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lachte erneut.

      „Ich wusste doch, dass Sie noch etwas wollen, aber einem so gutaussehenden Mallorquiner wie Ihnen schlägt man seine Wünsche auch ohne Restaurantbesuch nicht aus. Außerdem ist es mein Job. Und den mache ich gerne.“

      Lopez hatte sich die Nummer des Fahrradverleihers und des Fahrrads notiert, um an weitere Informationen kommen zu können. Entgegen erster Vermutungen handelte es sich nicht um den größten Verleiher der Insel, sondern um einen kleineren der vielen Anbieter direkt im Zentrum von Palma. Er beschloss dorthin zu laufen, da es in den engen Gassen in diesem Viertel keine Parkplätze gab. Beim Vorbeigehen an den alten Klöstern, Kirchen, Herrenhäusern und Plätzen wurde ihm wieder bewusst, in welcher schönen Stadt er doch wohnte. Geschichte verbunden mit Meer, Genuss und purem Leben. Er betrat den Fahrradverleih, in dem noch circa fünfzig weitere Fahrräder auf ihre Mieter warteten.

      „Buenos días, Kommissar Lopez, ich benötige ein paar Informationen von Ihnen.“

      Er zog sein Handy aus der Tasche und öffnete seine Bildergalerie.

      „Dieses Fahrrad, laut Aufkleber Ihres Ladens mit der Nummer 6611, wurde gestern ohne seinen Fahrer auf einem Feld gefunden. Deshalb benötige ich dringend Informationen über ihn. Name, Adresse, Alter und sonstige Daten, die Sie von ihm haben. Ihr Fahrrad bekommen Sie wieder. Unsere Spurensicherung muss es nur noch untersuchen. Ich hoffe für Sie, dass er per Vorauskasse gezahlt hat.“

      Lopez lachte kurz. Der Mitarbeiter zeigte keinerlei Emotionen und tippte wortlos die Fahrradnummer in sein Notebook ein.

      „Unser Kunde heißt Michael Dreschke, wohnhaft in Freiberg, Sachsen. Geboren 1980. Privatadresse schreibe ich Ihnen auf. Also kein Mallorquiner, sondern ein strohblonder Deutscher.“

      „Ich benötige nicht nur seine Privatadresse in Deutschland, sondern auch seinen Aufenthaltsort auf Mallorca.“

      Murrend suchte der Verleiher erneut in den ihm zur Verfügung stehenden Daten.

      „Er wohnt immer in dem kleinen Hotel namens „Esperanza“ in der Calle de Cervantes. Nicht luxuriös, aber sauber und mitten in der Stadt. Er hat bei mir schon oft Fahrräder aller Art geliehen, am liebsten aber Geländeräder, genannt Crossbikes. Solche, mit denen man so richtig fett über Wiesen und Felder durch die Natur heizen kann. Rücksicht auf die Vegetation wird hier nicht genommen. Hauptsache schnelles und kraftvolles Fahren. Dreschke lieh sich von Zeit zu Zeit aber auch Rennräder aus, um über die Berge zu kommen. Er war ein absoluter Einzelgänger. Er fuhr nie in Gruppen oder zu zweit. Dieses hat er mir sogar einmal selbst gesagt.“

      „Freiberg/Sachsen“. Sofort kam Lopez erneut der letzte Fall gemeinsam mit Kommissar Gerhard Voigt in den Sinn. Irgendwie vermisste er seinen deutschen Kollegen und könnte ihn jetzt zudem gut gebrauchen. Vielleicht hatte er Hinweise zu Dreschke in seinem Informationssystem.

      Lopez bedankte sich und lief zügigen Schrittes zurück zum Präsidium. Im Büro angekommen merkte er, dass er zunächst eine kleine Pause machen musste, um sein hörbar schweres Atmen zu reduzieren. Erst danach griff er zum vergilbten Telefonhörer.

      „Hola Gerhard! Hier ist Rafael aus Palma.“

      „Dorheeme is am scheensten. Für Sie auf Hochdeutsch Rafael, „Zu Hause ist es am schönsten.“ Das dachte ich bis jetzt, aber wenn ich an Mallorca denke, stimmt dieser Spruch nicht mehr so ganz. Was kann ich für Dich tun?“

      „Wir haben einen toten Radfahrer in einem Brunnenschacht gefunden. Er heißt Michael Dreschke, wohnhaft bei Dir im Erzgebirge in Freiberg. Kannst Du spontan irgendetwas über ihn herausfinden?“

      Voigt tippte hörbar auf seiner Tastatur.

      „Ei verbibbsch. Siehe da. Dreschke hat diverse Male strafbare Eingriffe in die Natur vorgenommen, indem er zum Beispiel illegal Fäkalien in einen Bach laufen ließ. Hinzu kam, dass er mit seinem Motocross Rad nie die extra dafür gebauten Anlagen nutzte, sondern aggressiv zerstörend damit im Freiberger Biotopschutzgebiet herumfuhr.“

      „Hervorragend Gerhard. Das reicht schon. Bis demnächst.“

      „Nu, ma guggen.“

      Lopez hielt es nicht länger auf seinem Lederstuhl aus. Er lief diverse Runden durch sein nicht allzu großes Zimmer und blieb abrupt am Fenster stehen. Er hielt den Griff desselben verkrampft in der Hand und schaute auf die belebte Hauptstraße. Sollte es Mord gewesen sein, stellt sich die Frage, ob beide Taten miteinander zusammenhängen könnten. Allerdings konnte er bei diesen Toten selbst mit noch so großer Kreativität keinen Zusammenhang erkennen. Ein Kreuzfahrtkapitän und ein Radfahrer. Zwei Welten trafen aufeinander. Lopez ließ den Griff los, um sich einen Cafe con leche zu holen. Auf dem Gang hörte er in der Ferne seinen bis zum Anschlag eingestellten Klingelton. Fluchend rannte er zurück in sein Büro und nahm schwer atmend den Hörer ab.

      „Wo habe ich Sie denn hergeholt? Die Kriminaltechnische Untersuchung hat ergeben, dass am Ohrring des Mörders von Kapitän Sturm tatsächlich Hautschuppen gefunden wurden. Es liegt uns hierzu leider nur keine Vergleichsprobe vor. Der Verdächtige ist bisher nicht in einer DNA-Kartei gespeichert, woraus man schließen kann, dass er bis zum heutigen Zeitpunkt keine Verbrechen begangen haben dürfte. Auch die Schrittgröße zu den Badeschuhen hilft uns nicht weiter. Leider ist unsere Arbeit im Fall des Mordes an Sturm bisher ergebnislos geblieben. Erfolgsversprechender allerdings sind die Untersuchungen zum Tode des Radfahrers. Neben den dicht bewachsenen Sträuchern lag erbrochenes Essen des Opfers. Er musste dieses kürzlich zu sich genommen haben. Was den Tatort am Brunnen betrifft, so konnten hier keine Haare gefunden werden, da die ruppige Vegetation, die ihn überwuchert, dies nicht zuließ. An einem Strauch allerdings waren Blutspuren, die entweder vom Täter oder vom Opfer selbst stammen mussten. Dieses können wir aber erst herausfinden, nachdem die Pathologie ihre Arbeit getan hat. Beim Herausziehen der Leiche aus dem Brunnen stellten wir fest, dass der rechte Fuß des Opfers fehlte. Er wurde abgehackt. Voraussichtlich mit angezogenem Schuh. Wir konnten trotz intensivster Suche weder den Fuß noch den dazugehörigen Schuh finden. Er hatte, wie viele Radfahrer eine in diesem Fall günstige Pulsuhr am Arm. Diese wurde beim Aufprall beschädigt und ist seit halb elf, also seinem Todeszeitpunkt, stehen geblieben. Wir konnten die aktiven Zeiten des Vortages herausfinden und ich werde sie Ihnen gleich per E-Mail schicken.“

      Lopez bedankte sich und nahm einen erneuten, erfolgreichen Anlauf zum Kaffeeautomaten, um den bevorstehenden langen Abend zu überstehen. Früher als geplant meldete sich Carmen Perez, die Lieblingspathologin von Lopez.

       „Sitzen Sie Rafael? Die Obduktion ergab, dass das Opfer zunächst vergiftet wurde. Sein Mörder musste ihm beim Abendessen eine Überdosis von Cholinesterasehemmern in sein Getränk getan haben. Die Toxikologie hat mir das auch noch einmal bestätigt. Diese Überdosis führte beim Opfer zunächst zu Erbrechen. Das Erbrochene lag, wie mir die Spurensicherung erzählte, auch direkt neben den Sträuchern. Danach muss bei ihm eine zentrale Atemlähmung sowie der Herzstillstand eingesetzt haben. Oft wird diese Todesursache bei Morden angewandt, die wie Selbstmorde aussehen sollen. Aber das ist nicht alles. Die Blutgruppe, die auf den Pflanzen gefunden wurde, ist auch die des Opfers. Der Mörder muss Dreschke nach seinem Tod noch einmal mit seinen Armen von der Mauer heruntergezogen haben. Das erkennt man an den starken Kratzspuren, an den Waden vom Opfer, sowie an den Hautzellen, die vom Brunnenrand entnommen wurden. Danach muss er ihm den rechten Fuß abgehackt sowie den Körper umgedreht haben, um ihn noch einmal mit einer Glasflasche von hinten zu erschlagen. Vielleicht wollte er unter Adrenalin stehend, sicher sein, dass er wirklich tot ist. Danach muss er den schweren Körper wieder zum Brunnen geschliffen und ihn auf der Mauer liegend hinuntergeworfen haben. Wie Sie selbst gesehen haben, hatte das Opfer noch den Sturzhelm an. Die Brüche und Ödeme zeigen die genauen Aufschlagbereiche. Ich hoffe, das reicht Ihnen zunächst. Sie müssen auch nicht mit mir essen gehen.“

      Lopez lachte. „Woher kann der Täter die Cholinesterase-Hemmer bekommen haben?“

      „Diese Medikamente werden unter anderem zur Behandlung von Alzheimer Patienten genommen. Eine Überdosierung hat wie bei sehr vielen pharmazeutischen Produkten eine verheerende Wirkung.“

      Lopez grübelte. Der Täter musste jemanden

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