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Anleitung zu Mord vorgeschlagen wurde. Eine Lesung von Sebastian Fitzek.1

      „Das ist doch total verrückt, oder?“, fragte Horst Seenot.

      „Aber ich kann dir noch was viel Verrückteres zeigen“, sagte Phill. „Warte hier.“

      Phill verließ den Raum. Nebenan zog er sich nackt aus und schlüpfte in einen Slip mit Spitze, Stiefel, eine Jeans und setzte sich einen ausgestopften BH auf. Drüber kamen eine Jeansbluse und auf seine Nase eine Brille mit großen runden Gläsern. Fehlte nur noch die Perücke mit schulterlangen grauen, geriffelten Haaren. Mit einer Winchester dazu trat er ins Wohnzimmer. In voller Travestie.

      „Was um alles in der Welt“, sagte Horst und sprang vom Sofa auf.

      „Ich bin Jamie Lee Curtis aus dem neuen Halloween-Film von 2018.“

      „Und warum?“, fragte Horst entgeistert.

      „Klax und ich wollten ins Kino. Weil ich aber nicht zum dritten Mal Incredibles 2 anschauen wollte, haben wir uns Halloween reingezogen.“

      „Verdammt, Phill, was denkst du dir bei so was? Der Kleine hat nächtelang nicht schlafen können.“

      „Korrekt. Die Michael-Meyers-Puppe mit Maske, die ich in seinen beleuchteten Kleiderschrank gestellt habe, tat ihr Übriges. Bis ich mich verkleidet habe und durch die Tür den bösen Boogeyman erschossen habe.“

      „Irgendwie glaube ich“, sagte Horst und betatschte seinen

      Kropf am Hals, „dass die Liebe zum Kommunismus nicht

      der einzige Grund ist, warum dich meine Schwester verlas-sen hat. Ich muss dir noch was zeigen.“

      „Was für ein eindrucksvoller Tag“, sagte Phill und stützte sich auf die Winchester.

      „Die ist doch nicht geladen?“, fragte Horst.

      „Keine Ahnung, hab ich am Hauptbahnhof bei einem Kerl gekauft, der Waffen aus dem Kofferraum vercheckt hat.“

      „Auf jeden Fall“, sagte Horst und griff in seinen Trenchcoat, „hat man das hier letztens in Mariams Zahnputzbecher im Gefängnis gefunden.“ Er hob die Figur eines Borgs hoch.

      „Verdammte Scheiße“, schrie Phill, ließ die Winchester fallen und ging auf die Figur los. Ein Schuss löste sich und Glas splitterte.

      „Die verdammten Sammelfiguren waren im Borgschiff. Natürlich“, sagte er und drehte die Figur in seiner Hand umher. „Es hat ihr nicht gereicht, meinen geliebten Faxe zu töten.“

      „Klax“, korrigierte ihn Horst mit kalter Stimme, „Faxe ist ein Bier. Dein Sohn heißt Klax.“

      „Hat dieses Scheusal von einem Mensch auch noch die Figuren mitgehen lassen. Damit war das Raumschiff so gut wie nichts mehr wert. Schlappe 200 Euro, aber auch erst, nachdem ich es ‚Mörder Raumschiff‘ genannt habe. Vielleicht kann ich den Deal noch geradebiegen. Wo sind die anderen drei Figuren?“

      „Man hat nur die eine gefunden.“

      „In ihrem Zahnputzbecher?“

      „Richtig.“

      „Dann schaut in ihren Nachttisch und in ihr Klo. Klemmt ihr die Pobacken auseinander und lasst Dr. Bieder seinem Hobby nachgehen. Mir egal, findet die Dinger.“

      „Ich glaube nicht, dass das irgendwen außer dir interessiert“, sagte Horst, „verstehst du denn nicht, was das bedeutet?“, bangte er, gehört zu werden, „Mariam ist tatsächlich der Mörder deines Sohnes. Na ja, oder es war Herbig, den sie wiederum getötet hat. Auf jeden Fall hat sie danach die Leichen verschwinden lassen, in ihrer Gründlichkeit.“

      „Dass sie ihn umgebracht hat oder der andere Kerl, ist doch schon ein alter Hut“, sagte Phill, winkte ab und lud die Winchester durch. Eine Patrone flog ins Zimmer. „So was. Deswegen hat der Kerl also gesagt, die Munition gibt’s pour rien.“

      „Das ist Französisch für umsonst.“

      „Und so was am Berliner Hauptbahnhof.“ Phill kratzte sich mit dem Lauf der Winchester an der Nase. „Horst?“

      „Ja?“

      „Was würdest du mit dem Mörder deines Kindes machen?“

      „Zu Tode foltern“, sagte der wie aus der Winchester geschossen.

      „Nett. Aber ich glaube, ich würde Mariam lieber dazu bringen, mir die anderen Sammelfiguren zu geben und mir zu verraten, wo Brax’ Leiche liegt.“

      Horst kniff die Augen zusammen und senkte den Kopf, genervt seufzend.

      „Ups. Das war schon wieder der falsche Name, oder?“, sagte Phill. „Bitte entschuldige, ich hab das Poster mit seinem Bild heute noch nicht so oft gesehen. Ich wills immer vors Klo hängen oder besser noch hinter die Tür vom Klo, aber du weißt ja, gute Vorsätze sind keine handfesten Taten. Wenn ich die Leiche habe, kann ich mir die Korvette kaufen, und wenn der Sammler, dem ich das Raumschiff vertickt habe, die Figuren noch will, gleich noch das schöne Kriegsschiff volltanken.“

      „Laut dem größtenteils sinnentleerten Geschwafel in der Klinik“, setzte Horst Seenot an.

      „Klinik?“, fragte Phill.

      „Der gegenwärtige Aufenthaltsort der Mörderin deines Sohnes.“

      Phill hob einen Finger. „Potenziellen Mörderin.“

      „Sie soll weiterhin Videos aufnehmen, die noch nicht veröffentlicht worden sind. Mit dem Smartphone, das sie einem Wärter abgenommen hat und unter ihrer linken Brust versteckt.“

      „Bäh“, machte Phill und streckte die Zunge raus, „weniger Details bitte. Wenn du mir jetzt sagst, wo sie das Ladekabel versteckt, schmeiß ich dich raus.“

      „In einem der Videos soll ein Kind in einem Schlafanzug mit Monden darauf im Hintergrund auftauchen. Hat Klax nicht so einen getragen, als er verschwunden ist?“

      „Ah, und du bist hier, um mir das alles zu sagen? Wirkt eher wie ein Vorwand, um mich zu motivieren. Warum greift ihr der Guten nicht unter die linke Titte und schaut euch das Video an?“

      „Mach du doch!“

      „Ich?“

      „Ja du.“

      „Na gut“, sagte Phill in vollem Jamie-Lee-Curtis-Kostüm. „Mal sehen, ob sie mich in die Anstalt lassen, in die Mariam bald verlegt wird.“

      Dr. Volker Bieder

      Dr. Bieder saß am Schreibtisch und überlegte, wo er sich heute Abend volllaufen lassen würde. Als Alkoholiker war man immer am Planen. Und wie beim Einkaufen für ein Festtagsessen fehlte immer das eine oder andere. Er überlegte noch kurz, auf der Heimfahrt beim Feinkostladen zu halten, um eine Flasche Wild Turkey für einen Fear und Lothing in Las-Vegas-Themenabend mitgehen zu lassen. Durch den Diebstahl schmeckte der Schnaps nur noch süßer. Äther hatte er schon zur Genüge in der Anstalt geklaut. Mescalin war auch da und Adrenalin ließ er sich eigens vom Schweinebauer liefern. Er wollte gerade den Rest seines Biers leer trinken (von Wasser hielt er nicht viel, er schwamm gerne darin, es zu trinken wäre ihm im Leben nicht in den Sinn gekommen), als das Telefon läutete.

      „Isch hab“, setzte er an und räusperte sich, „ich habe gesagt heute keine Anrufe mehr.“

      „Aber es ist Ihr Bruder“, sagte die Sekretärin vor seinem Büro. Er hatte sie erst vor Kurzem eingestellt und genoss es, sie Briefe von Hand an einer Schreibmaschine vervielfältigen zu lassen. Auch ihr Outfit hatte er selbst entworfen und vorgeschrieben. Die Vorschrift lautete: Ein Rock, der mindestens bis über die Knie ging, Strumpfhose, biedere

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