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mit lauter Stimme im Brausen des Wasserfalles, »Jetzt steigt schnell aus, denn ich muß noch die beiden Mohikaner und das Wildbret holen.«

      Sichtlich froh befolgten die Insassen des Bootes seine Weisung. Kaum hatte der letzte seinen Fuß auf den Felsen gesetzt, da steuerte der Kundschafter erneut das Fahrzeug in die wilde Strömung. Verlassen blieben die Reisenden einige Minuten in hilfloser Ungewißheit zurück. Doch bald lag das Kanu wieder an der Seite des flachen Felsens, und der Kundschafter sowie die beiden Indianer entstiegen ihm.

      »Jetzt haben wir eine Festung, eine Besatzung und Proviant! « rief erfreut Heyward. »Habt Ihr drüben auf dem Land etwas von Euren Irokesen gesehen?«

      »Irokesen hin, Irokesen her!« rief der Kundschafter mißgelaunt. »Jeder Eingeborene, der eine fremde Sprache spricht, gilt für mich als Feind. Wenn Webb von einem Indianer Treue und Redlichkeit verlangt, so hole er die Stämme der Delawaren und jage seine Irokesen zum Teufel.«

       Heyward bemerkte, daß der Kundschafter auf die Abstammung seiner roten Gefährten den größten Wert legte und bemühte sich, dem Gespräch eine andere Wendung zu geben.

      »Ich sehe jetzt wohl, daß Eure zwei Begleiter vorsichtige und tapfere Krieger sind. Hörten oder sahen sie etwas von unseren Feinden?«

      »Einen Indianer spürt man vorher, ehe man ihn sieht«, antwortete der Kundschafter und stieg den Felsen hinan.

      Der Jäger nahm jetzt einige Geräte auf und verließ, von den Mohikanern begleitet, die Reisenden. Bald waren die drei Männer hinter der finsteren Wand eines senkrechten Felsens verschwunden.

      6. Kapitel

      Heyward und seine Begleiter blieben voller Unruhe zurück. Wenn auch das Betragen des Jägers bis jetzt vollkommen einwandfrei war, so konnte doch sein wildes Aussehen, zusammen mit dem Wesen seiner beiden schweigsamen Genossen, Mißtrauen erregen. Da ließen sich plötzlich gedämpfte Männerstimmen vernehmen und ein plötzlicher Lichtstrahl enthüllte das Geheimnis des Ortes.

      An dem fernen Ende einer engen und tiefen Höhle saß der Kundschafter und hielt einen Fichtenbrand in der Hand. Der helle Schein des Feuers fiel auf sein verwittertes Gesicht. In seiner Nähe stand Unkas. Die Reisenden prüften aufmerksam die schlanke Gestalt des jungen Mohikaners. Zum ersten Male hatten Duncan und seine Gefährten Gelegenheit, die markanten Züge ihrer beiden indianischen Begleiter zu betrachten. Alice war sichtlich erstaunt über die stolze Haltung des jungen Indianers.

       »Ich könnte ruhig schlafen«, flüsterte Alice, »wenn ich diesen jungen Mann zu meiner Schildwache hätte. Bestimmt, Duncan, werden die grausamen Mordtaten und die furchtbaren Marterszenen nicht verübt, wenn einer wie er dabei wäre.«

      »Vertrauen wir, daß dieser Mohikaner unsere Hoffnungen nicht enttäuscht und sich als Freund erweist!«

      Das kurze Schweigen wurde durch den Kundschafter unterbrochen, der ihnen zurief, in die Höhle zu treten.

      »Sind wir sicher in dieser Höhle?« fragte Heyward, nachdem sie hineingegangen waren. »Ist kein Überfall zu befürchten? Hätte nicht ein einziger bewaffneter Mann am Eingang uns alle in seiner Gewalt?«

      Da schritt eine dunkle Gestalt aus der Finsternis hervor, ergriff einen Fichtenzweig und hielt ihn gegen das andere Ende des Versteckes. Es war Chingachgook. Er hob einen Vorhang, und er zeigte, daß die Höhle zwei Ausgänge hatte.

      »So alte Füchse, wie Chingachgook und ich, lassen sich nicht so leicht in einem Bau mit einem Ausgange fangen«, bemerkte Falkenauge lachend. »Der Wasserfall war früher einige Schritte unter uns. Der Platz hat eine eigenartige Umwandlung erfahren. Das Wasser hat sich tiefe Höhlen gegraben und ist dann um einige hundert Fuß zurückgetreten.«

      »So sind wir denn auf einer Insel?«

      »Ja! Zu beiden Seiten haben wir die Wasserfälle und um uns glänzt der Fluß. Wenn es Tag wäre, könnten wir auf die Höhe des Felsens treten und das Spiel des Wasser betrachten.«

      Nach Falkenauges Beschreibung waren die Reisenden über die Sicherheit des Versteckes merklich beruhigt und nahmen erfreut das einfache, aber kräftige Mahl ein. Unkas bediente die Damen und verrichtete diese kleinen Aufmerksamkeiten mit einer Mischung von Würde und Ängstlichkeit, die Heyward sehr belustigten.

      Chingachgook hatte sich ebenfalls näher in den Bereich des Lichtes gesetzt, und die häufigen unruhigen Blicke seiner Gäste ruhten auf ihm. Neben den Indianern saß der Kundschafter und ließ sich das Essen munden.

      »Kommt, Freund«, sprach Falkenauge zu dem Gesangmeister und zog unter einem Haufen Laub ein kleines Fläschchen hervor. »Versucht einmal dieses Getränk. Ich trinke auf gute Freundschaft – wie heißt Ihr eigentlich.«

      »David Gamut«, antwortete der Singemeister und tat einen kräftigen Schluck aus dem stark duftenden Gefäß.

      »Ein sehr guter Name. Was ist Euer Beruf?«

      »Ich bin Gesanglehrer in der Kunst, Psalmen zu singen.«

      »Ein seltener Beruf«, murmelte Falkenauge, in sich hineinlachend.

      »Laßt uns hören, was Ihr zu leisten vermöget.«

      »Mit höchster Freude stimm' ich ein«, versetzte David, holte sein Büchlein hervor und machte seine Brille zurecht.

      Dann sang er feierlich eine Hymne. Die beiden Frauen begleiteten ihn mit ihren hellen Stimmen. Während des Gesanges schauten die Indianer auf die Felsen und horchten aufmerksam, als ob sie in Stein verwandelt wären. Die harten Gesichtszüge des Kundschafters wurden weicher. Da ertönte plötzlich von draußen ein furchtbarer Schrei, der die Winkel der Höhle und die Herzen aller, die ihn vernahmen, durchdrang. Dann tiefe Stille, nur das Wasser rauschte.

      »Was war das?« fragte Heyward.

      Weder Falkenauge noch die Indianer gaben eine Antwort. Immer noch horchten sie, ob sich der Laut wiederhole. Dann unterhielten sie sich in der delawarischen Sprache, und Unkas verließ vorsichtig die Höhle.

       »Ich glaube, es gibt keinen Schrei, den Mensch oder Tier ausstoßen könnten, den mein Ohr nicht schon vernommen hätte«, sprach der Kundschafter. »Doch einen solchen Laut habe ich in den dreißig Jahren, in denen ich die Wälder durchzogen habe, noch nicht gehört. Nun Unkas?« fragte er den jungen Häuptling, der unterdessen wieder eingetreten war.

      Der Mohikaner antwortete kurz in delawarisch.

      »Da draußen ist nichts zu sehen«, fuhr Falkenauge fort. »Unser Versteck liegt noch in der Finsternis. Geht in die andere Höhle und versucht zu schlafen. Ehe morgen die Sonne aufgeht, müssen wir auf den Beinen sein.«

      Kora ging mit gutem Beispiel voran und zögernd folgte ihr Alice.

      »Verlassen Sie uns nicht, Duncan«, sprach Alice. »Noch immer tönt uns der schreckliche Schrei in den Ohren. Aber es gibt auch noch andere Sorgen, die uns nicht schlafen lassen. Wir müssen immer wieder an unseren Vater denken, der nicht weiß, wo sich seine Kinder in der Wildnis aufhalten.«

      »Er ist Soldat und weiß, was einem in den Wäldern alles begegnen kann. Als er von Ihrer Ankunft in Fort ›Edward‹ hörte«, sprach Heyward freundlich weiter, »war er sehr unentschlossen, wie er sich verhalten solle. Doch die Liebe zu seinen Kindern gewann die Oberhand. Immer wieder sprach er von seinen beiden Töchtern. Einmal sagte er –«

      Duncan sprach nicht weiter, denn plötzlich erscholl wieder der laute gräßliche Schrei wie zuvor. Voll ängstlicher Erwartung blickten die beiden Frauen Heyward an, ob sich dieser furchtbare Schrei wiederhole. Da hob sich langsam die Decke und der Kundschafter stand in der Öffnung mit einer Miene, die zeigte, daß er die sie bedrohende Gefahr richtig erkannt hatte.

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