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Elisa. Jaqueline Merlin
Читать онлайн.Название Elisa
Год выпуска 0
isbn 9783753185071
Автор произведения Jaqueline Merlin
Жанр Языкознание
Издательство Bookwire
eine ekelige Travestie als Verhöhnung zu Gottes inkarnierter Reinheit und Reiche.
Jetzt sah ich es genau,- bloße Lügen, brutale Phantasien, um Mädchen sowie Frau
Robin zu täuschen, bis ihre Körper, gewürgt, gekrallt, geschändet, dann vergraben
werden konnten. Dies Zerrbild dessen Name – Ich fiel auf den Boden, erbrach den
Tee auf dem Teppich, trommelte mit meinen Fäusten,- keuchte lauthals: „Winfried!“
Es war vier Jahre her, dass eine Kreatur „Winfried“, ein Massenmörder an Frauen
und Mädchen wegen Schändung und Mord an sieben Frauen und einem Mädchen
neutralisiert worden war, wie sie es nannten. Ein Scharfschütze hatte es geschafft,
ihn zu erschießen, als „Winfried“ gegen die Polizei ein Feuer zündete, um wieder
zu entkommen. Man hatte Jahre nach ihm gesucht in Furcht vor weiteren Morden.
Robin zog sich gut aus der Affäre. Er riss mich augenblicklich vom Boden auf die
Füße und brachte mich sofort an die frische Luft. Mein Gesicht säuberte er eiligst
mit einem Handtuch, das er wie im Vorübergehen von einem Stuhl fassen konnte.
„David, reißen Sie sich zusammen! Er riss Unkraut aus frischem Rasen und hielt
es mir vor die Nase. „Da, riechen sie es? Zählen Sie die Telefondrähte da oben!“
Meinen Kopf zog er in den Nacken und forderte mich auf: „Los, zählen Sie diese.“
Mir klapperten die Zähne, mir war kalt. Doch tat ich, was er sagte und zählte laut.
Als wir wieder drinnen waren, war Tim verschwunden. Frau Robin hatte geweint.
„Das tut mir furchtbar leid, David!“ sagte sie traurig. „ Können Sie mir verzeihen?“
Sie irritierte mich. Für mein Alters von 16 Jahren hätte ich gemeint, dass ich derjenige
sei, der sich doch bei ihr hätte entschuldigen müssen, weil ich die Harmonie zerbrach.
Sie hatte den Schmutz beseitigt in der kurzen Zeit, in der ich mit ihrem Mann draußen
war. Ich säuberte mich, nahm von der Mundspülung, die im Bad stand, gurgelte lange
und spuckte aus, was ich zuvor erlebt hatte. Robin brachte mich zurück zum College.
Nach ein paar Schritten sagte ich: „War es das, was Sie suchten?“ „Klar doch!“, sagte
er knapp in dem Ton, als wollte er keine weitere Silbe darüber verlieren. „David, hören
Sie, eine ungewöhnliche Fähigkeit oder Begabung ist Ihnen zu eigen. Wie auch immer
man es nennt, ich will Ihnen nur raten, davon die Finger zu lassen!- Versuchen Sie nie,
das herauszufordern oder so etwas noch einmal zu tun, verstanden?
ERKENNTNIS UND WARNUNG
Die Nachmittagssonne stand im September schon niedrig und tauchte das Stoppelfeld
golden, durch das unser Feldweg führte. Robin zupfte eine vergessene Weizenähre ab
und drückte ein Korn heraus. „Dies war mal der Anfang des Feldes. Sie können dieses
eine Korn zerbeißen, an einer ganzen Ähre würden Sie ersticken. Dies ganze Feld wär
sogar für Sie unbegreiflich wie unüberwindbar.“ Dann steckte er sich das Weizenkorn in
den Mund und kaute drauf. „Tim hat meiner Frau in die Hand versprochen, niemandem
davon was zu erzählen. Sie und ich werden auch schweigen. Es wäre gut für Sie, wenn
Sie nirgendwo mit keinem über diesen Vorfall sprechen.“ Er überlegte. „Es gilt für heute,
morgen sowie für alle Zeit Ihres Lebens!“
Ich war Robin dankbar für sein Verhalten und versicherte ihm, das als erledigt zu betrachten.
Mir war auch bewusst, wie ihm es ergangen wäre, wenn das an die Ohren des Rektors oder
meiner Eltern gedrungen wäre. Sie hätten es ihm zum Vorwurf gemacht, was ich nicht wollte.
Doch blieb mein außergewöhnliches Erlebnis nicht ganz verborgen. Mir war immer noch übel,
kalt und zittrig. Nach dem College-Tee ging ich zur Hausmutter hoch, die Untertemperatur bei
mir feststellte und mir die Lektion über „nasse Füße beim Fischen“ erteilte, womit sie mich am
nächsten Tag ins Bett steckte. Ich war froh, nicht der Neugierde ausgeliefert zu sein, die in der
Abwesenheit bei meinen Mitschülern entstanden war, ob es gut war bei Robin und seiner Frau?
Ihnen brühwarm ausgesetzt zu werden und all ungewollten, aufdringlichen Fragen ausgeliefert,
fühlte ich mich jetzt nicht gewachsen. Ich blieb ein wenig geschwächt,- was reine Erkältung für
sie war. Eine willkommene Ausrede, die überall selbstverständlich angenommen wurde, basta!
Trotzdem musste etwas durchgesickert sein, als mich Nike ein paar Tage später im Speiseraum
am Arm festhielt und fragte: „Nun sag‘ schon, wie war es, mit Frau Robin nachmittags Tee zu
trinken?“ Schon damals schien es mir als klassisches Beispiel der Projektion eigener Begierde
auf die andere Person. Eine Tatsache war, dass ich Schmerz und Erniedrigung empfand, nicht
für meinen hysterischen, unkontrollierten Anfall in Robins Salon, sondern wegen meiner recht
schändlichen Reaktion auf diese Berührung von Frau Robins Hand. Mir war das lange peinlich.
Wenn ich in der Angelegenheit sensibel, wenn nicht puritanisch war, lag es in meiner Kindheit.
Der Grund war ambivalent schroff und zugleich schützend, der angab, dass ich körperlich kein
wenig anziehend, wenn nicht hässlich war. In meiner Phantasie eine Art Vertrauter, der mir oft
auf den Fersen war. Ich glaubte dies selbst vor dem Spiegel und fühlte das gleiche bei anderen.
„Wie schade, dass kein schöner Junge aus ihm geworden ist,“ hörte ich eine Nachbarin auf der
Sommerterrasse, als ich acht Jahre alt war. „Wobei doch die Mutter so reizend aussieht,“ sagte
die Dame gegenüber, die bei ihr zu Besuch war. Ein Jahr später bot ich einer Klassen-Schönen,
einem verzogenen, blondgelockten Mädchen, zögernd einen Sahnebonbon an, worauf sie kund
tat: „Danke, Schweinsgesicht!“ Sie lutschte diesen Bonbon erst in meiner Abwesenheit,- und wie
sie es gesagt hatte, war ich fest im Glauben, dass auch die anderen mich so hässlich benannten.
Kurz und knapp hatte sie es gesagt, aber nicht unfreundlich. Ich wendete mich wortlos von ihr ab.
Ich betrachtete es als meine Bestimmung und mied jede körperliche Berührung im Sinn der Liebe.
Doch lag auch ein Stolz darin, sowie ein Gelähmter es umgeht, eine Hand oder Stütze gereicht zu
bekommen. Jene Menschen, die ich liebte, auch meine Mutter, hielt ich auf schützendem Abstand.
Wenn sie mir selbst wahre Freude und Übermut zeigten, mich im Gesicht küssten oder umarmten,
erstarrte ich wie ein Hase auf freiem Feld, der den Flügelschlag des Habicht über sich wahrnimmt.