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um uns herum, höher zu heben, als wir es jemals taten. Lasst Jahr, Tag und Stunde seiner Geburt aufzeichnen und reicht es an Oliver Dain weiter.“

      Balafré verbeugte sich tief um kurz danach seine aufrechte, kriegerische Haltung wieder einzunehmen. Genauso, wie jemand, der seine Bereitwilligkeit zeigt, sich zum Kampf für seinen König oder dessen Verteidigung das Schwert zu gürten. Quentin erholte sich unterdessen von seinem Erstaunen. Er bemühte sich, das Äußere des Königs genauer zu studieren. Zu seiner Verwunderung erlebte er den verschiedenartigen Eindruck, den dieser bei ihm hinterließ. In seiner Kleidung bemerkte er keine große Veränderung. Ludwig, ein Verächter des äußeren Prunkes, trug auch bei dieser Gelegenheit eine alte dunkelblaue Jagdjacke, die nicht viel besser war, als die Kleidung vom Vortag. Ein Rosenkranz aus Ebenholz war sein einziger Schmuck. Statt der Mütze mit einem einzelnen Bild trug er einen Hut, dessen Rand mit wenigstens einem Dutzend kleiner bleierner Heiligenbilder umgeben war.

      Quentins Eindruck, die Augen würden nur Gewinnsucht widerspiegeln, bekamen da sie einem talentvollen, mächtigen Fürsten angehörten, einen durchdringenden, scharfen Blick. Die Runzeln auf der Stirn, die, wie er glaubte, die Wirkung eines unter kleinlichen Handelsplänen zugebrachten Daseins waren, schienen Furchen zu sein, welche langes, scharfsinniges Nachdenken über das Schicksal von Nationen gebildet hatten.

      Unmittelbar nach der Erscheinung des Königs traten die Prinzessinnen von Frankreich nebst den Damen ihres Gefolges ins Zimmer. Die Ältere war schlank, ziemlich hübsch, besaß Beredsamkeit und Talent und viel von ihres Vaters Scharfsinn. Der König setzte viel Vertrauen in sie, liebte sie in hohem Grade, wie er nur irgendjemand lieben konnte.

      Die jüngere Schwester war die unglückliche Johanna. Verlobt mit dem Herzog von Orleans, folgte sie schüchtern an der Seite ihrer Schwester. Sie war mager und blass von kränklichem Aussehen. Ihre Taille neigte sich sichtbar nach einer Seite. Ihr Gang war schwankend, dass sie für lahm gelten konnte. Schöne Zähne und schöne Augen voll melancholischen Ausdrucks, Sanftmut und Entsagung, nebst einer Fülle lichtbrauner Locken waren das Einzige, was sogar Schmeichelei gegen die gänzliche Hässlichkeit ihrer Figur in die Waagschale legen konnte. Der König, der sie nicht liebte, schritt hastig auf sie zu.

      „Was ist, Tochter“, sprach er, „bist Du immer noch die Weltverächterin? Hast Du Dich heute zur Jagd oder zur Messe gekleidet? Sprich, antworte!“

      „Zu allem, was Eure Hoheit befiehlt, Sire“, antwortete die Prinzessin mit kaum hörbarer Stimme.

      „Ohne Zweifel willst Du mich glauben machen, es sei Dein Begehr und Wunsch, den Hof zu verlassen. Der Welt, samt ihren Eitelkeiten, ein Lebewohl sagen. Mädchen, denkst Du, dass wir, der erstgeborene Sohn der heiligen Kirche, unsere Tochter dem Himmel vorenthalten wollen, wenn sie des Altars würdig wäre? Nein, liebe Tochter“, fuhr er fort, „ich und ein anderer kennen Eure wahren Gesinnungen besser. Nicht wahr, mein schöner Vetter von Orleans? Tretet näher und führt die Jungfrau zu ihrem Pferd!“

      Der Herzog von Orleans erschrak bei den Worten des Königs und eilte, ihm zu gefallen. Dabei mit solcher Hast und Verwirrung, dass Ludwig ausrief: „Lieber Vetter, mäßigt Eure Galanterie und seht Euch vor! Was doch Liebende oft für Streiche machen? Beinahe hättet Ihr Annes Hand ergriffen. Muss ich Euch denn selbst Johannas Hand reichen?“ Der unglückliche Prinz blickte auf und schrak wie ein Kind zusammen, das etwas in die Hand nehmen soll, vor dem es sich ekelt. Er fasste die Hand der Prinzessin, welche ihm dieselbe weder gab noch vorenthielt. Wie sie so dastanden, ihre kalten, feuchten Finger in seiner zitternden Hand, beide mit zur Erde gesenktem Blick, wäre es schwer gewesen, zu sagen, wer von beiden unglücklicher ist. Der Herzog, der sich an den Gegenstand seiner Abneigung durch die Bande gefesselt fand, die er nicht zu zerreißen wagte, oder das unglückliche Mädchen, das allzu deutlich erkannte ein Gegenstand des Abscheus zu sein, dessen Zärtlichkeit sie mit ihrem Leben erkauft hätte.

      „Auf zu Pferde, meine Damen und Herren! Wir selber wollen unsere Tochter Beaujeu führen“, sprach der König, „und Gottes und des heiligen Hubertus' Segen auf die heutige Jagd!“

      „Ich fürchte“, mischte sich Graf Dunois ein, „Sie unterbrechen zu müssen. Der Gesandte von Burgund steht vor den Toren des Schlosses und verlangt eine Audienz!“

      „Verlangt eine Audienz?! Dunois“, versetzte der König, „habt Ihr ihm nicht, wie wir Euch durch Oliver wissen ließen, geantwortet, dass wir keine Zeit hätten. Ihn heute zu sehen, auch morgen zum Fest des heiligen Martin nicht, wo wir, so Gott will, unsere Andacht nicht durch irdische Gedanken stören lassen wollen. Und dass wir tags darauf nach Amboise reisen, dass wir aber nicht ermangeln werden, ihm nach unserer Rückkehr, sobald es unsere dringenden Geschäfte gestatten, eine Audienz zu bewilligen?“

      „Dies alles sagte ich“, antwortete Dunois, „aber dennoch, Sire.“

      „Pasquedieu! Mann, was ist's, das Dir im Schlunde steckt?“, fragte der König, „die burgundischen Redensarten müssen schwer zu verdauen sein!“ Dann fuhr er fort: „Ich kehre mich an seine polternden Gesandtschaften. Nicht mehr wie die Türme dieses Schlosses die sich um das Pfeifen des Nordostwindes kümmern, der von Flandern kommt, gleich diesem Prahlhans von einem Gesandten!“

      „So wisst denn, Sire“, versetzte Dunois, „dass Graf Crevecoeur mit seinem Gefolge von Herolden und Trompetern unten hält und erklärt, da Euer Majestät über die dringendsten Angelegenheiten eine Audienz verweigere, die er nach den Befehlen seines Herrn verlangen soll, so wolle er hier bis Mitternacht warten und Eure Majestät anreden, zu welcher Stunde es Euch gefallen möge, sich aus dem Schloss, sei es zu Geschäften, zum Vergnügen oder Gottesdienst, zu verfügen. Nur offene Gewalt werde ihn von diesem Entschlusse abbringen.“

      „Er ist ein Tor“, sprach der König mit großer Ruhe; „glaubt denn der hitzige Hennegauer, es sei für einen Mann von Verstand ein Buße, vierundzwanzig Stunden in seinen Mauern zu bleiben, wenn die Angelegenheiten seines Reiches ihn beschäftigen? Diese ungeduldigen Narren denken, alle Leute müssen sich gleich ihnen unglücklich fühlen, wenn sie nicht im Sattel und Steigbügel sitzen. Lasst die Hunde wieder loskoppeln und wohl versorgen, edler Dunois. Wir wollen heute Rat halten, statt zu jagen.“

      „Mein Gebieter“, antwortete Dunois, „auf diese Weise werdet Ihr Euch Crevecoeurs nicht entledigen. Seine Befehle lauten, sofern Ihr ihm die verlangte Audienz nicht bewilligt, seinen Handschuh an die Palisaden vor dem Schloss zum Zeichen der Herausforderung auf Leben und Tod anzunageln. Außerdem wird des Herzogs Lehnstreue gegen Frankreich aufgekündigt und der Krieg sogleich erklärt.“

      „So!“, sprach Ludwig, ohne eine merkliche Veränderung der Stimme, runzelte aber die Stirn dergestalt, dass seine durchdringenden schwarzen Augen unter den buschigen Brauen beinahe unsichtbar wurden. „Steht es so? Spricht unser alter Vasall in solchem Tone mit uns, behandelt uns unser lieber Vetter so unfreundlich? Nun denn, Dunois, so lassen wir die Oriflamme wehen und rufen: Denis Montjoye!“

      „Amen!“, sprach der kriegerische Dunois, „und in der unglücklichsten Stunde.“

      Die Garden in der Halle, unvermögend, demselben Drange zu widerstehen, rührten sich gleichfalls auf ihrem Posten, so dass ein dumpfer, aber vernehmbarer Waffenklang entstand. Stolz warf der König den Blick umher. Für einen Moment glich er seinem heldenmütigen Vater. Allein dieser augenblicklichen Aufwallung wichen bald politische Bedenken. Ein offener Bruch mit dem Herzogtum Burgund, unter den gegebenen Umständen, erschien äußerst gefährlich. Eduard VI., ein tapferer und siegreicher König, der persönlich dreißig Schlachten schlug, bestieg den Thron von England und ein Bruder der Herzogin von Burgund, wartete nur auf eine solche Gelegenheit. Der Bruch zwischen seinem nahen Verwandten und Ludwig würde jene Waffen, die in den Bürgerkriegen gesiegt hatten, auf den Grund von Frankreich durch das immer offene Tor von Calais tragen. Zu diesen Bedenken kam noch die ungewisse Treue des Herzogs der Bretagne und manch andere schwerwiegende Gründe. Als Ludwig nach einer tiefen Pause wieder das Wort ergriff, sprach er zwar noch in demselben Ton, aber in verändertem Sinn:

      „Der Himmel behüte uns. Nur die äußerste Not vermag uns, den allerchristlichsten König, Christenblut zu vergießen. Das Glück und das Wohlergehen unserer Untertanen schlagen wir höher an als die Beleidigung, die unserer

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