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Monologen. Momentan war es ein ganz leichtes Schließen seines rechten Auges, verbunden mit einem nur angedeuteten Stirnrunzeln. Am liebsten wäre sie im Erdboden versunken oder hätte sich in Luft aufgelöst, aber beides klappte nicht, so sehr sie sich auch anstrengte. Sie konnte aber auch nicht wegsehen. Die Situation war an Peinlichkeit kaum zu toppen und ihr wurde übel. Er musterte sie, ohne sich zu bewegen. Seine Mundwinkel zuckten, beide nacheinander, und dann sah er sie offen an, beide Augenbrauen angehoben. Bettina kam es vor wie die Aufforderung, oder eher die Erlaubnis, näher zu kommen.

      Wollte sie das? ‚Ja, natürlich willst du das!’, schimpfte sie gedanklich mit sich selbst. Gleichzeitig war sie wie paralysiert und konnte sich so gar nicht vorstellen, diese enorme Strecke von geschätzt immerhin ungefähr fünf Metern zu überwinden. Ihr war immer noch viel zu warm. Ihre Hände waren feucht, sicher vom nassen Metallgeländer, und ihre Knie waren instabil, bestimmt, weil es so kalt war und sie den ganzen Weg von Westminster bis hierher gelaufen war. Oder weil sie sich gerade in der schlimmsten Stresssituation ihres bisherigen Lebens befand, zumindest gefühlt.

      Nach einer weiteren, Bettina wie eine Ewigkeit vorkommenden Sekunde lächelte Sam kurz und schaute dann wieder aufs Wasser.

      Bettina atmete durch und entschied, hinüberzugehen, Hallo zu sagen, und ihm vielleicht mitzuteilen, dass sie die Serie mochte. Falls sie das hinbekam. Sie bezweifelte es, aber die Situation war eh schon peinlich genug. Sie schaffte es ohne hinzufallen oder weitere Katastrophen bis zu ihm.

      Er sah zu ihr herüber und lächelte. Gleichzeitig sah er aus, als wäre er sich nicht ganz sicher, was er von ihr zu halten hatte. „Hi.“

      „Hi“, brachte sie ebenfalls heraus und versuchte, freundlich zu klingen.

      Sam schaute sie an und sie fühlte sich, als könne er ihre Gedanken lesen und alles sehen, was sie sich so über ihn und mit ihm in letzter Zeit zusammengesponnen hatte, und das war jede Menge. Nichts davon hätte sie je irgendjemandem erzählt. Seine Augen erschienen ihr heller als im Fernsehen.

      „Du sprichst nicht mit jedem, hm?“, fragte er.

      „Was?“

      „Ich bin das ja gewohnt, dass Leute mich erkennen und zu mir kommen, aber meist sprechen sie auch.“ Er hatte nun ein schelmisches Funkeln in den Augen.

      „Äh. Entschuldige bitte. Ich bin nur … etwas erstaunt, dich hier zu treffen“, brachte Bettina auf Englisch heraus und hoffte, dass es passabel verständlich klang.

      „Ich wohne hier“, sagte Sam und lachte. Er lehnte immer noch mit den Unterarmen auf dem Geländer und legte nun den Kopf schräg, die Wange fast an seine Schulter gepresst. „Also nicht genau hier … aber in London.“

      Bettina lachte kurz mit und schüttelte den Kopf. „Ich …“

      „Ist schon okay.“ Sam richtete sich auf und streckte ihr die rechte Hand hin. „Hi, schön, dich zu treffen, ich bin Sam.“

      Sie ergriff seine Hand und schüttelte sie. Er hatte einen angenehmen Händedruck, trocken, warm, fest.

      „Ich bin Bettina.“

      Er steckte beide Hände in seine Jackentaschen. „Wo kommst du her?“

      „Deutschland.“

      „Ah.“ Es war ein neutral bis freundliches ‚Ah’, einfach eine Bestätigung, dass er sie verstanden hatte. „Und du machst hier Urlaub? Im Februar? Das ist die beste Reisezeit für London.“ Den letzten Satz hatte er mit einem Gesichtsausdruck untermalt, bei dem Bettina nur kurz die Schultern anhob und lachen musste. „Ich hatte noch Urlaub übrig und wollte zu Hause raus. Das Hotel und der Flug waren echt günstig.“

      Sam nickte. „Ja. Ja … kann man machen.“ Er lachte erneut. Es war ein offenes Lachen, und sehr sympathisch. Dann wurde er wieder ernst. „Willst du ein Beweisbild, dass du mich getroffen hast? Oder ein Autogramm?“

      „Hm. Ist es arg unhöflich, wenn ich sage, nein, ich finde das schrecklich?“

      „Du findest mich schrecklich?“

      „Nein … um Himmels Willen. Ich … mag dich sehr gern und ich liebe die Serie.“

      „Aha?“, machte er, hob eine Augenbraue und sah ein wenig verwirrt aus.

      „Ich meine diese Bilder. Ich finde das arg unhöflich. Ich weiß nicht, wie ich es ausdrücken soll. Ich finde, diese Fanbilder sehen immer aus wie Jagdtrophäenbilder, auf denen Jäger mit dem erschossenen Tier posieren. Das ist irgendwie falsch.“

      Sam hatte seine linke Augenbraue immer noch hochgezogen und kratzte sich an der Nase. Er schaute in die Luft, nickte leicht und sah Bettina mit erhobenem Kinn an. Er war ein Stückchen kleiner als sie. „Interessante Sichtweise. Und du hast vollkommen recht. So fühle ich mich auch meistens bei diesen Bildern.“

      „Das tut mir leid.“

      Er schloss kurz die Augen. „So ist das nun mal.“

      Es begann, stärker zu nieseln. Er räusperte sich. „Ich gehe jetzt einen Kaffee trinken. Magst du mitkommen?“ Er schaute sie an.

      „Klar, warum nicht“, murmelte sie. Hatte er das eben wirklich gefragt? Sam Baker hatte sie gefragt, ob sie mit ihm einen Kaffee trinken möchte? Das wurde ja immer absurder.

      Als er sich in Bewegung setzte, lief sie wie automatisch mit ihm mit. Es war ein schönes, auf seltsame Art vertrautes Gefühl, neben ihm zu laufen, auch wenn ihr Hirn das Ganze noch nicht wirklich verarbeiten konnte.

      Sie hatte diesem Mann so viel zu verdanken. Bettina hatte die Serie erst letztes Jahr entdeckt und die bis dahin erschienenen drei Staffeln regelrecht verschlungen. Und mittlerweile so oft gesehen, dass sie sie fast mitsprechen konnte. Sam und Joe, so hieß der Typ, den er in der Serie spielte, hatten sie durch einen Jobwechsel, den Tod ihrer Oma, die Streitereien mit und letztlich die Trennung von ihrem Freund sowie den Umzug in eine neue Wohnung begleitet. Die Serie, Fanseiten, Blogs und das ganze Drumherum im Internet hatte sie in diesen schwierigen Zeiten über Wasser gehalten und Sam war für sie mittlerweile so etwas wie ein enger Vertrauter und Ziel so manchen Tagtraumes. So kompromisslos, aggressiv und manchmal auch unüberlegt Joe war, Sam schien das Gegenteil zu sein. Sie hatte alles über ihn und mit ihm geschaut, was sie kriegen konnte. Seine anderen Serien und Filme, viele waren es leider nicht, Auftritte im britischen Fernsehen, Interviews … sie mochte ihn und er war ein fester Bestandteil ihres Lebens geworden, wenn auch nur auf dem Fernsehbildschirm oder dem Computermonitor. Und jetzt lief sie neben ihm durch den stärker werdenden Londoner Regen.

      Sam stoppte und hielt ihr die Tür eines Cafés auf. „Leider können wir nicht draußen sitzen bei diesem herrlichen Wetter“, sagte er grinsend und wies mit dem Kopf in Richtung Gebäude. Bettina lachte. „Ja, schade.“

      Er legte ihr ganz leicht die Hand auf den Rücken, als sie an ihm vorbeiging, und Sam öffnete ihr auch die nächste Tür.

      Sie betrat den großen, hellen Raum und sah sich um. Viel war nicht los, es waren nur wenige der sehr ordentlich eingedeckten Tische besetzt.

      „Da drüben?“, fragte Sam Bettina und grüßte die Bedienung, die ihn anscheinend kannte und freundlich zurückgrüßte. Bettina folgte Sam an einen Tisch am Fenster, beide zogen ihre Jacken aus und Bettina setzte sich ihm gegenüber. Seine Haare waren nass und sie mochte gar nicht daran denken, wie zerzaust sie selbst wohl gerade aussah.

      Sam reichte ihr die Speisekarte über den Tisch. Als sie ihm die Karte abnahm, berührten sich ihre Finger kurz, was er mit einem Lächeln quittierte.

      „Hallo, was darf ich euch bringen?“, fragte die Kellnerin, die soeben an den Tisch getreten war. „Wie immer?“

      Bettina sah erstaunt auf, Sam nickte. „Ja, einen Minztee, bitte.“

      „Ich nehme einen Kakao“, sagte Bettina und legte die Karte zur Seite.

      „Mit Sahne?“

      „Ja, bitte.“

      Sam grinste. Die Bedienung entschwand

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