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und es folgen Bogenschießen, Stiergefechte und andere Volksbelustigungen. Den Schluss bildete der gewöhnliche Heroldsruf: »Largesse! Largesse!«

      Dann verließen die Herolde die Schranken und es blieb niemand darin als die beiden Marschälle des Turniers, William de Wywil und Stephan de Martival, die von Kopf bis zu Fuß in Harnisch wie aus Erz gegossen an den beiden Enden der Schranken standen. Der Raum vor dem Nordende der Schranken hatte sich inzwischen ganz mit Rittern gefüllt. Von den Tribünen gesehen, erschienen sie wie ein Meer von wogenden Federbüschen, blitzenden Helmen und ragenden Lanzen, und endlich taten sich die Barrieren auf, und die fünf Ritter, die durch das Los bestimmt waren, ritten langsam auf den Kampfplatz. Einer ritt an der Spitze, die anderen folgten zu zweien und zweien, die feurigen Rosse zügelnd, um ihre Gewandtheit im Reiten zu zeigen. Gleichzeitig erklang hinter den Zelten der Herausforderer hervor, wo die Musikanten verborgen waren, eine wilde Musik.

      Unter den Augen der vielköpfigen Menge ritten die Kämpfer nun nach dem kleinen Plateau, wo sich die Zelte der Herausforderer befanden, und jeder berührte mit umgedrehter Lanze den Schild dessen, mit dem er sich messen wollte. Dann zogen sie sich wieder nach dem äußersten Ende der Schranken zurück und stellten sich hier in einer Linie auf, während die Herausforderer aus ihren Zelten traten, ihre Pferde bestiegen und, von der Anhöhe herabreitend, gegenüber den einzelnen Rittern, die ihren Schild berührt hatten, Aufstellung nahmen. Unter Hörner- und Trompetenklang rannten sie nun in vollem Galopp aufeinander los, und so überwiegend war die Gewandtheit der herausfordernden Partei, dass die Gegner Malvoisins, Bois-Guilberts und Front-de-Boeufs zu Boden stürzten. Grand-Mesnils Gegner verfehlte den Anlauf und anstatt seine Lanze am Helm oder Schild seines Gegners zu zerbrechen, brach er sie quer über seinem Leibe entzwei. Das war noch schmachvoller, als wenn er niedergeworfen worden wäre, weil es an Ungeschicklichkeit in der Führung der Waffe lag, während ein Sturz auch manchmal durch einen Zufall erfolgen kann. Der fünfte Ritter allein rettete die Ehre seiner Partei, indem er ritterlich mit dem Johanniter die Lanze brach, ohne dass einer vor dem anderen einen Vorteil errungen hätte.

      Das laute Geschrei der Menge, das Beifallsgebrüll der Herolde und das Trompetengeschmetter verkündete den Triumph der Sieger und die Niederlage der Besiegten. Die ersteren kehrten nach ihren Zelten zurück, die letzteren rafften sich auf, so gut es ging und verließen unter allseitigem Spott die Schranken, um dann mit den Siegern über den Preis zu verhandeln, um den sie Pferd und Waffen, die nach den Bestimmungen den Siegern verfallen waren, behalten könnten. Der fünfte Ritter allein blieb ein wenig länger, sich an dem Beifall der Menge weidend.

      Eine zweite und dritte Gruppe zog ins Feld, und obgleich der Erfolg wechselte, blieb doch in der Hauptsache der Sieg auf der Seite der Herausforderer. Von ihnen wurde nicht einer aus dem Sattel gehoben oder machte einen Fehlstoß, was doch bei ihren Gegnern des öfteren zutraf. Auch schien der Mut der Gegner nachzulassen angesichts des dauernden Glückes der anderen, denn beim vierten Gange erschienen nur noch drei Gegner, die sich weder mit Front-de-Boeuf, noch mit Bois-Guilbert maßen, sondern mit den drei anderen, die weit weniger Kraft und Gewandtheit gezeigt hatten. Aber auch diese Vorsicht änderte am Ausgange des Kampfes nichts. Die Herausforderer blieben Sieger. Einer der Gegner wurde geworfen, die beiden anderen verfehlten den Anstoß. Nach diesem vierten Gange trat eine lange Pause ein, und es schien niemand zur Fortsetzung des Kampfes Lust zu haben.

      Bald aber erklangen von neuem die Stimmen der Herolde: »Liebe den Damen! Brecht Eure Lanzen! Kämpft tapfer, Ihr Ritter! Schöne Augen sehen hernieder auf Eure Taten!« Dazwischen klang in wilden Tönen die Musik der Herausforderer, Sieg und Trotz in ihren Klängen. Das Volk begann sich zu ärgern, dass der Festtag hinzugehen drohte, ohne dass man was Ordentliches zu sehen bekam, und alte Ritter und Edelherren beklagten sich leise, dass der kriegerische Geist im Schwinden sei. Sie schwatzten von den Siegen ihrer jungen Jahre. Prinz Johann gab schon seinem Gefolge Weisung, das Festessen herzurichten und meinte, dass er wohl den Preis Bois-de-Guilbert geben müsse, der zwei Ritter geworfen und einen dritten noch schmählicher heimgeschickt habe.

      Die Musik der Herausforderer hatte eben eine lange und kühne Fanfare zu Ende geblasen, da gab vom Nordende her eine einzelne Trompete eine herausfordernde Antwort. Aller Augen wandten sich mit einem Mal dorthin, um den neuen Kämpfer zu sehen, den dieser Trompetenstoß ankündigte.

      Kaum waren die Barrieren geöffnet, so ritt er in die Schranken. Soweit man seine Gestalt nach der Rüstung beurteilen konnte, schien er nicht viel über Mittelgröße, eher schlank als stark. Seine Rüstung war von Stahl mit reichen Goldeinlagen, sein Wappenschild zeigte einen jungen, mit der Wurzel ausgerissenen Eichbaum, als Inschrift stand das spanische Wort Desdichado darauf, das zu Deutsch der Enterbte heißt.

      Er ritt einen stattlichen Rappen und grüßte im Hereintänzeln höflich den Prinzen und die Damen, indem er die Lanze senkte. Die Gewandtheit, mit der er sein Pferd lenkte, und eine unverkennbare Anmut und jugendfrische Forschheit in seinem Gebaren eroberten ihm im Sturme die Herzen der Menge, und aus dem Zuschauerraum der niederen Klassen schallten ihm Rufe entgegen wie: »Berührt den Schild von Ralph de Vipont, oder den des Ritters vom Orden der Hospitaliter, der sitzt am wenigsten fest, mit dem werdet Ihr am leichtesten fertig.«

      Unter solchen wohlgemeinten Ratschlägen ritt der Kämpfer nach dem Plateau und hielt zum Erstaunen aller Anwesenden gerade vor dem mittelsten Zelt und berührte mit der Spitze seiner Lanze den Schild Brians de Bois-Guilbert, dass das Eisen laut erklang. Alles Volk erstaunte ob dieser Kühnheit, am meisten aber der gefürchtete Ritter, der zum Kampf auf Leben und Tod gefordert war.

      »Habt Ihr gebeichtet, Bruder, und die Messe heute Morgen gehört,« fragte der Templer, »dass Ihr so keck Euer Leben aufs Spiel setzt?«

      »Ich bin zum Tode mehr gerüstet als Ihr,« versetzte der enterbte Ritter, denn mit diesem Namen hatte er sich ins Turnierbuch einschreiben lassen.

      »So geh auf deinen Platz in den Schranken,« sagte Bois-Guilbert. »Sieh noch einmal die Sonne an, denn diese Nacht wirst du im Paradiese schlafen.«

      »Dank der großen Höflichkeit,« sagte der Enterbte. »Ich will sie nicht unerwidert lassen, und so rate ich dir, nimm ein frisches Pferd und eine neue Lanze, denn bei meiner Ehre, du wirst beides brauchen.« Sein Selbstvertrauen in dieser Weise aussprechend, lenkte er sein Pferd in die Schranken zurück und ließ es die ganze Strecke rückwärtsgehen. Diese Probe seiner Reiterkunst trug ihm von neuem den Beifall der Menge ein.

      Obwohl entrüstet über die ihm von seinem Gegner erteilten Ratschläge, machte Bois-Guilbert doch davon Gebrauch, denn seine Ehre stand auf dem Spiel, und es durfte kein Mittel außer Acht gelassen werden, das dazu beitragen konnte, ihm den Sieg über seinen Gegner zu verschaffen. Er bestieg also ein frisches, kraftvolles Pferd und nahm auch eine neue Lanze, da seine alte bei den bisher ausgefochtenen Gängen leicht schadhaft geworden sein mochte. Auch den Schild, der beschädigt worden war, legte er beiseite und nahm den seines Knappen. Dieser neue Schild zeigte als Sinnbild einen fliegenden Raben, der einen Schädel in den Klauen hielt und die Umschrift trug: Gare le Corbeau. Als die beiden Streiter an den beiden Enden der Schranken einander gegenüber hielten, war die Spannung der schaulustigen Menge aufs höchste gesteigert. Wenige hielten es für möglich, dass die Sache für den Enterbten gut ablaufen würde. Aber sein Mut und sein Benehmen ließen alle Zuschauer die besten Wünsche für ihn hegen.

      Kaum war das Trompetensignal erklungen, so rasten die beiden Reiter blitzschnell aufeinander ein. Mit donnerähnlichem Krachen prallten sie gegeneinander an. Bis zum Griffe zersplitterten die Lanzen, und im ersten Moment sah es so aus, als seien beide Reiter gestürzt, so jäh taumelten von dem Ansturm beide Rosse zurück. Aber die Reiter waren so behände, dass sie die Pferde mit Zaum und Sporn rasch wieder zur Ruhe gebracht hatten. Sie warfen sich in Eile Blicke zu, die durch das Visier hindurch Flammen zu sprühen schienen, dann drehten sie um und kehrten ans Ende der Schranken zurück, wo ein jeder eine frische Lanze erhielt.

      Lauter Beifallssturm der Menge, die Schürzen und Tücher schwenkte, begrüßte diesen neuen Strauß. Was sie eben gesehen hatten, war bisher der beste und gleichmäßigste Zweikampf des Tages gewesen. Kaum aber standen die Ritter wieder an ihrem Platze, so folgte dem

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