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      Er erbebte in Entsetzen, als Caligula zufällig herüberblickte und als einzigen Gast noch Valeria Messalina stehen sah. Doch während das junge Mädchen dem Führer folgte, stand der Kaiser auf dem Podeste und nickte mit beifälligem Schmunzeln hinter der jugendlichen Schönheit drein.

      Sodann schritt Caligula seinem Lektikus zu.

      Dreizehn Triklinien umrahmten in der Form eines nach vorn offenen Vierecks an drei Seiten einen breiten, auch von Rosenstreu bedeckten Raum. Diese Mitte gestattete den Sklaven, die Speisen und Getränke ohne die geringste Belästigung der Gäste herbeizutragen. Zugleich diente der Raum als Bühne für die Tänzer, Gaukler, Pantomimen und Aufführungen, mit denen die Gäste während des Speisens unterhalten werden sollten.

      Jedes Triklinium bestand aus einem runden Tische und drei Ruhelagern. Die Tische waren als Monopodien gearbeitet: eine Platte aus dem unermeßlich teuren, kostbaren Citrusholze, die auf einem einzigen, massiv silbernen Mittelfuße von künstlerischer Arbeit ruhte. Die Mahagonigestelle der niedrigen, mit Polstern bedeckten Speisesofas hatten berühmte Bildner mit goldenen Ornamenten verziert. Getragen wurde dieses Gestell von den aus Elfenbein geschnitzten Gestalten nackter Mädchen.

      Da jedes Triklinium neun Gästen Platz bot, konnten hundertsiebzehn Menschen an dem Mahle teilnehmen.

      Der Kaiser als Gastgeber und höchste Persönlichkeit ruhte auf dem Lektikus medius des mittelsten Trikliniums gegenüber dem freien Räume. Zu seiner Linken, an der Lehne, dem ehrenvollsten Platze des Speisebettes, lag seine Gattin.

      Cäsonia war eine nicht mehr junge, fast häßliche Frau, als deren einziger Vorzug ihre maßlose Sinnlichkeit galt. Oft genug beschrieb bei Gelagen der Cäsar seinen Gästen jede intimste Einzelheit des ehelichen Verhaltens der Kaiserin und erging sich dabei in obszönen Lobeserhebungen. Gerade durch ihre raffinierte Erotik aber hatte Cäsonia verstanden, sich den Gatten so hörig zu machen, daß er ihr eine Anhänglichkeit bewahrte, die wahrlich nicht seinem Wankelmute und grausamen Charakter entsprach.

      Zur rechten Seite des Kaisers hatte der bevorzugte Freigelassene Callistus seinen Platz.

      Über dem Ruhebette wölbte ein aus lauterem Golde getriebener Baum die goldbeblätterten Äste, an denen brennende Lampen in Gestalt silberner Früchte schwebten. Alle Tische der dreizehn Triklinien waren schwer beladen mit Silbergerät und goldenen Tabletten. Man wußte, daß bei den kaiserlichen Gastmählern nur Teller, Schüsseln und Trinkgefäße zur Verwendung kamen, deren höchster Wert nicht in dem Metall bestand, sondern in ihrem Alter und ihrer Rarität. Jedes einzelne Stück war eine Sehenswürdigkeit.

      Da glänzten uralte Trinkschalen von der Hand des Statuengießers Lysippos, die voreinst von Tarent nach Rom gebracht worden waren. Die Gefäße waren mit köstlichen Salben ausgerieben, dem Wein zum Dufte der Rebe noch einen fremden exotischen Hauch zu verleihen.

      Dort gossen die Sklaven den edlen Wein von Setia aus kristallenen Amphoren in muschelförmige Gefäße, Werke des ob seiner formvollendeten Becher berühmten Bildhauers Mentor.

      Des Kaisers Tisch strotzte von Goldschüsseln, deren Randverzierungen der Steinschneider Dioskorides nicht nur selbst entworfen, sondern auch mit eigener Hand ziseliert hatte.

      Doch nun gab Caligula das Zeichen zum endgültigen Beginn des Festes, indem er einen goldenen Apfel in eine gehöhlte, große silberne Halbkugel warf. Dies brachte das Gefäß zum Tönen. Der helle Klang, wie das lang anhaltende, gedämpfte Summen einer Glocke, übertönte die sogleich verstummende Unterhaltung, schwoll zur Decke hinauf, zitterte durch den Raum und verebbte allmählich, als ringe er sich mühsam durch die Saalwände hindurch.

      Sogleich trat ein Sklave in die Mitte des Platzes zwischen den Triklinien. Ihm war das Amt des Nomenklators zugeteilt. Ohne Stocken rief er mit volltönender Stimme die Namen und Ehrentitel der Gäste aus.

      »Wieviele Namen nanntest du?« rief ihm Caligula zu, als der Nomenklator sich verbeugte, zum Zeichen, daß er fertig sei.

      »Hundertsechzehn, Herr,« antwortete der Sklave.

      Der Kaiser traf ihn mit einem drohenden Blicke. »Warum nur hundertsechzehn, Mensch? Ich habe doch soviel Gäste eingeladen, daß auf keinem Lektikus ein Platz freibleiben sollte.«

      »Ein Platz auf dem Lektikus imus wartet noch auf den Gast, Herr.«

      »Wie? Jemand, dem ein so wenig ehrenvoller Platz zugewiesen ist, erlaubt sich, zu spät zu kommen?« Der Imperator war empört. »Wer ist der Zögernde?«

      »Dein Oheim Tiberius Claudius Drusus, Gebieter.«

      Caligula lachte. »Ah, der brave Claudius! Nun, um so besser. Es wird uns belustigen, wenn er verspätet eintrifft.«

      Er gab einen entlassenden Wink. Der Nomenklator zog sich zurück. An seine Stelle trat der Struktor, den ersten Gang des Mahles anzukündigen: gebratene Pfauen aus Samos, die mit Feigen, Datteln und feinem, durch frischen Traubenmost gesüßtem Mehle gemästet worden waren. Gefüllt waren diese knusperigen Vögel der Juno mit einer Pastete aus gehackten Gänselebern und lybischen Trüffeln. Birnen aus Syrien und picenische Äpfel, zu einem gesottenen Gericht als Zuspeise vereint, wurden aufgetragen in Murrinen. Wie der Struktor mit hocherhobener Stimme erklärte, stammten diese Schüsseln, deren Gewicht man beim Kaufe hundertfach in Gold aufwiegen mußte, aus einem sehr fernen Lande, in dem die Menschen von gelber Haut seien und schiefgeschlitzte Augen hätten.

      Während man sich über das Gericht hermachte, mehr schmatzend als schwatzend, erschienen in dem freien Raume zwölf ganz junge Mädchen. Ihr einziger Schmuck war die Schönheit der knospenhaften Körper und die Weiße der Haut. Und dieses lichte Weiß stand kaum zurück hinter dem Anstrich der Kreide, mit dem die Füße der Mädchen gefärbt waren, um sie als verkäufliche Sklavinnen zu kennzeichnen. Prüfend, abschätzend musterten die Blicke der Männer die zierlichen Musikanten. Einige von ihnen begleiteten leise auf kleinen Handpauken gedämpft die Weise ihrer Gefährtinnen, die den Saiten der syrischen Harfen sanfte Töne entlockten.

      Als die Musik verklungen war, die schönen Kleinen sich entfernt hatten, erhob sich der Senator Sertorius. Abermals warf Caligula den Goldapfel in die silberne Klingschale, Aufmerksamkeit zu fordern.

      Sertorius, ein fast weißhaariger Mann mit edlen Zügen und stattlicher Gestalt, hielt eine Ansprache an den Gastgeber. Er dankte im Namen aller Anwesenden dem Kaiser für die Einladung und erging sich in einem Panegyrikus auf den Imperator. Die lobhudelnden Worte fanden den stärksten Beifall der andern. Ein von allen Wänden zurückhallendes »Ave, Cäsar!« folgte jubelnd dem Schlusse der Rede.

      Doch Caligula war von dieser ekstatischen Lobeshymne nicht befriedigt. Seine Gottheit hatte Anbetung erwartet, nicht kriecherische Menschendienerei. Er grollte bitter insgeheim.

      Langsam raffte er sich von seinem Lektikus auf, ordnete fürsorglich die Edelsteinketten, die um seinen Hals hingen, glättete die Falten seiner seidenen Pänula und betupfte seinen goldbepuderten Kopf. Dann räusperte er sich und schickte vorauf, daß er wünsche, nicht unterbrochen zu werden. Mit einem lauernden Blicke betrachtete er den Senator, bevor er zur Entgegnung überging.

      »Ich danke dir, edler Sertorius,« hob er endlich mit der ihm eigenen kraftvollen Stimme an, nach seiner Gewohnheit beim Reden bald vorwärts, bald seitwärts vom Triklinium, bald zurück an seinen Platz schreitend. »Wirklich, ich bin dir dankbar für die wohlgesetzten Worte, die du mir gewidmet hast. Du bist ein ausgezeichneter Redner, und ich werde dich mit einem noch höheren als dem von dir bekleideten Amte belehnen. Soll ich dich zum Konsul machen?« Und nun überrann ein Lächeln teuflischen Spottes das häßliche Gesicht. »Konsul! Mein lieber Sertorius, was hättest du davon? Ich will demnächst sogar meinem Pferde Incitatus den Konsultitel verleihen. Denn nämlich – – mit dem Schweife wedeln kann der Gaul auch!«

      Ein lautes Lachen der boshaften Freude an dem eigenen frechen Witz brach über die goldumpuderten Lippen Caligulas, ehe er weitersprach: »Nein, mein Sertorius – dir soll für deine wirklich hübsche Ansprache ganz anders vergolten werden. Viel reicher! Kann man den Gatten einer entzückenden Domina herrlicher ehren, als indem man statt seiner

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