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war es dann zu ihm gekommen? Wieso wollte es, dass der Junge aufsaß? Es ergab keinen Sinn und selbst als er sich noch einmal umsah, konnte er keinen anderen Menschen ausmachen. Der Friese schien wirklich wild zu sein.

      Langsam trat Cido an die Seite des Tieres und legte seine Hände auf dessen Rücken, dennoch zögerte er und wurde somit prompt erneut angestupst. Dieses Mal wirkte es, als würde das Tier ihn am liebsten selber auf seinen Rücken heben, doch dies war ihm nicht möglich.

      Ein Seufzer stahl sich über die Lippen des Jungen, bevor er sich mit ein wenig Kraftaufwand auf den Rücken des Tieres schwang. Er rückte sich zurecht und spürte die Atmung zwischen seinen Schenkeln. Ruhig strich er über das weiche Fell und versuchte ein Gefühl zu bekommen, bevor er sich in dem untersten Teil der Mähne festhielt.

      „Aber sei vorsichtig. Ich bin kein guter Reiter“, warnte er das Tier, als dieses schon davon schritt und sofort in einen leichten Trab wechselte. Cido schrie erschrocken auf und klammerte sich panisch fester in die Mähne des Tieres, wobei er seine Beine so gut es ging an den Körper unter sich presste, damit er nicht fiel. Er brauchte all seine Konzentration, um nicht zu stürzen. Doch der Friese störte sich nicht daran, denn er trabte unbeirrt weiter. Denselben Weg, den auch der Kämpfer nach seinem Mord an Sebastian gegangen war…

      2

      Der weiße Umhang flatterte leicht im Wind und presste sich an die muskulösen Beine, die sich schleppend vorwärts bewegten. Das schulterlange blonde Haar verdeckte hin und wieder die traurigen Augen, deren Blick auf den Boden gehaftet war.

      „Was hab ich nur getan?“ Seine Hände zitterten, während das Schwert an seiner Hüfte immer mal wieder gegen seinen Unterschenkel schlug. Der Bogen lag um seine Schulter, genauso wie der Köcher voller Pfeile. Sie sollten ihm den Sieg gegen das Monster bringen.

      Doch jetzt war es nicht das Blut des Wolfes, das seinen Anzug rot färbte, sondern das des Jungen. Wieso war er plötzlich in seinem Weg gewesen? Warum wollte er diese Bestie nur beschützen? Hätte er nicht einfach stumm zusehen können? Das hätte alles um so vieles einfacher gemacht. Aber einfach war sein Leben noch nie gewesen.

      Im nächsten Moment hörte er, wie sich ein Pferd näherte, wodurch er sich irritiert nach hinten umwandte. Gegen die aufgehende Sonne erkannte er nichts außer den Schatten eines Reiters auf dem Rücken des Tieres. Wer kam ihm dort nach? In dieser Richtung lag doch nur das Dorf und daraus war schon lange kein Mensch mehr gekommen. Wo kam der Fremde nun also her? Vor allem, wenn er aus dem Dorf kam, woher hatte er dann das Pferd? Hatte die Bestie nicht alle Tiere verschlungen? Das ergab für ihn alles keinen Sinn.

      Trotz der verwirrenden Umstände kam dem Jungen diese Ablenkung gerade recht. Dann musste er nicht mehr an die blutüberströmte Leiche denken, wodurch er schließlich darauf wartete, dass sich das Tier näherte und bald erkannte er ein schwarzes Pferd mit einem braunhaarigen Reiter, der nur wenige Schritte von ihm entfernt anhielt und von dem Tier sprang. Zornig und mit großen Schritten eilte er auf ihn zu, was den Blondschopf ein wenig irritierte.

      „Hab ich dich endlich gefunden, du Schwein!“ Der Kämpfer wusste gar nicht, wie es um ihn geschah, als der Neuling auf ihn losging und ihn schubste. Immer wieder schlug er gegen seinen Brustkorb und trieb ihn so nach hinten.

      „Wer bist du? Kennen wir uns irgendwoher?“ Der Blondschopf wusste nicht, wie es um ihn geschah, als ihn dieser Junge plötzlich so anfuhr, wobei dieser gar nicht aufhörte zu wüten: „Mein Name ist Cido Hiwatari und wir kennen uns nicht wirklich. Ich habe aber deinen Kampf gegen das Monster gesehen…“

      „Ach, so ist das. Das ging ja schnell. Ich hab dich gar nicht gesehen. Dennoch tut es mir Leid. Ich wollte den Jungen nicht töten, sondern eigentlich retten“, huschte es leise über die Lippen des Kämpfers. Dass er damit Cido unterbrochen hatte, ließ diesen einen Moment lang empört die Luft anhalten, bevor er dann wieder aufbrauste: „Das ist mir egal! Tatsache ist, dass du Sebastian getötet hast und ich Kevin versprochen habe ihn zu rächen! Also, mach dich bereit zu sterben!“

      „Nein… ich will nicht sterben und ich wollte auch nicht, dass der Junge von meiner Klinge getroffen wurde. Warum hat er sich dazwischen gestellt?! Er hätte mich doch einfach nur meinen Job machen lassen können. Aber nein! Er mischte sich ein und starb an einem Schwerthieb, der nicht für einen Menschen gedacht war“, versuchte er sich zu erklären, doch Cido winkte nur ab: „Ja, ja. Das sagen sie alle. Du hättest den Angriff bestimmt noch abbrechen können. Aber du wolltest einfach nicht, weil es dir egal ist, wen du tötest und wen nicht. Hauptsache deine Klinge wird von Blut benetzt. Ich kenne Menschen wie dich und ich muss sagen, diese Bekanntschaften sind nicht wirklich die Besten gewesen.“

      „Ich wollte das nicht“, seufzte der Blonde, wobei er sich dann langsam abwandte und davon schritt. Mit diesem Menschen konnte man nicht diskutieren und kämpfen wollte er gerade nicht. Er wollte nicht noch mehr unschuldiges Blut auf seiner Klinge haben und daher beendete er dieses Aufeinandertreffen nun.

      „Hey! Jetzt warte doch! Bleib stehen, wenn ich dir die Leviten lese und mich seelisch darauf vorbereite dich umzubringen!“, brüllte ihm Cido nach, wodurch der Kämpfer noch einmal stehen blieb und sich zu dem Jungen umdrehte.

      Ein trauriges Lächeln umspielte die Lippen des weiß Gekleideten. „Meine Name ist Xenio Achmaras. Vielleicht sieht man sich eines Tages wieder, Cido Hiwatari.“

      Cido begriff es nicht, als der Kämpfer schon davonging und ihn hier zurückließ. Bestürzt sah er diesem hinterher und verstand gar nicht, was das zu bedeuten hatte.

      Plötzlich wurde er von etwas Warmen in die Seite gestupst und er sah in das Gesicht des Friesen, wobei er kurz lächelte und der Stute über die Nüstern strich. „Was soll ich tun? Kann ich ihn wirklich töten? Aber ich habe es Kevin doch versprochen. Ich kann mein Wort ja nicht einfach so brechen. Das bin ich ihm schuldig.“

      Das Pferd schnaubte und scharrte dann mit den Hufen, wobei es erneut den Jungen anstupste und mit den Kopf auf seinen eigenen Rücken zeigte. Scheinbar sollte er wieder aufsteigen. Ob das Tier einen Plan hatte? Wie dieser dann wohl aussah? Waren Pferde wirklich so intelligent? Cido schüttelte die Gedanken ab und lächelte kurz, um sich selbst zu beruhigen.

      „Ja, du hast Recht. Ich sollte es zumindest versuchen. Und wenn ich sterbe, dann hab ich es zumindest probiert“, seufzte Cido und trat dann an die Seite des Tieres, um sich auf dessen Rücken zu schwingen. Dieses Mal ging es schon um einiges leichter als davor. Er schien ein Naturtalent zu sein.

      „Also, los Norija! Ihm hinterher! Wir haben noch ein Hühnchen mit ihm zu rupfen.“ Er trieb das Pferd an, das sogleich den von Xenio beschrittenen Weg einschlug, doch als er nach einer Weile dachte, dass er den Kämpfer eigentlich schon längst eingeholt haben müsste, stoppte er das Tier kurz. „Wo? Wo ist er? Das kann doch nicht sein. Er kann ja nicht schneller als wir sein. Haben wir irgendeine Abzweigung verpasst?“

      Er sah sich um, doch es gab nur diesen einen Weg und jetzt in der Wildnis zu suchen, wäre mehr als nur fragwürdig, wodurch er Norija einfach weiter den Weg entlang reiten ließ. Vielleicht würde er ja in der nächsten Stadt fündig werden. Zumindest würde er dort mal auf den Kämpfer warten. Irgendwann musste dieser ja auch dort ankommen und dann wäre er fällig…

      „Er sucht mich immer noch?“ Xenio konnte seinen Augen nicht trauen, als er den Jungen an sich vorbei reiten sah. Er hatte eine kurze Pause unter dem Schatten eines Baumes gemacht, wobei er gerade eine Scheibe Brot in der Hand hielt und ein Wasserschlauch auf seinem Bein lag.

      Ein Seufzer stahl sich über seine Lippen, als er über Cido nur den Kopf schüttelte. „Er kann mich doch niemals besiegen. Warum will er unbedingt sterben? Ich versteh das nicht. Aber wie es aussieht reitet er geradewegs auf mein Dorf zu. Wenn er dort auch eine Rast macht, dann werden wir uns wohl oder übel noch einmal begegnen. Er kann mich nicht töten. Das habe ich in seinen Augen gesehen. Dennoch eilt er mir nach. Was er sich davon wohl verspricht?“

      Er schob den letzten Bissen des Brotes in seinen Mund, als er dann schon aufstand und den Wasserschlauch wieder an seiner Hüfte befestigte, bevor er sich den Staub von der Kleidung klopfte.

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