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Einfach nicht hinfallen. Shino Tenshi
Читать онлайн.Название Einfach nicht hinfallen
Год выпуска 0
isbn 9783750225756
Автор произведения Shino Tenshi
Жанр Языкознание
Серия Verhasst
Издательство Bookwire
Chris nickte nur kurz und seine Schultern bebten, bevor er dann weiter schwieg und ich in diesem Chaos alleine dasaß. Zumindest kam es mir so vor. Nur die schwere Atmung von Chris durchdrang die Stille und ich wusste nicht, was ich nun tun sollte. Erwartete er nun irgendetwas von mir? War das Alles, was er mir sagen wollte? Konnte ich jetzt gehen oder gab es dann etwas auf die Finger von Jiminy?
„Chris? Ich, ähm, werde jetzt wohl wieder gehen, oder willst du noch etwas loswerden?“ Ich fühlte mich unsicher und spürte selbst, wie ich an meinen Gips zu zupfen begann. Chris schüttelte darauf nur den Kopf: „Ist schon in Ordnung. Man sieht sich in der Schule.“
Er schniefte kurz und hob dann den Blick, um mich anzulächeln, bevor er Anstalten machte aufzustehen und ich ihn sofort stoppte. „Nicht nötig! Du brauchst mich nicht raus zubringen. Ich finde den Ausgang selbst und ja, wir sehen uns in der Schule. Bis Montag also, ja?“
Er nickte mir zu, als er sich wieder auf das Bett sinken ließ und ich konnte endlich dem Chaos entkommen. Im Flur angekommen, musste ich erst einmal tief ein- und ausatmen, bevor ich dann meine Sachen wieder anziehen konnte.
„Bereust es schon zu meinen Bruder gekommen zu sein, hm?“ Die Stimme von Chris Schwester stoppte mich und ich sah über meine Schulter zu ihr, als ich gerade nach der Türklinke greifen wollte. Sie wartete gar nicht auf eine Antwort, sondern lehnte sich wieder an den Türrahmen, sah mich gelangweilt an und sprach weiter:
„Bei dem Freak hält es nie jemand lange aus. Alle laufen sie weg. Selbst du, der so lange von der Schule gehasst wurde, wählst die Flucht. Er wird niemals Freunde finden. Geschieht ihm nur Recht. Wer will so nen Freak schon bei sich haben?“ Sie lachte trocken auf und wechselte dann die Seite des Türrahmens, an der sie sich anlehnte, wobei ich ihre Worte kaum glauben konnte. Wie sprach sie von ihrem Bruder? Das passierte doch gerade nicht wirklich? Ich war vorhin auf dem Weg hierher ausgerutscht und hatte mir den Kopf gestoßen. Bestimmt war das gerade ein echt mieser Traum.
„Warum sagst du das?“, hauchte ich ungläubig doch mehr zu mir selbst als zu Chris Schwester. „Weil es wahr ist! Sieh dir doch sein Zimmer an! Hast du es etwa bei ihm ausgehalten? So schnell wie du gerade in deine Schuhe und Jacke geschlüpft bist, schreit das förmlich nach einem lauten Nein! Also wirst du genau das Gleiche dort drinnen gedacht haben! Ich hab nur die Eier in der Hose es auch zu sagen!“
„Er ist dein Bruder. Wie kannst du ihn nur so behandeln?“
„Er hat es nicht besser verdient! Aber hey, wolltest du nicht gehen?“
„Doch, aber…“ Sie lachte erneut auf und beugte sich vor, sodass ich schon fast Angst hatte, dass ihre Brüste aus dem viel zu engen und weit ausgeschnittenen Top fallen könnten. Was war das nur für ein Mensch?
„Haste Lust?“ Sie deutete mit einer Kopfbewegung zu der Tür, aus der sie vorhin gekommen war und hinter der sich vermutlich ihr Zimmer verbarg. Ein eisiger Schauer glitt über meinen Rücken und ich presste mich an die Tür hinter mir, bevor ich dann panisch den Kopf schüttelte. Das war der endgültige Beweis: Die Frau hatte sie nicht mehr alle. Von wegen Chris war hier der Freak. Sie hatte einen viel größeren Dachschaden als ihr Bruder.
„Was? Sag bloß, dass de auch umgedreht bist?“ Sie verzog ein wenig beleidigt ihre vollen Lippen und bestimmt wäre sie hübsch, wenn man auf Frauen stand und ihre Reize immer mit voller Wucht ins Gesicht geschlagen bekommen wollte. Aber für mich war sie gerade nur ein laufendes Monster.
„Es… es tut mir Leid. Aber ich muss jetzt wirklich los. Es gibt bald Abendessen bei uns.“ Ohne noch auf eine Antwort zu warten schlüpfte ich durch die Tür und rannte von dem Grundstück. Meine Beine trugen mich panisch weiter. Ich wollte nur so weit wie möglich von diesem Irrenhaus weg. Das war doch echt nicht normal dort und auch wenn sie ihren Bruder als Freak betitelt hatte, war ich mir nicht sicher, wer der größere Freak von den Beiden war. Aber herausfinden wollte ich es auch nicht, denn als meine Lungen zu schmerzen begannen, schwor ich mir selbst eines: Nie wieder in dieses Haus zu gehen…
Mit einem Seufzer ließ ich mich in meinen Schreibtischstuhl sinken und startete den PC. Noch einmal sah ich auf das Display meines Handys, doch es war immer noch keine Nachricht von Marc darauf. Wieso meldete er sich nicht? War ich ihm wirklich so egal? Stand seine Welt komplett Kopf, sodass er alles um sich herum vergaß?
Meine Finger zitterten, als ich mich zu meinen Mails vorarbeitete und mein Herz machte einen Sprung, als man mir anzeigte, dass ich eine ungelesene Nachricht besaß. Sofort klickte ich weiter, doch der Absender irritierte mich. Es lag wohl nur an dem Betreff, dass ich sie nicht löschte: „Aijo gib mir Darkking zurück!“
Es dauerte einen Wimpernschlag bis sich die Nachricht vor meinen Augen öffnete und ich musste trocken schlucken, als ich die ersten Zeilen las:
„Hallo Aijo,
du wunderst dich wahrscheinlich, warum du gerade diese Mail bekommst, aber ich habe das Trauerspiel nun lange genug mit angesehen. Ich habe kein Problem damit, dass du dich aus meinem Forum verpisst, nachdem du anscheinend gefunden hast, was du wolltest: Einen guten Fick und jemanden, wo du dein Herz ausschütten konntest.
Aber es ist nicht in Ordnung, dass du mir einen meiner liebsten User einfach wegnimmst. Ich weiß nicht, was du mit Darkking gemacht hast, aber seit einigen Tagen ist er einfach nur noch wie betäubt. Seine Posts sind fahrig und es tut mir in der Seele weh, wenn ich so etwas lese.
Dieses Forum dient dem Zweck, dass sich Gleichgesinnte finden und einander unterstützen können, aber ganz bestimmt nicht, dass hier der eine den anderen fertig macht. Vor allem nicht meinen Darkking!
Wahrscheinlich wirst du diese Mail lesen und dann in den Papierkorb werfen! Aber ich schwöre dir, dass dieses Spiel noch nicht vorbei ist! Du wirst mir nicht entkommen und du wirst bereuen, was du Darkking angetan hast. Darauf kannst du dich verlassen!
Schönen Tag noch
Mastermind“
Mastermind! Der Name explodierte hinter meiner Stirn und ich spürte, wie mein Körper zu zittern begann, aber warum schrieb er von seinem Darkking. Ich dachte, dass Marc kaum Kontakt zu dem skrupellosen Admin gehabt hatte. Hatte er mich etwa in jenem Moment angelogen? Wieso schrieb mir Mastermind sonst und warum sollte er ihn als sein Eigentum bezeichnen? Das machte alles keinen Sinn.
Plötzlich bekam ich einen Anruf von einem noch nicht angenommen Nutzer in Skype. Ich verstand es nicht und der Name sagte mir im ersten Moment auch nichts: Darknesswithin. Kurz flammte in mir die Hoffnung auf, dass es ja Marc sein könnte. Ich ignorierte die leise Stimme, dass es Unsinn wäre, dass er mich von einem anderem Konto aus anrief, aber wer wusste schon, was er gerade in diesem Moment durchmachte? Laut Mastermind ging es ihm wirklich dreckig, aber warum meldete er sich dann nicht?
Es klingelte schon eine halbe Ewigkeit, bevor ich aus meinen Gedanken zurückfand und hastig das Gespräch annahm. Eilig setzte ich mir mein Headset auf und begrüßte den Anrufer freundlich, doch die Stimme, die den Gruß erwiderte, war nicht von Marc. Sie ließ mir das Blut in den Adern gefrieren, denn auch wenn sie ebenfalls tief war, so war sie gefährlich dunkel.
„Hallo Aijo, schön, dass ich dich erreiche.“ Ich musste trocken schlucken, als mir bewusst wurde, wen ich mit hoher Wahrscheinlichkeit am anderen Ende der Leitung hatte. Die Vorstellung gefiel mir nicht und alles in mir verkrampfte sich schlagartig. Ich begann zu zittern und konnte nur mit Mühe ebenfalls noch einmal ein „Hi“ herauspressen.
„Hast du Angst, Junge?“ Der Kerl lachte hart auf und ich hörte, wie er sogar ein paar Mal auf einen Tisch schlug, was mich unwillkürlich zusammenzucken ließ. Gott sei Dank war das gerade kein Videochat. Ich hätte nicht gewusst, was ich getan hätte, wenn ich mein Gegenüber auch noch gesehen hätte. Wahrscheinlich hätte ich das Headset von meinen Kopf gerissen und wäre fluchtartig aus dem Zimmer gestürmt.
„Das brauchst du doch nicht, solange du meine Forderung erfüllst.“ Das Lachen stoppte und die Stimme wurde gefährlich süß wie goldener Honig, was mich erneut trocken schlucken ließ. Warum konnte es nicht