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Pechschwarzer Sand. Liv-Malin Winter
Читать онлайн.Название Pechschwarzer Sand
Год выпуска 0
isbn 9783742735836
Автор произведения Liv-Malin Winter
Жанр Языкознание
Издательство Bookwire
Als er die Tür aufschloss, umfing ihn Stille. Er ging in sein Büro, das sich neben einer gemütlichen Wohnküche, seinem Schlafzimmer und einem kleinen Gästezimmer in seiner Wohnung befand. Zunächst kontaktierte er den Landschaftsgärtner. Er teilte ihm mit, dass sie den Auftrag im Jugendklub wie geplant durchführen würden. Er sah seine E-Mails durch und stutzte. Er war auf eine E-Mail-Adresse gestoßen, die er seit Jahren nicht mehr gesehen hatte. Er fühlte sich in seine Schulzeit zurückversetzt. Sein Freund Chris hatte diese Adresse damals verwendet. Doch seit er nach Kanada gezogen war, hatte er sie nicht mehr benutzt. Neugierig öffnete Eric die E-Mail und begann zu lesen. Chris bat ihn um Hilfe. Er benötigte Geld, um mit seiner Frau Kanada zu verlassen. Die E-Mail war sehr kurz gehalten, doch Eric spürte die Dringlichkeit.
Er lehnte sich zurück und fragte sich, was das zu bedeuten hatte. Chris musste in ernsten Schwierigkeiten stecken. Anders konnte Eric sich diese E-Mail nicht erklären. Sein Freund setzte sich für den Erhalt des Wood Buffalo Nationalparks ein. Wahrscheinlich war er mit seinem Engagement jemandem in die Quere gekommen. Chris war in seiner Mail sehr vage geblieben, also hielt er die Kommunikation nicht für sicher. Eric würde keine Fragen stellen.
Er sah im Internet nach, was eine Schiffspassage von Halifax nach Deutschland kostete. Er suchte nach dem günstigsten Angebot, doch die Preise der verschiedenen Anbieter unterschieden sich nicht wesentlich. Rund 2500 Euro musste man für diese Reise bezahlen. Er fragte sich, wie er auf die Schnelle 5000 Euro für Chris und seine Frau auftreiben sollte. Früher, als er noch bei der renommierten Firma Niesing & Hamilton Consulting gearbeitet hatte, wäre das kein Problem gewesen. Diesen Job hatte er jedoch verloren, ebenso wie den Kontakt zu vielen seiner damaligen Bekannten. Er passte nicht mehr in ein Leben, in dem der Schein das Wichtigste war. Er hatte seine eigene Firma eröffnet und hart daran gearbeitet, sie aufzubauen. Inzwischen war er so weit, dass er von den Einnahmen bescheiden leben konnte. Bisher war er aber noch nicht in der Lage gewesen, größere Reserven für Notfälle zu bilden. Im letzten Jahr hatte er sich mühsam 2000 Euro zusammengespart. Die Aufträge, die er bisher bekommen hatte, waren eher klein. Sie brachten nicht viel Geld ein. Große Firmen beauftragten etablierte Beratungsunternehmen wie Niesing & Hamilton Consulting.
Eric sah auf sein Handgelenk und betrachtete seine Uhr. Es war eine Omega Speedmaster Moonwatch Professional. Diese Uhr hatte er sich in seiner Zeit bei Niesing & Hamilton Consulting gekauft. Er hatte diese Uhr schon seit Jahren bewundert. Buzz Aldrin, der zweite Mann auf dem Mond, hatte eine Uhr getragen, in der dieses Uhrwerk verwendet worden war. Seitdem war sie als Moonwatch bekannt. Eric liebte das Design. Das schwarze Ziffernblatt und die silbernen Akzente strahlten eine Eleganz aus, die er bewunderte. Diese Uhr hatte seinen Erfolg symbolisiert. Er war mit der Arbeitsweise bei Niesing & Hamilton Consulting nicht immer einverstanden gewesen. Doch die Statussymbole, die er sich dank des großzügigen Gehaltes leisten konnte, hatten ihm gefallen.
Schweren Herzens dachte er darüber nach, dass er seine Moonwatch verkaufen musste, wenn er Chris helfen wollte. Neu hatte sie 4800 Euro gekostet. Eric hatte sie seinerzeit für 2500 Euro gekauft. Nun würde er wahrscheinlich um die 1500 Euro bekommen. Doch auch mit seiner Notfallreserve von 2000 Euro würde das Geld nicht ausreichen, um die Überfahrt für Chris und seine Frau zu bezahlen. Er brauchte noch eine andere Geldquelle. Wenn er einen lukrativen Auftrag an Land ziehen könnte, wäre sein Problem gelöst. Das war aber alles andere als einfach. Obwohl Eric sich im Business gut auskannte, war es meistens ein langwieriges Ringen, neue Kunden zu finden. Er sah nur eine Möglichkeit, schnell an Geld zu kommen. Es gab einen Auftrag, den er vor kurzem abgelehnt hatte. Der Supermarktbesitzer hatte noch mehrmals nachgefragt, ob er seine Meinung nicht ändern wollte, doch Eric war bei seiner Entscheidung geblieben. Dieser Mann wollte keine solide Beratung. Er hatte herausgefunden, dass Eric früher bei Niesing & Hamilton Consulting gearbeitet hatte und nun wollte er von dem damit verbundenen Image profitieren.
Eric widerstrebte der Gedanke, doch das könnte die Lösung für sein Problem sein. Er würde diesen Supermarktbesitzer beraten und dafür würde dieser ordentlich bezahlen.
Er schrieb eine kurze Nachricht an Chris. Er würde ihm helfen, aber er benötigte ein paar Tage Zeit.
Eric kontaktierte Alfred Edelmann und teilte ihm mit, dass er seine Meinung geändert hatte. Er wollte den Termin so schnell wie möglich hinter sich bringen und vereinbarte, dass sie sich in einer Stunde treffen würden.
Wahrscheinlich würde er seine Uhr heute zum letzten Mal tragen. Mit einem Anflug von Wehmut betrachtete er das edle Stück bester Schweizer Uhrmacherkunst. Dann ging er in sein Schlafzimmer und zog sich seinen teuersten Anzug an.
Eric betrachtete das Gebäude skeptisch. Es war einer dieser alten Supermärkte, an dem bisher kaum etwas erneuert worden war. Er ging hinein und suchte nach dem Besitzer. Nach einigem Herumfragen fand er ihn schließlich in seinem Büro.
»Hallo, Herr Edelmann«, begrüßte Eric sein Gegenüber und schüttelte ihm die Hand.
Er fragte sich, ob das wirklich sein richtiger Name war.
»Herr Bergmann, es freut mich Sie zu sehen. Wie ich sehe, haben Sie noch einmal über mein Angebot nachgedacht«, stellte Alfred Edelmann großspurig fest.
»Nachdem Sie mich zum dritten Mal gebeten haben, den Auftrag zu übernehmen, konnte ich nicht mehr ablehnen.« Eric bedachte den Mann mit einem unverbindlichen Lächeln.
»Bitte setzen Sie sich. Möchten Sie einen Kaffee?«
»Vielen Dank, gerne«, antwortete Eric höflich. Er hatte in seiner Laufbahn schon häufiger mit unsympathischen Kunden zu tun gehabt und wusste, wie er sich verhalten musste.
Der Supermarktbesitzer drückte einen Knopf an einem Kaffeeautomaten. Das Brummen der Maschine erfüllte den Raum, gefolgt von dem intensiven Aroma des Getränks. Er reichte Eric die Tasse und dieser nahm einen Schluck. Der Kaffee schmeckte überraschend gut. Er war stark, aber nicht bitter und hatte eine feine Kakaonote.
»Guter Kaffee«, lobte Eric. »Verkaufen Sie den in Ihrem Laden?«
Alfred Edelmann schüttelte den Kopf. »Nein, diese Sorte gibt es hier nicht«, erwiderte er lachend. »Das Sortiment im Edelmarkt ist eher einfach gehalten. Aber jetzt erzählen Sie mal, was wollen Sie in meinem Laden verändern?«
»Bevor wir über Veränderungen sprechen, sollten wir die finanzielle Seite klären«, erwiderte Eric. »Ich verlange eine Vorauszahlung von 3000 Euro. Dafür erstelle ich Ihnen ein umfassendes Sanierungskonzept und vermittle Ihnen Handwerker, die die notwendigen Arbeiten ausführen. Wenn Sie möchten, dass ich die Arbeiten selbst überwache, werde ich die dafür benötigte Zeit stundenweise mit Ihnen abrechnen.«
»3000 Euro finde ich reichlich übertrieben. Ich hatte an 500 gedacht.«
»Herr Edelmann, für 500 Euro schalte ich nicht einmal meinen Computer an. 3000 sind ein Freundschaftspreis. Bei Niesing & Hamilton Consulting habe ich das Doppelte verlangt«. Eric blickte den Mann mit der überlegenen Arroganz an, die die Mitarbeiter des renommierten Beratungsunternehmens häufig an sich hatten. Er griff nach der Kaffeetasse und nahm einen Schluck. Alfreds Blick fiel auf Erics Uhr.
»Eine schöne Uhr haben Sie da«, sagte er, um Zeit zu gewinnen.
»Ja, das ist eine Omega Speedmaster Moonwatch Professional«, antwortete Eric und seine Stimme klang fast eine Spur herablassend.
Alfreds Augen blitzten begehrlich auf. Er ahnte, was so ein Modell wert sein musste.
»Die erste Uhr auf dem Mond, fantastisch.« Alfred Edelmann hatte von der Legende dieser Uhr gehört. »Bestimmt ist es schwer eines dieser Modelle zu finden.« Lauernd beobachtete er Erics Reaktion.
»Hören