfarkt. (Siehe Kapitel «Koronare Herzkrankheiten – Folge der Atherosklerose»)

      Abb. 5 arterielle Versorgung des Herzes (Ansicht von ventral) [Patrick J. Lynch; bearbeitet von Dr. med. André Lauber]

      Das Myokard des linken Ventrikels wird ausschliesslich in der Erschlaffungsphase (Diastole) des Herzes mit Blut versorgt. Das bedeutet, je höher der Puls, desto kürzer die Diastole und desto dürftiger die Versorgung mit arteriellem Blut!

      Der grösste Teil des venösen Blutes fliesst im Sinus coronarius (Sinus = Krümmung) direkt in den rechten Vorhof. Drei Venen speisen den Sinus coronarius (Abb. 6):

      1. V. cardiaca magna (magna = gross)

      2. V. cardiaca media (media = mittel)

      3. V. cardiaca parva (parva = klein)

      Abb. 6 venöser Abfluss des Herzes (Ansicht von dorsal) [OpenStax College; bearbeitet von Dr. med. André Lauber]

      Das Herz ist ein Muskel, der lebenslang ohne Pause arbeitet. Bei einem durchschnittlichen Puls von 70 Schlägen pro Minute kontrahiert sich die Herzmuskulatur etwa drei Milliarden Mal im Leben.

      Das Herz funktioniert dank eines integrierten Reizleitungssystems autonom (selbstständig). Zusätzlich wird das Herz von aussen beeinflusst: Das autonome Nervensystem (Sympathikus und Parasympathikus) sowie Hormone wie das Adrenalin passen Puls und Schlagkraft des Herzes dem aktuellen Bedarf des Körpers an.

      Das Reizleitungssystem besteht aus speziellen Muskelzellen, die in einer eigenen Frequenz ein Signal an die Myokardzellen senden. Das Reizleitungssystem entsteht um die vierte Schwangerschaftswoche aus Muskelzellen, die spontan mit rhythmischen Kontraktionen beginnen.

      Der «Chef» des Reizleitungssystems ist der Sinusknoten. Man nennt ihn auch den ersten Herzschrittmacher. Der Sinusknoten (Grösse etwa 3 x 10 mm) sitzt in der Wand des rechten Atriums (Abb. 7). Er generiert Signale (= Aktionspotenziale) mit einer Frequenz von 60 bis 80 pro Minute, was dem Ruhepuls eines Menschen entspricht.

      Das Aktionspotenzial verbreitet sich vom Sinusknoten über die Vorhofmuskulatur und wird vom zweiten Herzschrittmacher, dem AV-Knoten (Atrio-Ventrikularknoten) übernommen. Er liegt leicht nach rechts verschoben zwischen den Vorhöfen und den Kammern in der Nähe der Klappenebene. Der AV-Knoten gibt seinerseits Signale ab – allerdings in einer niedrigeren Frequenz als der Sinusknoten. Die Signalfrequenz des AV-Knotens beträgt 40 bis 50 pro Minute. Er übernimmt die Funktion des Sinusknotens, wenn der ausfällt. Da die Klappenebene als bindegewebiger Isolator wirkt, kommt kein Signal am AV-Knoten vorbei. Der AV-Knoten leitet das Aktionspotenzial des Sinusknotens mit einer Verzögerung von etwa 100 ms (Millisekunden) zu den Ventrikeln.

      Der Weg vom AV-Knoten in die Herzkammern führt über das His-Bündel. Es bringt das Signal durch die Klappenebene direkt in das Septum interventriculare. Das His-Bündel zweigt in die beiden Kammerschenkel (Tawara-Schenkel) ab, die in Richtung Herzspitze ziehen. His-Bündel und Kammerschenkel besitzen ebenfalls einen eigenen Rhythmus: Er liegt bei einer Frequenz zwischen 30 und 40 pro Minute. Man nennt diese Frequenz den Kammerrhythmus (dritter Herzschrittmacher).

      Von den Kammerschenkeln aus verbreiten sich die Aktionspotenziale über die Purkinje-Fasern in der Muskulatur der linken und rechten Kammer. Die Zeit, die ein Aktionspotenzial vom Sinusknoten bis zur letzten Kammermuskelzelle braucht, beträgt etwa 200 ms.

      MEMO Reihenfolge der Reizleitung (Abb. 7) 1. Der Sinusknoten im rechten Atrium erzeugt Aktionspotenziale 2. Der AV-Knoten zwischen Atrium und Ventrikel «fängt» die Aktionspotenziale ein 3. Das His-Bündel im Septum interventriculare schleust die Aktionspotenziale vom Atrium in die Ventrikel 4. Die Kammerschenkel bringen die Aktionspotenziale zur Herzspitze 5. Die Purkinje-Fasern verteilen die Aktionspotenziale in der Ventrikelmuskulatur

      Abb. 7 Die Reizleitung in der Übersicht [Roland Sommer]

      Exkurs Wilhelm His jun. (1863–1934) Die medizinische Fachsprache ist durchsetzt von Eigennamen wie His-Bündel oder Purkinje-Fasern. Anatomische Strukturen und Krankheiten werden oft nach ihren Entdeckern benannt (früher mehr als heute). Die Geschichten hinter den Namen sind äusserst spannend und unterhaltsam. Zum Beispiel beschrieb Wilhelm His jun. (Abb. 8) im Jahr 1893 als erster «…ein Muskelbündel, welches Vorhof- und Kammerscheidewand untereinander verbindet, und welches bisher der Beobachtung dadurch sich entzogen hat, dass es, bei geringem Umfang, nur dann in ganzer Ausdehnung sichtbar wird, wenn die Scheidewände genau der Länge nach getroffen sind.» Es dauerte noch Jahre, bis Wilhelm His jun. zur Erkenntnis gelangte, dass besagtes Muskelbündel etwas mit dem Herzrhythmus zu tun hat. Die tatsächliche Funktion des His-Bündels wurde erst später durch die Arbeiten des Japaners Sunao Tawara und des Tschechen Jan Evangelista Purkinje bestätigt. (Quelle: Mudry, A. Wilhelm His junior (1863–1934) et le faisceau atrioventriculaire. medicalforum.ch.)

      Abb. 8 Wilhelm His jun. [Nicola Perscheid]

      Die Zeit eines Aktionspotenzials zwischen Depolarisation und Repolarisation dauert in der Herzmuskulatur länger als zum Beispiel in der Skelettmuskulatur – das liegt an der Refraktärzeit (refraktär = unempfindlich) (Abb. 9). Nachdem das Membranpotenzial einer Herzmuskelzelle auf etwa +30 mV gestiegen ist, währt es um die 250 ms. Danach findet die Muskelzelle zurück in das Ruhepotenzial (ca. -85 mV). Während der 250 ms (entspricht der Refraktärzeit) lässt sich die Herzmuskelzelle nicht zu einer erneuten Kontraktion motivieren. Die Refraktärzeit garantiert, dass die Herzmuskulatur nicht in eine Dauerkontraktion (Tetanie) gerät.

      (Mehr zum Thema «Aktionspotenzial» Siehe APP Band 1)

      Abb. 9

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