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»Ein Furz bist du in meinen Augen! Ein Garnichts! Ein Dieb!!«

      »Ich lasse mir das nicht gefallen!« rief Erich. »Ich will ...«

      »Herr Chef! Herr Chef! Bitte, Sie wecken die Nachbarn!« bat der alte Futtermeister erschrocken.

      »Sehen Sie ihn sich an, Rabause!« rief der ehemalige Wachtmeister erbittert. »Der Herr Sohn verludert achtzig Mark in einer Nacht – und sagt noch, er hat ein Recht darauf! Stillgestanden, du, wenn dein Vater mit dir redet! Aber ich will dir zeigen, wer Herr ist in diesem Hause! Heute noch melde ich dich ab vom Gymnasium ...«

      »Das tust du nicht, Vater!«

      »Das tu ich. Ich schwöre dir, daß ich es tu, heute noch!«

      »Herr Chef, Herr Chef, beruhigen Sie sich, überlegen Sie doch! – Rede deinem Vater doch auch zu, Ottochen!«

      »Vater ...«

      »Vater!«

      »Jawohl, Vater! Jetzt kannst du Vater schreien, wo es zu spät ist! Aber es hat sich ausgevatert mit dir, Bürschchen, jetzt bin ich nur dein Herr – und ich werde dafür sorgen, daß du parieren lernst!«

      »Herr Chef ...«

      »Jawohl, Herr Chef, jetzt bin ich sein Chef! Marsch mit dir in den Stall, von heute an bist du Stallknecht, und ich schwöre dir, du sollst soviel auszumisten und zu putzen kriegen ...«

      »Das tue ich nie, Vater! Lieber laufe ich fort, ehe ich eine Mistgabel anrühre!«

      »Herr Chef, besinnen Sie sich doch, so ein heller Kopf ...«

      »Für was helle? Für Diebstahl! Nichts da, du gehst jetzt in den Stall, Erich!«

      »Ich gehe nicht in den Stall!«

      »Du gehst in den Stall!«

      »Nie!«

      »Du verweigerst deinem Vater den Gehorsam?«

       »Ich gehe nicht in den Stall, ich fasse nie eine Forke an!«

      »Erich! Treib es nicht zum Äußersten! Geh in den Stall, tu die Arbeit, gehorche – und wir wollen nach einem Jahr sehen ...«

      »Ein Jahr? Nicht eine Stunde, Vater, nicht eine Minute!!!«

      »Du tust es nicht?«

      »Nie!«

      Der Vater stand nachdenkend, fast ruhig.

      »Ottochen, red du dem Erich zu«, bat der alte Rabause. »Er soll vernünftig sein. Es wird ja nicht ein Jahr dauern müssen, dein Vater wird auch mit einem Monat zufrieden sein, mit einer Woche – er muß nur erst den guten Willen sehen.«

      »Erich ...«, bat Otto schwerfällig ...

      »Ach, sei du bloß still!« rief Erich böse. »Du Schlappschwanz – weil du immer gekrochen bist, ist Vater bloß so geworden!«

      »Komm!« sagte der Alte, der nichts gehört zu haben schien. »Komm!«

      Er legte dem Sohn die Hand um den Arm. »Los!«

      »Ich gehe nicht in den Stall!« widerstand der Sohn.

      »Komm!« sagte der Vater. Er zog den Sohn mit sich. Es ging wieder auf das Haus zu. »Bring mir die Kellerschlüssel, Otto!« rief der Vater.

      Otto lief.

      »Was ...?« fragte Erich verwirrt.

      »Komm!« sagte der Vater.

      Sie kamen zurück in das Haus, aber sie stiegen nicht die Treppe zu dem Obergeschoß empor, es ging in den Keller hinab.

      »So«, sagte der Vater und stieß eine Kellertür auf. »Hier bleibst du, bis du dich besonnen hast. Ich schwöre, ich lasse dich nicht eher raus, Erich, bis du dich gefügt hast.«

      »Hier ...?« fragte Erich ungläubig und sah in den schwarzen, dunklen, vergitterten Keller. »Du willst mich hier einsperren ...?«

       »Hier bleibst du so lange, bis du dich besonnen hast. Ich gebe nicht nach!«

      »Das tust du nicht, das darfst du nicht tun, Vater!«

      »Das tue ich! Gib den Schlüssel, Otto! Geh rein, Erich. – Oder willst du gehorchen und im Stall arbeiten?«

      »Vater!« bat der Sohn und hielt sich am Türrahmen fest. »Vater, höre doch, um Gottes willen, gib einmal nach! Ich bin vielleicht leichtsinnig gewesen, ich verspreche dir, ich will mich ändern ...«

      »Gut, ändere dich, geh in den Stall!«

      »Nie!«

      »Also rein mit dir!«

      Mit einem Ruck schob der Vater den Sohn in den Keller, die Tür schlug zu. Von innen warf sich der Sohn dagegen. »Vater! Vater ...!«

      Der Vater schloß ab.

      Fäuste trommelten von innen. Eine beinahe unkenntliche Stimme schrie: »Tyrann! Schinder! Henker!«

      »Komm füttern, Otto«, sagte der Vater und ging.

      »Du bist zu hart, Vater«, flüsterte Otto.

      »Wie?!« rief der Vater und blieb stehen. (Der im Keller Eingesperrte schrie weiter.) »Wie?! Und ist er etwa nicht hart zu mir!« Er sah den Sohn streng an. »Tut es mir nicht weh? Komm füttern, Otto!«

      Der Vater stieg vor dem Sohn Otto die Kellertreppe hinauf, wie ein sehr alter Mann.

      »Jaja«, murmelte er. »Nun helfe uns allen Gott!«

      Als er aber auf den Hof trat, wurde seine Haltung straffer. Fast im alten befehlenden Ton rief er zu den Frauen im Fenster hinauf: »Habt ihr nichts zu tun? Macht, daß ihr an eure Arbeit kommt!«

      Gleich verschwanden die Gesichter. Hackendahl trat in den Stall. »Alles in Ordnung, Rabause?«

       »Im Stall ist alles in Ordnung, Chef«, antwortete Rabause. Aber das war auch die einzige Andeutung, die er auf die Geschehnisse eben zu machen wagte.

      In der nächsten Stunde gab es viel zu tun: Eilige, stumme Arbeiterei, um halb sieben mußten die Pferde zur Tagestour bereit sein.

      Aber doch fand Otto immer wieder einen Augenblick Zeit, unter die Stalltür zu treten, nach dem Keller zu lauschen. Er hörte nichts – aber das sagte noch nicht, daß der Bruder sich gefügt hatte. Die Aussichten auf ein Fügen des Bruders schienen gering – fast so gering wie die Aussicht auf ein Nachgeben des Vaters. Schwer seufzend machte sich Otto wieder an seine Arbeit. Er merkte, auch der Futtermeister Rabause sah öfter als sonst aus der Stalltür – nur der Vater tat, als sei nichts gewesen.

      Erst als die Nachtdroschken hereinkamen, ging der alte Hackendahl aus dem Stall. Wie immer sprach er mit jedem Kutscher, sah selbst die Taxuhr nach, berechnete die Gelder, kassierte und trug ein in sein Buch. In der vergangenen Nacht war das Geschäft ungewöhnlich gut gewesen, die Droschken hatten fast gar nicht an den Halteplätzen zu warten gehabt. Hackendahl kassierte viel Geld, er belebte sich etwas, es war nicht alles hoffnungslos, das Geschäft ging.

      Er rief Rabause zu, daß die Pferde von den Nachtdroschken eine Extraration Hafer bekommen sollten. Dann fragte er den Kutscher: »Und wo bist du hingefahren, Willem?«

      »Es war ja ville los in der Stadt«, sagte der Kutscher. »Die Leute sind mächtig uffjeregt wejen die Ermordung von dem Erzherzog. Dreimal habe ich bei Scherl jemußt, wo die Telegramme anjeschlagen sind. Den Mörder haben se ja fest, Herr Hackendahl, es is ein Studente, seinen Namen hab ich aber nich behalten. Er hat gleich Jift geschluckt, aber er hat's wieder rausgekotzt ...«

      »Ein Student, so«, sagte der eiserne Gustav. »Und wegen so was schlagen sich die Leute die Nacht um die Ohren. Den Hintern blutig gehauen, das gehört so einem, Hinrichtung geht viel zu schnell, erst muß der mal Schmerzen

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