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20.000 Meilen unter dem Meer - Band 1. Jules Verne
Читать онлайн.Название 20.000 Meilen unter dem Meer - Band 1
Год выпуска 0
isbn 9783753196763
Автор произведения Jules Verne
Жанр Языкознание
Издательство Bookwire
– Ich habe keine Ahnung davon, Herr Arronax.
– Ungefähr siebenzehntausend.
– So viele?
– Und da in Wirklichkeit der atmosphärische Druck etwas mehr als ein Kilogramm auf den Quadratcentimeter beträgt, so haben Ihre siebenzehntausend Quadratcentimeter in diesem Augenblick einen Druck von siebenzehntausendfünfhundertachtundsechzig Kilogramm auszuhalten.
– Ohne daß ich's merke?
– Ohne es wahrzunehmen. Und daß Sie nicht von einem solchen Druck zerquetscht werden, kommt daher, daß die Luft im Innern Ihres Körpers einen gleichen Druck ausübt. Es entsteht daraus ein vollständiges Gleichgewicht des innern und äußern Druckes, welche sich einander aufheben, so daß Sie es leicht aushalten. Im Wasser aber ist's anders.
– Ja, ich begreife, erwiderte Ned, der aufmerksamer geworden war, weil das Wasser mich umgiebt, nicht ebenso mich durchdringt.
– Richtig, Ned. Also bei zweiunddreißig Fuß unter der Meeresoberfläche hätten Sie einen Druck von siebenzehntausendfünfhundertachtundsechzig Kilogramm auszuhalten; bei dreihundertundzwanzig Fuß diesen Druck zehnfach, nämlich hundertfünfundsiebenzigtausendsechshundertachtzig Kilogramm; bei dreitausendzweihundert Fuß hundertfach, nämlich siebenzehnhundertsechsundfünfzigtausendachthundert Kilogramm; bei zweiunddreißigtausend Fuß endlich den tausendfachen Druck, nämlich von siebenzehn Millionen fünfhundertachtundsechzigtausend Kilogramm; d. h. Sie würden platt gedrückt, wie unter den Platten einer hydraulischen Presse!
– Teufel! sagte Ned.
– Nun denn, mein werther Harpunier, wenn Wirbelthiere, die einige hundert Meter lang und verhältnißmäßig dick sind, sich in solchen Tiefen aufhalten können, und ihre Oberfläche Millionen Centimeter beträgt, so ist der Druck, welchen sie aushalten können, auf Milliarden Kilogramm anzuschlagen. Nun rechnen Sie, wie groß muß die Widerstandskraft ihres Knochenbaues und die Stärke ihres Organismus sein, um solchem Druck Widerstand zu leisten!
– Sie müssen wohl, versetzte Ned-Land, mit acht Zoll dickem Eisenblech beschlagen sein, wie die Panzerfregatten.
– So ist's, Ned, und nun denken Sie, was eine solche mit der Schnelligkeit eines Eilzugs wider einen Schiffsrumpf anstürzende Masse für Zerstörung anrichten kann.
– Ja ... wirklich ... vielleicht, erwiderte der Canadier, der durch diese Ziffern zwar wankend geworden, doch sich noch nicht ergeben wollte.
– Nun, hab' ich Sie überzeugt?
– Sie haben, Herr Naturforscher, mich davon überzeugt, daß, wenn auf dem Grund des Meeres solche Thiere existiren, sie nothwendig so stark sein müssen, wie Sie sagten.
– Aber wenn sie nicht existiren, starrköpfiger Harpunier, wie erklären Sie dann den Unfall, welcher den Scotia traf?
– Vielleicht ..., sagte Ned stotternd.
– Nun, nun!
– Weil ... es nicht wahr ist!« Canadier, indem er, ohne es zu wissen, die Antwort, welche einmal der berühmte Arago gab, wiederholte.
Aber diese Antwort bewies doch nur die Hartnäckigkeit des Harpuniers. Damals drängte ich ihn nicht weiter. Der Unfall der Scotia war nicht zu leugnen. Das Loch war so stark, daß man es stopfen mußte, und ich glaube nicht, daß das Vorhandensein eines Loches entschiedener bewiesen werden kann. Dieses Loch aber ist nicht von selbst entstanden, und da es nicht von Felsen oder Maschinen unter'm Meer hervorgebracht worden ist, so ist es nothwendig dem durchbohrenden Werkzeug eines Thieres zuzuschreiben.
Meiner Ansicht nach, und aus allen vorhin angeführten Gründen, gehörte nun dieses Thier der Abtheilung der Wirbelthiere an, zur Classe der Säugethiere, Gruppe der fischförmigen, und endlich zur Ordnung der wallfischartigen. Zu welcher Familie es zu rechnen, Wallfisch, Pottfisch oder Delphin, zu welcher Gattung und Art, wäre eine später zu beleuchtende Frage. Um diese zu lösen, müßte man das unbekannte Ungeheuer erst zerlegen; um es zu zerlegen, es fangen; um es zu fangen, die Harpune werfen; zum Harpunieren müßte man es sehen – was der Mannschaft zufiele; dafür aber müßte man ihm begegnen, was eine Sache des Zufalles ist.
Fünftes Capitel
Auf gut Glück!
Die Fahrt des Abraham Lincoln wurde eine Zeit lang von keinem Zwischenfall betroffen. Doch konnte man bei einer Gelegenheit, welche die merkwürdige Geschicklichkeit Ned-Land's kund gab, erkennen, welches Vertrauen man auf ihn setzen konnte.
Auf der hohen See bei den Falklands-Inseln begegnete die Fregatte am 30. Juni amerikanischen Wallfischfängern, welche keine Kunde vom Narwal geben konnten. Als aber einer derselben, Kapitän Monroe, erfuhr, daß Ned-Land sich an Bord des Abraham Lincoln befand, so erbat er sich dessen Beistand, um auf einen Wallfisch, der in Sicht war, Jagd zu machen. Der Commandant Farragut, dem es erwünscht war, Ned-Land sein Werk verrichten zu sehen, gab ihm die Erlaubniß, sich an Bord des Monroe zu begeben. Und unser Canadier war so glücklich, daß er anstatt eines Wallfischs mit einem Doppelwurf deren zwei harpunierte, indem er den einen in's Herz traf, des andern nach einigen Minuten Meister ward!
Unstreitig, wenn das Ungeheuer jemals mit Ned-Land's Harpune zu schaffen bekommt, gehe ich keine Wette zu seinen Gunsten ein.
Die Fregatte fuhr längs der Süd-Ostküste von Amerika mit erstaunlicher Schnelligkeit. Am 3. Juli waren wir am Eingang der Magellanischen Enge, auf der Höhe des Cap de las Virgines. Aber der Commandant Farragut wollte diese gewundene Straße nicht einschlagen, und beschloß, um das Cap Horn zu fahren. Und in der That war es auch nicht wahrscheinlich, daß man in dieser Enge auf den Narwal stoßen werde.
Am 6. Juli, um drei Uhr Abends fuhr der Abraham Lincoln, fünfzehn Meilen südlicher, um das Inselchen, den verlorenen Felsen am äußersten Ende des amerikanischen Continents, welchem holländische Matrosen den Namen ihrer Geburtsstadt Horn gegeben hatten. Nun fuhr man in nordwestlicher Richtung, und die Fregatte lief endlich in das Stille Meer ein. –
»Jetzt Achtung! Augen auf!« riefen wiederholt die Matrosen des Abraham Lincoln.
Und sie öffneten sie über die Maßen weit. Augen und Fernrohre, zwar durch die Perspective der zweitausend Dollars etwas geblendet, blieben nicht einen Augenblick unthätig. Tag und Nacht beobachtete man die Wasserfläche, und die Nachtsichtigen hatten mehr Aussicht das Spiel zu gewinnen.
Ich, auf den das Geld keine Anziehungskraft übte, war darum nicht minder achtsam an Bord. Ich vergönnte mir zum Essen nur einige Minuten, zum Schlafen nur einige Stunden, verließ, unbekümmert um Regen oder Sonnenschein, keinen Augenblick das Verdeck. Bald auf die Schanzverkleidung des Vordercastells, bald auf das Gebälk des hintern gelehnt, folgte ich mit gierigen Blicken dem schaumigen Kielwasser, soweit das Gesicht reichte. Wie oft theilte ich die Aufregung der Officiere, der Mannschaft, wann ein Wallfisch launisch mit schwärzlichem Rücken aus dem Gewässer hervorragte. Dann füllte sich im Augenblick das Verdeck mit Matrosen und Officieren. Jeder beobachtete mit beklommener Brust und trübem Blick das schwimmende Thier. Ich schaute und schaute, daß ich meine Netzhaut abnützte, blind zu werden drohte, während Conseil, stets phlegmatisch, mir mit ruhigem Tone wiederholt zusprach:
»Wenn mein Herr die Güte haben wollte, die Augen weniger aufzureißen, so würde man wohl mehr sehen!«
Aber, vergebliche Aufregung! Der Abraham Lincoln änderte seine Richtung, das signalisirte Thier anzugreifen. Wallfisch oder Pottfisch! es verschwand jedoch bald von einem Hagel von Flüchen begleitet!
Doch das Wetter war fortwährend günstig. Die Fahrt wurde unter besseren Bedingungen weiter verfolgt. Es war damals die üble Jahreszeit des Südens, denn der Juli dieser Zone entspricht unserm Januar in Europa; aber das Meer hielt sich ruhig und gestattete in weitem Umfang die Beobachtung.
Ned-Land zeigte stets hartnäckige Ungläubigkeit; er stellte sich sogar, als beobachte