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sie konnte das nur wissen, weil sie sich zur Zeit des Verbrechens zusammen mit ihren Mann in der Burg von Rouen aufgehalten hatte. Als sie dieses öffentlich machte, wurde sie mit ihren Sohn in Dorfe Castel eingekerkert und auf Johanns Befehl verhungern sollte. Als man die Leichen von ihnen fand, lag Maud auf ihren Sohn und hat ein Teil seines Gesichts gegessen. Er war wahrscheinlich zuerst gestorben und sie versuchte zu überleben, indem sie ihren eigenen Sohn verzehrte. Welsch grausames Ende für Mutter und Sohn und an allen war der böse König Johann schuld.

      Das war ein großer Schock für ganz England. Ihr Mann William floh nach Frankreich, wo er vermutlich ein Papier zum Tod Arthurs verfasste, von dem jedoch kein Exemplar gefunden wurde. Die harte Behandlung seines einstigen Günstlings durch den König und das grausame Schicksal seiner Familie zeigte dem anglonormannischen Adel, das niemand vor der Tyrannei des Königs sicher sein konnte. Braoses Fall trug entscheidend dazu bei, dass der Adel vollends das Vertrauen in den König verlor, sich gegen ihn zusammenschloss und ihm schließlich 1215 die Anerkennung der Magna Carta abrang.

      Doch auch wenn Johann den Mord an Frauen, Männern und Kinder in Auftrag gab, wäre er tatsächlich selbst zu einem Mord fähig gewesen, vor allem, wenn das Opfer sein eigener Neffe war? Arthur war ein gut gebauter und trainierter 15jähriger. Johann war mittleren Alters. Es ist recht schwierig, jemanden totzuschlagen. Arthur wäre bestimmt nicht auf der Stelle gestorben. Es ist nicht unmöglich, dass Johann seinen Neffen angegriffen hat, sein psychologischer Hintergrund und sein gewalttätiges Wesen legen dies nah. Allerdings würde ein schlauer König die Drecksarbeit von einer anderen Person erledigen lassen und sich des Verbrechens nicht selbst schuldig machen. Trifft das Profil eines Mörders auf Johann zu?

      Er war schon immer von Gewalt umgeben. Man muss verstehen, welche Voraussetzungen jemand zu töten veranlassen. Es gibt dazu drei Faktoren: Die genetische Veranlagung du er muss eine psychologische Veranlagung mitbringen und dann ist noch der Faktor seiner Lebensumwelt, dem Milieu. Bei König Johann könnte man auf eine genetische Veranlagung schließen. Er stammt aus einer Familie, wo es große Gewaltbereitschaft zu geben schien. Das psychologische Instrument ist seine Paranoia. Er muss schon als Kind mit Brutalität konfrontiert wurden sein und wenn er in seiner Jugend mit Tötungstechniken vertraut gemacht worden ist, hat dies seine Veranlagung sicherlich noch unterstützt. Beim letzten Punkt, den des Lebensumfeldes, kann man die Ursache in seinen frühen Kindheitserfahrungen als Spross einer dysfunktionalen Familie erkennen. Es wäre nicht überraschend, wenn es in seinen jungen Jahren eine Trennung in der Familie gegeben hätte.

      Johann hat keine glückliche Kindheit. Er ist der jüngste Sohn von Heinrich II. und wird von seinen Vater mit dem Spitznamen „Johann Ohneland“ bedacht, weil er ihm kein Land vererben kann. Er wächst im Schatten seiner älteren Brüder auf, von denen er tyrannisiert wird. Der Vater traut dem Sohn keine Führungsqualitäten zu und schickt ihm hinweg, um ihn eine kirchliche Ausbildung zukommen zu lassen. In Königsfamilien wurden damals die Kinder auf diese Weise behandelt. Es gab viele Trennungen und so etwas könnte dazu beigetragen haben, ihm zum brutalen Mörder werden zu lassen. Überraschen würde es nicht, wenn er unter Alkoholeinfluss und Wutanfall einen Mord begehen würde. Nach seinen Charakterzügen wäre er des Mordes fähig gewesen.

      Das lässt nun folgende Schlussfolgerungen zu:

      Alle Experten sind sich einig, dass Arthur Opfer eines Verbrechens war. Allerdings sind die genauen Umstände seines Verschwindens seit Jahrhunderten strittig. Starb er an seinen Wunden, nachdem er geblendet und kastriert worden war? Hat Johanns rechte Hand, William de Braose ihn dafür bestraft, die englische Krone beansprucht zu haben oder hat der König im Rausch seinen Neffen kaltblütig erschlagen und die Leiche in die Seine geworfen? Lässt sich nach Prüfung aller Szenarien eine schlüssige Theorie zum Verschwinden von Arthur I. erstellen?

      Es waren brutale Zeiten und scheinbar war Johann mehr als bereit, seine Probleme durch einen Mord zu lösen. Der König befand sich in ständiger Lebensgefahr und es gab Gerüchte über Attentate. Vielleicht ist er Paranoid geworden und das hat die Rachegelüste des Königs angeheizt. Er hatte das Gefühl, dass die Leute seiner Gefolgschaft ihm töten wollten. Das wäre eine Erniedrigung gewesen. König Johann muss immer wieder mit Gewalt konfrontiert worden sein, weil er an vielen Kriegen und Schlachten teilgenommen hatte. Es ist also nicht abwegig, dass er seine Probleme auf diese Weise lösen wollte. Vielleicht wollte er den Leuten sagen, ich bin brutaler als ihr und ihr solltet Angst vor mir haben. Es ist nachvollziehbar, dass er auf Gerüchte zu Mordabsichten gegen ihn mit extremer Brutalität reagiert hat.

      William de Braose war ein brutaler Mann mit dunkler Vergangenheit. Es gibt wenig Zweifel daran, dass er etwas mit dem Verschwinden von Arthur zu tun hatte, doch hat er den Mord selbst begangen? Zweifellos hat er dabei eine Rolle gespielt. Oft er die Leiche dann selbst beseitigt hat, ist zu bezweifeln. So etwas machten dann normalerweise Personen von niederem Stand. Aber war mit Sicherheit an der politischen Entscheidung beteiligt, Arthur von der Bretagne zu beseitigen.

      Wenn König Johann tatsächlich für das Verschwinden von Arthur verantwortlich wäre, hätte er dann vor Gericht gestellt werden können? Damals herrschte der König nach göttlichem Recht. Er war für die Justiz unantastbar. Erst als König Karl I. enthauptet wurde, kam es den Leuten in den Sinn, auch ein König vor Gericht zu stellen. Johann hätte also keinen Prozess fürchten müssen, aber es hätten sich andere Konsequenzen für ihn ergeben können. Die Kirche war damals sehr mächtig. Aber wie hätte man den König dann zur Rechenschaft ziehen können?

      Johann war sicherlich der Hauptverantwortliche und so sah es auch der französische Hof. Es wurde spätestens bekannt, als William de Braose am französischen Hof in Exil lebte, dass Arthur tot war. Als man nun von Arthurs Tod erfuhr, war es nur noch eine Frage der Zeit, bis man es gegen Johann verwenden konnte und der Tod von Arthur belastete Johann bis ans Ende seiner Regentschaft. Im Jahr 1216 ist Philipps Sohn Ludwig in England eingefallen und verlangt, dass Johann vom französischen Gerichthof wegen Mordes an Arthur verurteilt wird. Ob er den Mord eigenhändig begangen hat oder nicht, ist irrrelevant. Er hat ihm als oberste Instanz des Regimes in Auftrag gegeben. Deshalb musste er auch die Verantwortung dafür tragen. Es gibt überhaupt keinen Zweifel daran, dass Johann der Schuldige ist.

      Arthur wurde ermordet. Darüber besteht unter allen Experten kein Zweifel. Es geschah in dunklen, gefährlichen Zeiten. Der Aufstieg und Fall eines Reiches hing von den Fähigkeiten eines Herrschers ab. Arthur, geboren am 13. April 1187, war ein junger Mann, der sich auf ein gefährliches Spiel einließ und dem möglicherweise die Konsequenzen einer Niederlage nicht bewusst waren. Eine grausame Geschichte, in der Blendung und Kastration zum Tod von Arthur geführt haben könnten. Doch diese Art der Bestrafung erscheint unnötig kompliziert. Es gibt einfachere Methoden, eine Person aus dem Weg zu räumen. Offensichtlich wurde dieses Gerücht erst einige Zeit nach seinem Verschwinden in die Welt gesetzt. Zweifellos wäre William de Braose dazu fähig gewesen, Arthur zu ermorden, er hatte in der Vergangenheit mehrfach Gelegenheit, seine Mordlust unter Beweis zu stellen. Aber es gibt keinen Beweis dafür, dass er die Tat eigenhändig begangen hat. Aber er war fest in die Organisation für das Verschwinden von Arthur eingebunden. Und für Johann war es nicht ratsam, persönlich Familienmitglieder zu ermorden. Daher ist anzunehmen, dass er andere mit dieser Aufgabe betraut hat.

      Wir werden wohl nie erfahren, wer der wahre Mörder von Arthur ist, aber in einem sind sich die Experten einig, die Verantwortung allein trägt König Johann. De Braose fällt beim König in Ungnade, weil er ihm angeblich Geld schuldet. Der ehemalige Günstling flieht nach Frankreich, wo er ein Jahr später im Exil stirbt. Johann hat es damit auch mit seinen Baronen verdorben. Sie lehnen sich in dem folgenden Jahrzehnt immer wieder gegen den tyrannischen Herrscher auf. Bis zu seinem Tod am 19. Oktober 1216 sollte er keinen Frieden mehr finden. Bis heute ist die letzte Ruhestätte von Arthur unbekannt.

      Arthurs Tod ist ein zentraler Bestandteil von Shakespeares Schauspiel König Johann, in dem Arthur als Kind dargestellt wird, dessen Unschuld Hubert de Burgh davon abhält, ihn in Johanns Auftrag zu ermorden. Arthur stirbt wenig später auf der Flucht.

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