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Kind des Lichtes. Kerstin Wandtke
Читать онлайн.Название Kind des Lichtes
Год выпуска 0
isbn 9783742779953
Автор произведения Kerstin Wandtke
Жанр Языкознание
Издательство Bookwire
Neue Freunde
Sie befanden sich wieder auf ihrem Weg der Sonne entgegen und beide spürten die Veränderung ihrer Beziehung zueinander. Alina bemerkte immer öfter, dass er sie heimlich und mit so viel Liebe im Blick betrachtete das sie meinte, bald verrückt werden zu müssen, wenn sie nicht langsam herausfand, was es bedeutete, ihm eine Frau zu sein. Und Raven seinerseits bemerkte, dass sie immer öfter seine Nähe zu suchen schien. Oft saß sie beim gemeinsamen Mahl in seinem Schoß oder sie schlüpfte des Nachts mit unter seine Felle, und jedes Mal, wenn so etwas geschah focht er den alten Kampf mit seinen Lenden aus. Doch er sah sich auch außerstande, ihr mitzuteilen was jedes mal in ihrer Nähe mit ihm geschah. Dabei genoss er doch jeden Augenblick mit ihr, ihre wärme, ihre zärtlichen Berührungen, die Liebe in ihrem Blick. Er ertappte sich öfters dabei, wie er sie verstohlen Beobachtete, ihre Schönheit bewunderte, ihre verspielte Anmut oder ihren zarten, kindlichen Körper betrachtete. Und er bemerkte, dass sie mit jedem vergehenden Tag langsam zur Frau erblühte. Alina spürte seine Gedanken, seine Gefühle, verstand sie dabei aber nicht gänzlich. Doch auch sie bemerkte die Veränderungen an sich und fühlte sich manchmal sehr eigenartig, als würde ihr ganzer Körper fortgerissen um sich dann neu zusammen zu fügen.
Es entstanden Rundungen, wo vorher keine waren und andere Teile von ihr wurden noch schmaler. Oft fühlte sie sich hässlich, doch Ravens Blicke sagten ihr etwas Anderes. Es lag immer soviel Liebe und Zärtlichkeit in ihnen, das Alina sich jedes Mal, wenn er sie so ansah, doch schön fand.
Doch noch etwas geschah dieses Frühjahr. Mutter kam nicht mehr in ihre Träume, sosehr sie auch jedes Mal nach ihr rief, sie blieb allein. So zog der Frühling ins Land, der Schnee schmolz allmählich, und obwohl die Nächte noch kalt waren, herrschte am Tag doch recht milde Luft und beide kamen gut voran. Raven roch jetzt oft den Gestank der Menschenorte und flog jedes Mal, in weiten Bogen um die vermeintliche Gefahr herum, doch, auf ihre fragenden Blicke hin, erzählte er ihr dennoch geduldig von den Menschen. Von deren übelriechenden Ort, von deren Gesetzen, von deren Taten und Untaten gegen die anderen Völker. Er erzählte ihr von den Dingen, die er schon gesehen hatte. Von den Kirchen überall im Land, und wie die Menschen, Schafen gleich, dort hineinströmten, um einem Priester zu zuhören, der ihnen doch nur erzählte, wie schlecht sie doch sein. Nun, lachte Raven einmal erbost, dafür bräuchten diese Behaarten keinen Priester, das könnten die Geflügelten denen ebenso erzählen. Er erzählte ihr von den anderen Völkern, wo und wie diese lebten, warum sie so wichtig für das Gleichgewicht der Welt waren, und warum die Menschen diese so sehr hassten und verfolgten. Alina machte das gehörte sehr traurig, aber sie lernte so auch sehr viel. Raven gab sich alle Mühe die Orte der Menschen zu meiden, um dann aber doch in beider Verderben zu fliegen, denn eines Abends nahm etwas seinen Anfang, das beider Leben total verändern sollte. Sie trafen auf andere Männer seines Volkes.
Es dämmerte bereits, als Raven am Hang eines kleinen, grünen Tales einen fernen Feuerschein sah und kurze Zeit später den vertrauten Geruch verbrennender Kräuter wahrnahm. Er setzte sie in einiger Entfernung ab, sicher ist sicher, und machte sich erst mal allein auf den Weg. Sie fühlte sich sehr einsam hier in der Dunkelheit und war erleichtert, als er wenig später zurückkam, sie aufgeregt hochhob und mit ihr eiligst zum fremden Lager flog.
„Es sind Freunde von mir,“ erklärte er ihr freudig erregt,“ mein Onkel mit seinen Söhnen. Sie kommen aus dem Westen und sind auf dem Heimweg.“ Er berührte nur zart ihr Gesicht als sie ängstlich zu ihm aufschaute, doch er grinste sie nur freudig an, und verstand ihre Sorge nicht.
„Du brauchst dich nicht zu fürchten kleine Fee,“ sagte er gut gelaunt, „sie gehören zu meiner Familie und sind alle sehr erfreut, dass wir zu ihnen stoßen.“ Doch sie hatte Angst, große Angst sogar, und als sie mit Raven das große Lager betrat, blieb ihr, angesichts der vielen Männer, fast die Luft weg. Sie alle waren groß, kräftig gebaut und sehr gutaussehend. Ihre Kleidung bestand, anders als Ravens zweckmäßige, aus feinem, kunstvoll verziertem, hellen Leder. Sie trugen auch viel glänzendes Metall an ihren Körpern und hatten schwere Waffen dabei. Alle trugen, wie Raven, ihr Haar lang und offen über die Schultern fallend, doch die Farben verblüfften sie. Ravens Haar war schwarz, ihres weiß, und beider fiel glatt herunter. Das Haar dieser Männer jedoch hatte sonderbare Farben. So leuchtete einer wie die Sonne am Himmel, während ein anderer die Farben eines Fuchses besaß. Wieder einer hatte die Farbe der Erde und zwischen allen gab es die verschiedensten Abstufungen. Zudem hatte keiner von ihnen glattes Haar. Dem einen floss sein Haar in sanften Wellen die Schulter herunter, dem anderen drehte es sich unordentlich auf dem Haupt. Es war wirklich verwirrend für sie. Und als jetzt auch noch alle aufsprangen, auf sie zuliefen und lärmend durcheinander sprachen, war es völlig um sie geschehen. Sie klammerte sich verzweifelt an Raven und drücke ihr Gesicht fest an ihn. Er spürte ihre Angst und drückte sie nun seinerseits fest an sich um ihr zumindest etwas Sicherheit und Schutz zu geben. Doch dann erhob sich eine Stimme, so gewaltig, so herrschend und kraftvoll, das sogar Alina aufhorchend den Kopf hob.
„Meine Söhne vergessen wohl ihre gute Erziehung, oder warum lauft ihr herum und schnattert wie eine Horde von aufgebrachten Weibern.“ Sofort herrschte schweigen im Lager und alle nahmen ruhig und langsam wieder Platz. Nur noch leises Gemurmel war danach zu hören.
„Ich bin sicher, dass mein Neffe uns von seinen Reisen und seiner kleinen Begleiterin erzählen wird.“ Das Familienoberhaupt der Drachen sah übertrieben böse in die Runde, „und ich erwarte von jedem von euch, dass unsere Gäste mit dem nötigen Respekt und mit Achtung behandelt werden.“ Der Dragon war ein sehr großer, breiter Mann, und trotz seines Alters noch sehr Beeindruckend. Sein rötlicher Bart erinnerte etwas an die Völker des Nordens, und sein langes, krauses und dabei fast schwarzes Haar verstärkte noch seine wilde Erscheinung. Doch blickten seine braunen Augen gütig und weise aus seinem schon leicht zerfurchtem Gesicht. Er nahm wieder Platz und winkte Raven jetzt und ungeduldig zu sich. Dieser ging mit Alina rasch näher.
„Komm, mein Sohn, setz dich zu mir und breche mit mir gemeinsam das Brot.“ Dieser Aufforderung folgte Raven gern, er war hungrig und das letzte gute Brot lag schon weit zurück. Alina rutschte scheu in seinen Schoß und dort blieb sie, alle ängstlich und scheu betrachtend.
„Du siehst, unsere Jagd stand unter keinem guten Stern,“ damit deutete der Dragon auf die magere Hirschkuh, „aber es wird für noch zwei Mäuler mehr auch noch reichen.“ Mit sonderbarem Blick sah er danach auf Alina nieder und Raven verstand diesen nicht ganz.
„Nun, wie ich sehe hast du gefunden, wonach du suchtest,“ wandte er sich an Raven, „bist du jetzt auf der Heimreise?“ Der Dragon biss herzhaft in einen Hirschschenkel.
„Sicher,“ erwiderte der kauend und gab Alina ein Stück des Brotes,“ meine Reise hat schon zu lange gedauert, ich sehne mich heim nach Baruth.“ Alina knabberte nur leicht am Brot.
„Nun,“ der Dragon sah ihn freundlich an,“ trotz deines Wunsches heimzukehren, möchte ich dich bitten, uns nach Avalla zu begleiten. Das Meer wird zum überqueren noch zu unruhig sein. Außerdem möchte ich wissen, wie es im Norden steht.“ Raven dachte an die alte Burg, und was sie in ihrem Innern gefunden hatten, und nickte nur zögernd,
„Gut, ich denke es könnte nicht schaden, ein wenig auf Avalla zu bleiben um euch von meiner Reise zu berichten.“ Damit blickte er nachdenklich auf Alinas Kopf herab, aber würde es ihr auch gefallen? Doch der Dragon lachte nur brüllend und schlug ihm danach kräftig auf die Schulter.
Alina folgte den Worten der Männer nicht, sondern sah sich nur scheu um. Der Kreis der Männer um das Feuer herum war groß. Sie drückte sich dichter an Raven und betrachtete die vielen, sich leise unterhaltenden Männer. Alle sahen zu ihnen, und einige folgten dem Gespräch. Die meisten Blicke waren freundlich, in manchen sah sie Aufregung, in anderen Neugier, wieder andere sahen sie entrückt, fast verwirrt an. Das irritierte sie ein wenig und sie sah schnell weiter. Doch dann blickte sie in ein blaues Augenpaar, das sie so kalt, so abschätzend musterte, dass sie voller Angst zusammenzuckte. Dieser Mann, der sie so bösartig anstarrte, erinnerte sie an die steinernen Statuen der Burg.