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Mir ist bewusst, dass sie darauf wartet, dass ich noch mehr sage, doch das mache ich nicht. Stattdessen gehe ich ein paar Schritte näher. Jedoch achte ich darauf, dass ich kein Geräusch mache, was mich verrät. Als ich die Treppe erreiche, schaue ich vorsichtig nach oben.

       Zuerst kann ich nichts erkennen. Alles scheint ruhig zu sein und das Licht oben ist aus. In der nächsten Sekunde rennt eine schwarz gekleidete Person nach unten. Wobei das noch untertrieben ist. Er stürmt eher nach unten.

       Da ich der Person im Weg stehe, muss ich einen Satz nach hinten machen, damit sie mich nicht über den Haufen rennt. Dabei stoße ich gegen die Wand. Auch wenn ich nach etwas suche, an dem ich mich festhalten kann, versuche ich einen Blick in sein Gesicht zu erhaschen, als er an mir vorbeirennt.

       Die Person, wer auch immer sie ist, hat die Kapuze seines Pullovers so tief in sein Gesicht gezogen, dass ich nicht einmal das Kinn erkennen kann.

       Er ist so schnell aus dem Haus verschwunden, dass ich keine Chance mehr habe, noch etwas von mir zu geben. Ich wüsste auch gar nicht, was ich von mir geben sollte.

      Mit offenem Mund bleibe ich an Ort und Stelle stehen und schaue ihm nach. Die Tür steht weit offen und mein Verstand sagt mir, dass ich sofort meinem Dad Bescheid geben muss. Ich bin nicht in der Lage, mich zu bewegen. Ich bin gerade ja kaum in der Lage vernünftig zu atmen.

       „Harley!“, höre ich meine Freundin laut rufen, noch bevor ich wieder zu mir gekommen bin. „Ist alles in Ordnung?“

       Ich erkenne den besorgten Unterton in ihrer Stimme und am liebsten würde ich ihr zu verstehen geben, dass es mir gut geht. Doch der Schreck sitzt so tief, dass ich nicht in der Lage bin, ein Wort von mir zu geben.

       Deswegen nicke ich nur und hoffe, dass es ihr reicht, während ich nach immer auf die Tür starre.

       „Ich hole deinen Vater“, murmelt sie, nachdem sie mich noch einige Sekunden betrachtet hat. Doch nachdem sie ausgesprochen hat, macht sie noch immer keine Anstalten zu verschwinden.

       „Mach das“, sage ich also, nachdem ich mich geräuspert habe.

       „Bist du dir sicher, dass ich dich kurz alleine lassen kann?“ Noch immer sieht sie mich besorgt an.

       „Ja, geh schon. Der Typ ist ja weg und ich komme schon klar. Ich kann mir nicht vorstellen, dass er erneut hier auftaucht.“

       „Okay“, sagt sie, macht aber nicht den Anschein auf mich, als wäre sie wirklich davon überzeugt. Ich wende mich ihr kurz zu und mache ihr so klar, dass ich auch ein paar Minuten alleine klarkomme.

       Zögerlich entfernt sie sich ein Stück, bevor sie sich umdreht und den Weg, den wir vorhin hineingekommen sind, wieder hinausrennt. Kaum ist sie verschwunden schließe ich die Augen und lasse die Luft entweichen, die ich unbewusst angehalten habe. Gleichzeitig sinke ich gegen die Wand und schaue nach oben. Ich habe keine Ahnung, was mich dort erwartet. Doch ich will nur noch, dass der Tag vorbei ist. Denn die Einladung zum Probearbeiten war das einzig Gute, was mir heute passiert ist.

       Zweimal in nur wenigen Stunden, denke ich zähneknirschend. Und alleine das reicht schon aus, dass ich sauer werde. Mir ist klar, dass ich öfters von einem Chaos ins Nächste stürze. Das ist nichts Neues für mich. Aber das ist selbst mir noch nie passiert und eigentlich habe ich auch nie daran gedacht. Und auch jetzt kommt es mir noch immer vor, als würde ich träumen. Mein wild schlagendes Herz beweist mir, dass es wirklich passiert ist. Egal ob es mir gefällt oder nicht.

      5

       „Harley?“, höre ich die laute und aufgebrachte Stimme meines Vaters aus dem Wohnzimmer nach mir rufen.

       Ich bleibe auf der obersten Treppenstufe noch stehen und betrachte das Chaos, dass der Einbrecher hinterlassen hat. Türen stehen offen, die Schubladen der Schränke, die sich im Flur befinden, sind aufgerissen und der Inhalt wurde überall auf dem Boden verteilt. Sogar die Bilderrahmen liegen auf dem Boden. Ich bin zwar noch nicht von der obersten Treppenstufe weggekommen und habe deswegen zwar noch nicht in die Zimmer kontrollieren können, allerdings bin ich mir sicher, dass es da genauso aussieht.

       „Hier bin ich.“ Ich versuche so normal wie möglich zu klingen. Die Wut hat mich mittlerweile fest im Griff und die konnte ich in der Vergangenheit auch schon nur schwer für mich behalten.

       Es dauert, doch schließlich höre ich Schritte hinter mir auf der Treppe. Ich brauche nicht nachzuschauen, um zu wissen, dass es mein Vater ist, der da hinter mir stehen bleibt. Zum einen gibt es sonst keinen, der hier auftauchen sollte und zum anderen schlurft er immer über den Boden, sodass man ihn daran sofort erkennen kann.

       „Oh Mann“, seufzt er, nachdem er stehen geblieben ist. Aus dem Augenwinkel sehe ich, wie er sich über den Nacken fährt und verzieht das Gesicht, als würde er Kopfschmerzen bekommen. Nach den letzten Stunden kann ich das Gefühl aber sehr gut nachvollziehen. Mir geht es nicht anders.

       „Ich glaube, heute ist nicht unser Tag“, erkläre ich und sehe ihn kurz an, bevor ich mich wieder dem Chaos zuwende.

       „Ich bin nur froh, dass euch nichts passiert ist.“ Mit diesen Worten umarmt er mich kurz und lächelt mich an. „Geh am besten zu den anderen und lasst euch den Abend nicht versauen. Ich rufe die Kollegen an. Sobald wir eure Aussagen brauchen, werde ich dich holen.“ Er macht einen Schritt zur Seite, sodass ich nach unten gehen kann.

       Ohne ein weiteres Wort von mir zu geben, verschwinde ich. Ich bin so in meine Gedanken vertieft, dass ich mit Katie zusammenstoße, als ich das Wohnzimmer durchquere.

       „Kannst du mir vielleicht mal erklären, was zurzeit los ist bei dir? Erst wird der Wagen aufgebrochen, mit dem du unterwegs bist und wenige Stunden später wird bei euch eingebrochen? Soviel Action bin ich von dir nicht gewohnt.“

       Mir ist klar, dass sie gerne eine Antwort auf die Fragen haben will. Aber ehrlich gesagt würde ich die auch gerne wissen. Ich kann mir nicht vorstellen, dass es mit mir zu tun hat. Schließlich bin ich erst seit einem Tag in der Stadt. Und da werde ich wohl kaum genügend Zeit gehabt haben, um mich mit einem Kriminellen anzulegen.

       Das kann ich also ausschließen.

       „Ich weiß es nicht“, sage ich deswegen und zucke mit den Schultern.

       Sie sieht mich so an, als würde sie mir kein Wort glauben. Doch es ist die Wahrheit. Und da es nichts mit mir zu tun haben kann, gehe ich davon aus, dass es um meinen Dad. Schließlich ist er Polizist und Monica hat ja selber gesagt, dass er zurzeit viel arbeitet.

       „Ich weiß nicht, was hier los ist. Also entweder hat es mit der Arbeit meines Vaters zu tun oder es ist einfach nur ein Zufall“, erwidere ich.

       „Zufall?“ Mit hochgezogenen Augenbrauen betrachtet sie mich. „Du glaubst doch wohl selber nicht, dass man das noch als Zufall bezeichnen kann. Wäre beides an verschiedenen Tagen passiert, hätte ich es vielleicht als Zufall bezeichnet. Aber nicht so“, stellt sie fest, während sie mir hinausfolgt.

       Seufzend bleibe ich stehen und drehe mich in ihre Richtung.

       „Selbst wenn es kein Zufall ist, ist es sicherlich nicht meine Aufgabe herauszufinden, was dahinter steckt oder wer. Das ist die der Polizei. Ich muss mich um ein paar andere Dinge kümmern, unter anderem einen Job zu bekommen. Und mit alldem habe ich schon mehr als genug zu tun.“

       „Du bist nicht neugierig?“

       „Ich gebe zu, dass ich schon ein wenig neugierig bin. Ich bin schließlich die Tochter eines Polizisten und habe auch seine Gene abbekommen. Aber das ändert nichts daran, dass ich nicht einmal wüsste, wo ich überhaupt anfangen soll. Und da ich Fettnäpfchen nur so anziehe, ist es das Beste, wenn ich mich raushalte.“

       Kurz bleibe ich noch so stehen und schaue sie an. Ich sehe ihr an, dass sie noch etwas erwidern will. Doch ich bin froh darüber, dass sie genau das nicht macht. Bevor sie es sich noch anders überlegen kann, drehe ich mich um und gehe wieder auf die Party.

       Wenn man mal davon absieht, dass ich noch

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