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      Helmut Lauschke

      Der Weg nach Afrika

      Jahre der Entscheidung

      Dieses ebook wurde erstellt bei

       Verlagslogo

      Inhaltsverzeichnis

       Titel

       Im Lauf der Jahre

       Ein Major als Superintendent

       Der Fallensteller in einer Zeit der höchsten Bedrängnis

       Härteste Donnerschläge mit wild gleissenden Blitzen

       Kristofina, das Mädchen, das vom Blitz getroffen wurde

       Das abgemagerte Mädchen mit den elf Steinen im Magen

       Die weisse Apartheid mit dem Verrat an der ärztlichen Ethik

       Was Zeiten brachten

       Das Dach des Wasserturms wurde zur MG-Doppelstellung ausgebaut

       Vom Sinn der Lernens

       Wie sich die Welt auf den Alltag einstellt

       Besuch des Brigadegenerals in der Morgenbesprechung

       Die katholische Missionsstation in Okatana

       Meditatives Intermezzo gegen Mitternacht

       Die katholische Missionsstation in Oshikuku

       Schwere Haubitzen schossen Salven

       Die Knochenverpflanzung in der Behandlung der Schienbeinosteomyelitis beim Kind

       Afrikanische Merkwürdigkeiten im Beruf des Arztes

       Impressum neobooks

      Im Lauf der Jahre

      Jahre der Entscheidung

      Autobiographie Teil 2

      Denk ich an Afrika und die Welt bei Tage, dann erhebt sich doch die Lebensfrage, wo wir im Ruf der neuen Zeiten sind mit der Kultur und dem verlornen Kind.

      In Afrika sollst du nicht leben, ohne der Armut etwas abzugeben, denn wer als Mensch will immer nehmen, der sollt sich der Armut andrer schämen.

      An der Armut wird sich nichts ändern, solange Altersringe deine Augen rändern, denn das Leben ist für alle begrenzt, Taten sind’s, was dich auf die Waage stellt.

      Die Brücke über den Cuvelai war wieder hergestellt. Alle Brücken wurden von Soldaten bewacht. Die Lage hatte sich weiter zugespitzt. Der Krieg mit dem Ziel der Unabhängigkeit Namibias auf der einen Seite und dem Halten des 'status quo' eines von Südafrika verwalteten und abhängigen Südwest-Afrikas auf der anderen Seite hatte viele Opfer unter der Zivilbevölkerung gefordert, und er fordert täglich mehr. Zum Hospital kamen auch Menschen mit blutunterlaufenen und aufgerissenen Wunden über dem Brustkorb, dem Rücken, an den Armen und Beinen, die ihnen durch Stockhiebe auf den Polizeistationen oder vor ihren Hütten, oder auf freiem Felde bei Verhören von Polizisten oder der Spezialtruppe Koevoet (Brecheisen) zugefügt wurden. Dabei schlugen Schwarze in den Felduniformen der Koevoet auf ihre Brüder und Schwestern ein, wenn der weisse Mannschaftsführer meinte, dass es sich um aktive Swapounterstützer handle, die er der schwarzen Mitverschwörung verdächtigt. In den meisten Fällen traf die brutale Stockbehandlung unschuldige und wehrlose Menschen, da der Verdacht eine unbegründete Vermutung blieb, die sich nicht bestätigte. Die Spirale der Gewalt nahm ohne Rücksicht auf die notleidenden und hilflosen Menschen zu. Sie wurden geschlagen, gefoltert, verschleppt und getötet. Ihre Krale wurden beim geringsten Verdacht der Kollaboration dem Erdboden gleichgemacht. So blieben viele Mütter mit weinenden Kindern und den hilflosen Alten zurück, denen es die Sprache verschlug, wenn sie auf offenem Felde vor dem Nichts standen und es nicht erklären konnten.

      Die Unsicherheit der allgemeinen Lage und die militärische Zuspitzung im Grenzgebiet zu Angola, das vom mehr als zehnjährigen Bürgerkrieg der unterschiedlich verstandenen Unabhängigkeit weitgehend verwüstet war, hatte auch zur Veränderung in der Administration des Hospitals geführt. Dr. Witthuhn war seines Stuhles enthoben. Auf seinem Stuhl sass nun ein strammer, gross gewachsener Mittdreissiger in der Uniform eines Majors, der geschmeidig afrikaans und englisch sprach und seine Sätze in unvergleichbarer Weise wiederholte und mit jeder Wiederholung weiter dehnte, als zöge er den Kaugummi aus dem Munde, den er zwischen den Zähnen hielt, indem er die Haupt- und Tätigkeitsworte mit anderen Eigenschaftsnamen derselben Bedeutungsfamilie anreicherte und streckte. Er schaffte es, minutenlang über ein und dasselbe Ding zu reden, ohne dass man wusste, worüber er redete, weil der Redefaden mit zunehmender Länge immer undeutlicher wurde. Er besass die Kunst viel zu reden, ohne etwas zu sagen. Dazu kam seine Freude, in den beiden Sprachen herumzuspringen, indem er englisch fünfmal wiederholte, was er in afrikaans gesagt, oder zehnmal in afrikaans wiederholte, was er in englisch gesagt hatte. Durch die Anwendung der Sprachleier in zwei Sprachen war seinem Redefluss kein Einhalt zu bieten. Die Teilnehmer der Besprechung schauten auf die Uhr und grübelten über zwei Dinge nach: 1. Was mag der Superintendent gedacht haben; 2. Wann hört der Redeschwall endlich auf. Eine Frage wurde nicht beantwortet, sie wurde solange gekaut, bis von ihr nichts mehr übrigblieb, keiner mehr wusste, was eigentlich gefragt wurde. Der Superintendent, der soviel reden und nichts sagen konnte, führte denselben Doktorgrad wie die ihm unterstellten Ärzte in der Leutnantsuniform. Dieser Titel wurden den Examinanden verliehen, die erfolgreich ihr letztes Staatsexamen abgelegt hatten. Die besondere Anstrengung einer Dissertation wurde ihnen in Südafrika wie im ganzen British Empire erlassen. Sie nannten sich Doktor ohne die akademisch herausragende Qualifikation. Dr. Ferdinand bewohnte mittlerweile ein kleines Einzimmerflat mit Schlafraum, Küche, und Duschraum mit Toilette. Es wurde ihm von einem weissen Beamten der Bantu-Administration zugewiesen und übergeben. Insofern hatte es einen Fortschritt gegeben, Der Schlafraum war doch grösser als das enge, voll gestellte Schlafkabinett in des Freundes Haus.

      Schwer zu ertragen war der palavernde Superintendent. Keiner konnte sich vorstellen, dass er ein Arzt sei, der schon mal einem Patienten gegenübersass. Das erste, was er in seiner Amtszeit tat, er versetzte den Schreibtisch mit Stuhl auf die gegenüberliegende Raumseite, also dort, wo zu Dr. Witthuhns Zeiten die Matronen und die Apothekerin während der Morgenbesprechungen sassen, die schwarze Matrone ihre Grimassen schnitt,

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