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ist wahrlich wunderschön, beinahe zu schön, für diese Welt! Was macht eine solche Schönheit wie du, in so einer heruntergekommenen Absteige? Wie kommst du hier her und woher stammst du? Du sprichst beinahe Akzentfrei unsere Sprache aber dein Aussehen ist eher orientalisch anmutend.“

      Amanoue hielt mit seiner Waschung inne und erhob sich. „Ich komme von Nirgendwo her und bin nur sufällig hier gelandet“, antwortete er achselzuckend und warf den Lappen auf den kleinen Tisch.

      „Dann bist du einer vom fahrenden Volk?“, fragte Rafael erstaunt und Amanoue sah ihn nachdenklich an.

      „Ihr meint, ob isch eine Sigeuner bin? Ja, vielleischd, bin auch ich eine von diese heimatlose Vertriebene und nur eine Staubkorn, die die Wind aus einer Laune heraus hierher geweht `at, hat“, sinnierte Amanoue versonnen. „Ich habe keine Heimat, sumindest nischd mehr“, meinte er dann bestimmt und Rafael nickte verstehend.

      „Es ist mir auch gleich, woher du kommst. Alles was für mich zählt ist dein überaus hübsches Aussehen! Dein wundervoll vollkommener Körper und dein engelhaftes Gesicht sind viel zu schade, um sich hier zu verstecken! Lass mich dich malen und alle Welt Anteil an deiner Schönheit haben lassen! Was sagst du?“, rief er begeistert aus und Amanoue schnaufte grübelnd durch.

      „Habt Ihr eine Badewanne?“, fragte er, der Maler nahm stutzend den Kopf zurück und nickte. „Gut! Wenn ich vorher ein ausgiebiges Bad nehmen kann, komme ich mit Euch!“, schlug Amanoue ein und schlüpfte in sein Hemd.

      Und so stand er am darauffolgenden Morgen pünktlich in dem Künstleratelier. Während ein Diener das Bad für ihn vorbereitete, sah er sich in dem großzügigen Raum um. Er betrachtete eingehend die Werke und blieb schließlich vor dem unfertigen Triptychon stehen. Der linke Engel war bereits vollendet, ein schöner geflügelter Mann, blond und blauäugig, in goldener Rüstung und einem leuchtenden erhobenen Schwert, blickte ermahnend auf ihn herab. Zu dessen Füßen wanden sich wie in unsäglicher Pein allerlei kriechendes Getier, Schlangen und seltsame Fabeltiere mit hässlichen Fratzen schienen sich selbst zu fressen und auch nackte Menschen streckten mit greinenden Gesichtern flehend die Hände nach dem himmlischen Wesen aus, um dem lodernden Höllenfeuer unter ihnen zu entkommen.

      Das Bild in der Mitte war hingegen voller Trost für den Betrachter. Die Madonna, eingehüllt in einem hellblauen Mantel, hielt ihr süßes Kindlein beschützend in ihren Händen und obwohl sie noch kein Antlitz besaß, strahlte das Werk jetzt schon so viel mütterliche Fürsorge aus, dass Amanoue unwillkürlich leicht lächelte.

      „Gefällt es dir?“, fragte Rafael und Amanoue drehte sich zu ihm um.

      „Es ist riesig!“, entkam es ihm überwältigt nickend.

      „Mehr hast du dazu nicht zu sagen?“, meinte der Künstler lachend und nickte ebenfalls. „Es muss ja auch so groß sein, immerhin soll es ja den neuen Altarraum schmücken, den die Königsfamilie aus Dankbarkeit gestiftet hat!“

      „Wofür sollte es doch gleich wieder sein?“, fragte Amanoue stirnrunzelnd.

      „Als Dank, dass unserem König ein Thronerbe geschenkt wurde! Das Königspaar hat für die Taufe des Kronprinzen eine neue Ausschmückung ihres Altarraumes gespendet“, antwortete Rafael erklärend und Amanoues Miene wurde immer stutziger.

      „Was für eine Thronerbe? Ist die Kind nischd gestorben?“, fragte er verdutzt nach und Rafael schüttelte erstaunt den Kopf.

      „Nein, wie kommst du darauf? Ah“, meinte er dann allerdings erkennend, „du verwechselst da sicher etwas! Das Kind des Herzogspaares, Wilhelms und Hildegundes Sohn verstarb leider im letzten Jahr ganz plötzlich! Das Königshaus war voller Trauer darüber und deshalb hatte seine Majestät auch alle Festlichkeiten absagen lassen, aus Respekt und tiefem Mitgefühl für seinen geliebten Bruder“, erklärte er. „Zu Ostern soll nun aber die Taufe des kleinen Heinrichs stattfinden und die Königin ist so froh über dessen Geburt, dass sie sich sogar für eine Weile aus Dankbarkeit in ein Kloster zurückzuziehen gedenkt, um Gott zu preisen und zu dienen“, sagte er tief beeindruckt, was bei Amanoues nur zu noch mehr Verwirrung führte.

      „Die kleine `einrisch? Isch glaube, isch verstehe hier wirklisch nischds mehr“, nuschelte er nur und winkte gleich wieder ab. „Na egal, isch, ich, finde es jedenfalls sehr schön und puh, auch eine wenig beeindruckend“, er drehte sich wieder zum Bild um und deutete auf den Engel. „Wie der einen ansieht, da könnte man eschd sofort eine schlechte Gewissen kriegen“, meinte er, instinktiv den Kopf einziehend. „Auf alle Fälle, habt Ihr damit aber die Geschmack von seine Majestät su hundert Prosent getroffen! Isch kenne da nämlich jemanden, der sieht dem da verdammt ähnlisch“, rutschte es ihm, dabei an Satory denkend, heraus. „Da stand Euch nischd sufällig eine gewisse Hauptmann Satorius Modell?“

      Rafael blinzelt erst einmal irritiert. „Nun, ja, also ich muss gestehen, dass ich mich in der Tat von einem Hauptmann der Königsgarde habe inspirieren lassen, den ich kürzlich bei einer Audienz sah. Allerdings malte ich es aus dem Gedächtnis heraus, äh, woher kennst du ihn?“, fragte er durcheinander.

      Amanoue zuckte nur die Achseln. „Sagen wir, ich kenne ihn einfach, ja? Und belassen es dabei“, erwiderte er, was einen erahnenden Ausdruck in Rafaels Mimik brachte. Ein regelrechts „Aaah!“, stand unausgesprochen in seinem Gesicht geschrieben und er nickte wohlweißlich. „Tja, und ich soll dann also die andere Engel werden?“, fragte Amanoue fast amüsiert nach und musste unweigerlich den Kopf darüber schütteln.

      „Ja, genauso ist es!“, antwortete Rafael entschlossen.

      „Warum hat die Jungfrau noch keine Gesicht?“, wollte Amanoue grübelnd wissen und Rafael seufzte hinter ihm auf.

      „Ich habe ehrlich gesagt noch kein wirklich, wie soll ich es nennen, würdiges Antlitz dafür gefunden“, gab er ehrlich zu und räusperte sich leise. Amanoues Augenbrauen schnellten nach oben und er sah sich augenblicklich zu dem Künstler um. „Dein Gesicht, wäre wie erschaffen dafür“, meinte der beinahe entschuldigend und jetzt hätte Amanoue wirklich am liebsten gelacht. „Natürlich werde ich es leicht abwandeln, ihm noch weiblichere Züge verleihen, mütterliche, verstehst du?“

      Amanoue musste sich abwenden und nickte nur. `Na, wenn IHN das mal nicht umhaut, Satory links, ich rechts und in der Mitte die heilige Jungfrau mit meinem Gesicht´, dachte er zynisch. Allerdings konnte er sich auch ein kleines Grinsen bei dem Gedanken daran nicht länger verkneifen und er musste sich eingestehen, dass er auch ein paar kleine, süße Rachegelüste dabei verspürte. „Seid Ihr Euch da wirklich sicher?“, fragte er dennoch sehr skeptisch und schlenderte zurück in die Wohnräume des Ateliers.

      „Ja, selbstverständlich! Sonst wärst du ja nicht hier und umso länger ich dich betrachte, je sicherer werde ich mir“, antwortete Rafael, der ihm gefolgt war.

      Amanoue zog sich aus und stieg in die Wanne. „Aah, das tut gut“, seufzte er, als er in das heiße Wasser glitt und erschauderte dabei wohlig, da sich in den letzten Wochen mittlerweile ein unangenehm juckender Schweiß und Fettfilm auf seiner Haut gebildet hatte. „Endlisch wieder eine Bad!“

      „Warum suchst du nicht das öffentliche Bad auf? Es ist an mehreren Tagen im Monat auch für das gemeine Volk zugänglich und sogar umsonst“, meinte Rafael und setzte sich auf einen Hocker.

      „Wirklisch? Das wusste ich gar nischd, aber, hm, nein! Lieber nischd, die ledsde Besuch dort hat mir gereischd“, erwiderte Amanoue nachdenklich murmelnd. „Tja, um nochmal auf vorhin surücksukommen, gut, ich willige ein, Ihr dürft mich malen! Aber ich lege alle Verantwortung in Eure Hände, es ist allein Eure Entscheidung“, sagte er, beide Hände abwehrend hebend.

      „Ja, sicher doch! Ich verstehe deinen Einwand nicht ganz, was meinst du damit?“, hakte Rafael sofort erstaunt nach.

      „Naja“, raunte Amanoue, seine Fingernägel kritisch betrachtend, „es könnte ja auch sein, dass Euer Gemälde ein klein wenig su viel Aufsehen erregen wird, aber isch wasche meine Hände in Unschuld“, antwortete er mit einem diabolischen Lächeln auf den zauberhaften Lippen und tauchte vollends unter.

      „Das hoffe ich doch, dass es Aufsehen

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