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schändlich hält, mit einem Menschen umzugehen, der noch nicht seinesgleichen umgebracht hat.«

      »Ich möchte nur wissen, was der Delaware schon so früh im Jahr hier zu suchen hat«, brummte Hurry vor sich hin, und an Wildtöter gewandt, fragte er: »Wo soll euch der junge Häuptling treffen?«

      »An einer kleinen Felsenkuppe, am Ende des Sees. Die Stämme kommen dort zusammen, um Verträge abzuschließen oder das Kriegsbeil zu begraben. Ich habe bisher weder den See noch den Felsen gesehen. Mingos und Mohikaner behaupten beide, ihnen gehöre das Land, und im Frieden wird es ja wohl auch von beiden Stämmen zum Jagen und Fischen benutzt, aber wie das jetzt im Kriege aussehen wird?«

      »Gemeinsames Gebiet!« lachte Hurry, »da möchte ich nur hören, was der schwimmende Tom Hutter dazu sagen würde. Er sitzt seit 15 Jahren auf dem See und wird ihn gegen beide Stämme verteidigen.«

      »Muß ein sonderbarer Mann sein, dieser Tom Hutter, nach dem, was ihr mir von ihm erzählt habt.«

      »Es wird gemunkelt, daß er in seiner Jugend Seeräuber gewesen sei und sich in die Wälder zurückgezogen habe, um hier seine Beute in Ruhe zu verzehren. Vor zwei Jahren ist seine Frau gestorben und er hat sie nach Seemannsart im See versenkt. Nun lebt er hier noch mit seinen zwei Töchtern Judith und Hetty. Diesem Kleeblatt gilt mein Besuch.«

      »Ja, ich weiß. Von der schönen Judith habe ich schon bei den Delawaren erzählen hören. Man sagt ihr nach, daß sie sehr putzsüchtig und eitel sei.«

      »Nun, sie ist nicht nur anziehend und wird von den Offizieren der Forts umworben, sie ist auch sehr gescheit, und ich würde sie auf der Stelle heiraten. Den alten Vater mag ihre Schwester Hetty pflegen, die ist zwar nicht so schön und besitzt wenig Verstand, ist aber herzensgut.«

      »Die Indianer betrachten solche Menschen als begnadete Geschöpfe, und keine Rothaut würde ihr ein Leid antun. Aber nun laß uns aufbrechen, damit wir die sonderbaren Schwestern kennenlernen, die Sonne geht schon in den Nachmittag hinein.«

      Die Wanderer nahmen ihre Packtaschen auf, hängten die Waffen um und tauchten wieder in das Dunkel des Waldes.

      Hurry kannte nun die Richtung, nachdem er den offenen Fleck und die Quelle wiedergefunden hatte, und mit sicheren Schritten ging er durch das dichte Unterholz voran. Nach ungefähr einer Meile stockte er, seine Blicke gingen suchend umher.

       »Das muß die Stelle sein, Wildtöter!« meinte er endlich. »Hier ist eine Buche neben einem Schierling, drei Fichten sind dicht dabei, und dahinter eine Birke mit abgeknickter Spitze. Ich sehe aber keine heruntergebogenen Zweige, die müßten auch da sein!«

      »Geknickte Zweige sind schlechte Wegzeichen, auch der Dümmste merkt, daß sie nicht von selbst brechen, und das erweckt Verdacht und führt zur Entdeckung.«

      Wilötöter blickte forschend umher und seinen scharfen Augen war ein gekrümmtes Bäumchen nicht entgangen, das Menschenhand in den Spalt einer vermodernden Linde hineingezwängt hatte.

      »Seht her, Hurry, da ist das Zeichen, das ihr sucht!«

      »Ich muß zugeben, Wildtöter, ihr habt ein gutes Auge für euer Alter.«

      »Es macht sich, Hurry, es macht sich. Aber es gibt noch bessere. Da ist Tamemund, der schon so alt ist, daß keiner eigentlich weiß, wann er mal jung gewesen ist – und der nichts seinem Blick entgehen läßt, und Unkas, der Vater Chingachgooks, der rechtmäßige Häuptling der Mohikaner – und Chingachgook selber –«

      »Wer ist eigentlich dieser Chingachgook, mit dem ihr euch verabredet habt? Eine herumstreifende Rothaut und weiter nichts?«

      »Die beste Rothaut, die ich kenne! Wenn es rechtmäßig zuginge, wäre er heute ein großer Häuptling. So ist er nichts weiter als ein tapferer und geachteter Delaware, denn sein Volk und sein Geschlecht sind gesunken. Es würde auch euch rühren, wenn ihr an den Winterabenden in ihren Wigwams säßet und die Geschichten vom einstigen Glanz der Mohikaner mit anhören würdet.«

      »Man kennt die Prahlereien der Indianer«, versetzte Hurry stehenbleibend, »die Hälfte ihrer Überlieferungen ist für mich pures Geschwätz.«

      »Gewiß, Hurry,« entgegnete Wildtöter, »sie prahlen, das ist nun einmal eine ihrer Eigenarten. Aber hier« – Wilötöter zeigte auf einen alten umgestürzten Lindenbaum – »haben wir das Versteck gefunden!«

       »Jawohl, das ist der Baum,« sagte Hurry erfreut, indem er in die Höhlung des Baumes hineinsah, »und alles ist noch so hübsch ordentlich beisammen wie in Großmutters Kommode.«

      Mit Bedacht gingen die beiden Männer ans Werk und legten ein Rindenkanu frei, das Hurry dort geschickt versteckt hatte, und das mit Sitzen und Rudern, Angelschnüren und Ruten vollständig ausgerüstet war. Der bärenstarke Hurry nahm das nicht kleine Kanu ohne Mühe auf die Schulter und lehnte alle Hilfe ab.

      »Geht voraus, Wildtöter, und haltet die Büsche auseinander!« Wildtöter bahnte seinen Gefährten einen Weg durch das Gestrüpp, und sie waren noch keine zehn Minuten gegangen, als sie plötzlich in das Licht der Sonne heraustraten, das von einer weiten Wasserfläche zurückstrahlte.

      Ein Ausruf der Ueberraschung entfuhr Wildtöter beim Anblick des großen Gewässers, das er zum erstenmal sah. Es war ein herrliches Bild! Still und durchsichtig, wie ein Kristall, der von Hügeln und Wäldern köstlich eingefaßt wurde, lag der See. Er mochte wohl drei Meilen lang sein, die Breite war unregelmäßig, da die Linie der bergigen Ufer durch viele Buchten und Landzungen unterbrochen wurde. Am nördlichen Ende erhob sich einsam ein Berg.

      Eine feierliche Stille und tiefster Friede lag über der ganzen Landschaft. Wohin der Blick sich auch wendete, nichts als die spiegelglatte Fläche des Sees, der seines Glanzes wegen den Namen Glimmersee erhalten hatte.

      Wildtöter konnte sich nicht sattsehen an diesem Stück unberührter Natur, mit großen Augen schaute er nach rechts und links, nach Norden und Süden, und fand immer wieder neue Bilder, die sein Entzücken hervorriefen. »Aber halt – was ist das?« rief er nach einer Weile Hurry zu, »das ist für eine Insel zu klein und für ein Boot zu groß! Was steht dort vor uns, mitten im Wasser?«

      »Das ist die Wasserburg Tom Hutters, die von den Herren aus den Forts auch die Biberburg genannt wird. Dies ist sein festes Haus. Das andere schwimmt irgendwo im Wasser, und ist unter dem Namen Arche bekannt. In einer Viertelstunde bringt uns das Kanu hinüber.«

      Wildtöter half beim Zurichten des Bootes, und in kurzer Zeit schwamm es auf dem Wasser. Mit schnellen Ruderschlägen glitten sie über die spiegelglatte Fläche des Sees hin, der eigenartigen Biberburg entgegen. »Bei den Kämpfen mit den Indianern hier am See ist der alte Tom Hutter dreimal ausgeräuchert worden, und bei einem Gefecht verlor er seinen einzigen Sohn,« erzählte Hurry. »Seit der Zeit hat er sich aufs Wasser gemacht. Da kann ihn keiner angreifen, außer mit Booten. Und das kann den Rothäuten teuer zu stehen kommen, denn Hutter ist mit Waffen und Munition gut versorgt.«

      Der geheimnisvolle Mokassin

      Das Kanu war dem Kastell immer näher gekommen, und Wildtöter sah, daß das aus dicken Fichtenstämmen errichtete Gebäude viel besseren Schutz bot als die üblichen Blockhäuser. Es stand auf dicken Pfählen mitten im Wasser auf einer Sandbank.

      »Habe mirs schon gedacht,« rief Hurry aus, als sie das Boot festmachten und ausstiegen, »keine Menschenseele zu Hause. Wahrscheinlich ist die ganze Familie auf Biberfang.«

      Während sich Hurry mit den auf der Plattform ausgelegten Angelgeräten und Fallen beschäftigte, trieb Wildtöter die Neugierde ins Haus, das äußerlich von dicken rohen Fichtenstämmen gezimmert, im Innern recht behaglich eingerichtet war und von Sauberkeit glänzte. Neben groben Geräten, wie sie in Blockhäusern üblich sind, sah er auch manche feinen Einrichtungsgegenstände, die sich aus einem besseren Haus hierher verirrt haben mußten. Hinter einem großen Gemach, das als Stube und Küche zu dienen schien, lag die Kammer der beiden Mädchen.

      »Tom Hutter versucht sich im Fallenstellen!« rief Hurry Wildtöter zu, als dieser

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