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ein Bild gefaxt.

      „Wie geht es ihr?“, fragte Phills Schichtkollege Amra.

      Vor ihnen begann der kleine fette Mann, in seinem Golf zu hupen. Hinter dem Golf stauten sich weitere Autos. Es war auch ein Irrglaube, anzunehmen, dass, wenn man in Berlin falsch herum in eine Einbahnstraße fuhr, nur ein einziges Fahrzeug dadurch behindert wurde.

      Phill arbeitete die Leute der beliebigen Reihenfolge nach ab.

      „Sie scheint soweit in Ordnung, schwafelt irgendeinen Mist. Wahrscheinlich nur ein Schlaganfall.“

      „Hey!“, sagte die Frau und beschwerte sich, „das habe ich gehört.“

      „Machen Sie sich keine Sorgen, wir sind bald bei Ihnen.“

      „Freut mich, dass Sie es so eilig haben, dass Sie mich sogar während der Anfahrt zuquatschen. Müssen Sie nicht fahren?“

      „Mein Kollege fährt.“

      „Komm, Phill, ich schnapp mir das Nötigste und renne zu ihr“, schlug Amra vor. „Ihre Wohnung ist am Ende der Straße, ich kann das Haus praktisch sehen.“

      Phill nickte. Sein Kollege sprintete davon.

      Er hatte es nicht weit. Die Frau musste am Anfang der Einbahnstraße leben, die sie zugegebenermaßen inzwischen schneller erreicht hätten, wenn sie um den Block gefahren wären. Phill ärgerte sich. Manchmal war eine Abkürzung eben doch nur die dumme Idee eines Klugscheißers, der glaubte, alles besser zu wissen.

      Alleine im Wagen krabbelte er auf den Fahrersitz. In diesem Moment stieg der kleine fette Mann aus seinem silbernen, verbeulten und verrosteten Golf (aber mit Automatik) und riss sich das Hemd mit einem RATSCH vom Leibe.

      „KOMM DA RAUS AUS DEINER SCHEIßKARRE. ICH REIß DICH IN ZWEI TEILE UND FAHR DEN MISTKARREN SELBER WEG.“

      Phill stieg aus und ging auf den kleinen fetten Mann zu. Der stellte schnell fest, wo das Problem lag, wenn jemand mit einem Meter sechzig Körpergröße jemandem mit 1,88 m versuchte, in die Augen zu blicken. Der Nacken fing fast sofort an zu schmerzen.

      „Tja äh also“, sagte der kleine fette Mann.

      Phill beherrschte sich: „Wenn Sie bitte zurücksetzen würden.“

      Hinter dem Golf setzte ein wildes Gehupe ein. Es war Feierabendverkehr und die Autos stauten sich zu Massen. Er sah Amra an den Autos vorbeirennen und an einer Haustür haltmachen. Der Rettungssanitäter klingelte wie wild überall, schrie Post und wurde prompt eingelassen.

      „Hmmm“, machte Phill.

      „Komm schon, Mann“, sagte der kleine fette Mann. „Die Julia, die bei mir im Auto sitzt, ist echt teuer. Wir wollten zum Chinesen ans Büfett und dann einen Film schauen.“

      „Ist das nicht eine Prostituierte?“, fragte Phill verdutzt.

      Der kleine fette Mann zuckte mit dem Kopf und verfiel in einen schnippischen Ton: „Na Klebeband kann man ja auch vielseitig einsetzen. Und beim McDonalds gibt es auch Salat. Seien Sie doch nicht so eindimensional.“

      Phill warf einen Blick auf die Frau. Ihr Ranzen war beachtlich.

      „Die sieht aber aus, als könnte sie ordentlich was wegfressen“, sagte er leise.

      „Eben“, flüsterte der kleine fette Mann.

      „Schon verstanden. Passen Sie auf. Sie helfen mir mit Ihrem Golf, diesen ekligen kleinen Fiat 500 vom Gehsteig direkt gegen die Hauswand zu schieben. Dann kann ich da parken und der Weg ist frei. Dann können Sie weiter und ich auch. Fall Sie sich aber Sorgen um Ihr Fahrzeug machen, muss ich sagen: Ihr Auto ist weniger wert als Ihre weibliche Begleitung da.“

      Der kleine fette Mann musterte Phill von Kopf bis Fuß. „Ist das Ihre Art? Wildfremde Leute zu beleidigen, welche sich mit ihrer käuflichen Dame einen schönen Abend machen möchten? Nicht mal bitte gesagt haben Sie.“

      „Bitte bitte, mit Zucker obendrauf“, sagte Phil.

      In diesem Moment schlängelte sich ein Motorrad an ihnen vorbei, welches prompt eine Fehlzündung hatte. Der Knall war Mark und Bein erschütternd laut. Die Scheiben des Rettungswagens vibrierten. Die Plastikplane, die dem Golf als Rückfenster diente, flatterte.

      Phill schnappte sich den kleinen fetten Mann und sprang zur Seite: „DECKUNG!“, rief er.

      Und schon liefen in seinem Kopf die Bilder ab. Er war zurück im Irak mit seiner Einheit der Bundeswehr. Damals hatte er sich von seinen Kameraden entfernt, weil er pinkeln wollte. Phill hatte nur kurz an eine Tür geklopft, um die Benutzung der Bedürfnisanstalt zu erfragen. Und wer hatte geöffnet? Ein Terrorist! Er hatte ihn sofort erkannt. Ein Typ mit langem Bart, einer AK47 in der Hand und einem T-Shirt mit dem Symbol des IS.

      Ein Massaker brach los.

      Das Haus war voll gewesen von Terroristen und Phill tötete jeden einzelnen von ihnen. Zwischendurch machte er nur kurz halt, um zu urinieren. Schloss natürlich dabei die Tür ab, damit niemand ihn störte oder etwas wegguckte. Die letzten drei bösen Terroristen musste er mit seinem Messer erledigen, da die wunderbare Waffe, welche ihm zur Verfügung gestellt worden war, keine Kugeln mehr hatte.

      Er selbst sah sich als Held, wie er auf dem Dach stand in Blut und Gedärmen getöteter IS-Terroristen. Clint Eastwood würde einen Film über ihn drehen. Man würde ihm einen Orden verleihen und eine Backware nach ihm benennen.

      Doch die oberste Heeresleitung der Bundeswehr sah das etwas anders. Und wie sich später herausstellte, waren auch nicht alle im Haus Terroristen gewesen, aber egal.

       Er wurde strafversetzt.

      Von der Bundeswehr ins Forstamt von Berlin. Der einzige Wald der Welt, in dem mehr Betrunkene und Junkies unterwegs waren als Hirsche und Wildschweine. Man entriss ihm seinen Revolver und sein Maschinengewehr, zwang ihn, seine Uniform abzugeben, und verfrachtete ihn in ein Jankerl mit Sauer XT. Einem Jagdgewehr. Nur eine blöde Patrone konnte das Ding verschießen, dann musste er an irgendeinem Hebel ziehen.

      An den Dackel hatte er sich bis heute nicht gewöhnt.

      In seiner Freizeit arbeitete er als Rettungssanitäter. Der Grund war tiefgründig: Phill hatte schon immer wissen wollen, wie es sich anfühlte, wenn jemand starb, für dessen Tod man nicht persönlich verantwortlich war.

      „HALLO?“, schrie es aus seiner Hosentasche.

      Der kleine fette Mann krabbelte von ihm herunter, um sich ein frisches Hemd aus seinem Kofferraum zu holen.

      „Werden Sie mir helfen?“, fragte Phill.

      „Jaja, geht schon klar“, sagte der kleine fette Mann.

      Gemeinsam schoben sie den Fiat 500 gegen die Wand und zerquetschten ihn, so gut es ging. Phill parkte ein und die wartende Karawane wütender Berliner (ein wirklich geduldiges Volk) zog Kohl und Bierdosen werfend an dem Rettungswagen vorbei. Der Letzte verewigte sich sogar mit einem Graffiti auf der Seite des Rettungswagens, das lautete: EIN-BAHN-STRA-ßE! Auch Silben trennen konnten sie, die Berliner. Ein Volk so vielschichtig wie ein Marmorkuchen.

      Phill war froh, dass die Sache zumindest einmal unblutig ausgegangen war, und schlenderte Richtung Haus der Patientin.

      Ach und neben der alten Frau lag übrigens auch noch ein Baby im Sterben, das lustigerweise der alten Frau gehörte. Das diente zwar nur dazu, Ihnen vorzugaukeln, es gäbe noch groß was herauszufinden, was ja auch so ist, aber lesen Sie bitte trotzdem noch ein Kapitel, anstatt ins Bett zu gehen oder endlich mit dem Hund rauszugehen, dem das Pippi schon zu den Augen rauskommt. Auch Ihre Kinder und deren Essen kann noch warten (sind doch eh zu dick, oder?). Es ist gerade so schön spannend. Oder etwa nicht? Sollte ich erwähnen, dass der Atem des besagten Babys rasselte wie eine kaputte Heizung? Es möchte eines Tages Tierarzt werden, hatte pfirsichweiche zarte Haut und würde nie und nimmer seine eigene Mutter töten, sobald es alt genug war, um ein Messer zu halten. Oder etwa doch?

      Würde Amra das Baby ohne Phill retten können? Schaffte es Phill mit seiner

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