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Erinnert er mich und ja, er hat ja Recht. Ich weiß nicht, wie viel Zeit verstrichen ist. Doch, warum sagt er es laut? Weiß Oliver doch mehr, als er zugibt?

      Seine Hände sind nun gefesselt und er soll sich hinsetzen. Warum macht er das?

      »Wir müssen reden, kleine Fee.«

      »Wieso hast du ihn gefesselt?«, möchte ich zuerst wissen und verschränke meine Arme vor der Brust. Mein komplettes Outfit hab ich noch immer an, denn es ist echt kalt hier drin.

      »Ich muss mit dir reden!«

      Ich seufze und blicke zu Oliver 2. Er nickt. Trotzdem ist es unnötig, ihn zu fesseln, die Tür wird doch eh abgeschlossen. Was hat er nur vor?

      »Einverstanden.«

      »Ohne dieses Ding im Ohr. Nur wir zwei«, flüstert er so leise, dass nur ich es verstehen kann. Dabei spüre ich seinen Atem so deutlich auf meiner Haut, dass ich eine Gänsehaut bekomme.

      ›Melanie, mach das nicht.‹

      »Einverstanden. Sorry, Oliver.«

      Julian schließt die Tür wieder ab, nachdem wir den Raum verlassen haben. Oliver kann nichts geschehen. Bevor ich gegangen bin, habe ich ihm meine Wasserflasche dagelassen und ein paar Schokoriegel, die ich ebenfalls eingepackt hatte. Könnte natürlich schwierig werden, wenn die Hände verbunden sind ... ›Wirklich sehr schlau von dir, Mel‹, rüge ich mich selbst und könnte mir glatt mit der Hand gegen die Stirn schlagen.

      Julian und ich gehen eine Weile stumm nebeneinander her und ich warte, was er sagen will. Niemand scheint hier zu sein, aber ich traue dem nicht. Wir gehen weiter und weiter und ich hoffe, er weiß, was er macht.

      Er hält an, überprüft die Klinke einer Tür und als sie sich öffnet, treten wir in einen ziemlich engen Raum ein. Er verschließt die Tür hinter uns. Plötzlich bin ich Julian so nah wie nie zu vor.

      »Hier sind wir ungestört«, flüstert er. Sein Atem erzeugt abermals eine Gänsehaut auf meiner Haut.

      »Okay. Was hast du vor?«

      »Ich muss mit dir reden, alleine. Nur wir zwei. Draußen sind überall Kameras und manche zeichnen wirklich alles auf.«

      »Verstehe. Julian ... Was ist los?«, möchte ich wissen. Er sieht verzweifelt zu mir runter und ich weiß nicht, ob ich ihm trauen kann oder darf. Aber ich würde es so gerne. Irgendwas geht in ihm vor. Ich spüre richtig, wie sein Atem immer schneller geht. Fast so wie meiner. Mein Herz rast wie verrückt.

      »Kleine Fee«, beginnt er und verstummt wieder. Er fährt sich mit seiner Hand durch sein strubbeliges Haar und sieht mich so unfassbar traurig an. »Das wollte ich alles nicht, glaube mir.«

      »Julian, was ist los mit dir? Wir waren doch mal so etwas wie Freunde, oder?«

      »Ich habe dich doch nur ausgenutzt, das war nicht echt.«

      Nein, das glaube ich ihm nicht.

      »Bitte, rede mit mir! Ich höre dir zu und werde es verstehen.«

      »Was willst du verstehen? Was glaubst du, ist denn los?«

      Ich atme ein. Ich atme aus. Der Raum ist so eng, dass wir uns kaum drehen können. Noch immer sieht er mich nur an, sagt aber nichts weiter.

      »Gut, gib mir ein paar Sekunden, um dir meine Gedanken mitzuteilen, okay?« Er nickt und ich fahre fort. »Penelope hat herausgefunden, dass du schwul bist und mit wem du eine Beziehung führst. Sie hat dich nun mit irgendwas in der Hand. Vermutlich droht sie dir.«

      Er lächelt und nimmt meine Hände in seine. Wir halten uns ganz fest und endlich spricht er:

      »Das, was ich dir erzähle, wird sich total verrückt anhören. Aber ich kann es beweisen, okay?« Nun bin ich es, die nickt. Ich möchte nichts verpassen. »Penelope ist seit vielen Jahren immer und überall unterwegs. Sie kennt unseren gesamten Werdegang. Sie wusste, dass du @marinettesbookland bist, bevor du selbst auf die Idee mit Instagram gekommen bist. Dann hat sie herausgefunden, dass ich schwul bin und einen Freund habe. Wenn es nur das gewesen wäre und sie mich rausgeschmissen hätte, wäre es mir egal gewesen, wirklich. Aber sie hat erfahren, dass ich gegen sie ermittel. Gegen meine eigene Mutter. Wegen all der Straftaten, die sie begangen hat. Irgendwie weiß sie, dass ich seit 10 Jahren für deinen Vater arbeite und somit auch für einen Oliver aus einer anderen Zeit.«

      »Was?« Ich starre ihn an und glaube nicht, dass er das gesagt hat. »Du arbeitest für die Organisation. Schon vergessen?«

      »Ich sollte auf dich aufpassen.« Er runzelt die Stirn. »Ja, offiziell arbeite ich für die Organisation.«

      »Wie bitte?«, sage ich nun etwas schroffer.

      »Kleine Fee, du weißt das. Du weißt, dass ich dich immer mal getroffen habe.«

      »Ja, aber ...«

      »Penelope hat all das herausgefunden und ...« Er verstummt und wird ganz blass. Sofort nehme ich ihn in die Arme.

      »Sie hat deinen Freund umgebracht, in der Zukunft, richtig? Und damit es verhindert wird, erpresst sie dich.«

      Er nickt. Soll ich ihm glauben? Mein Gefühl sagt mir ja, aber er hat mich schon mal hintergangen. Er holt sein Handy hervor. Ich wusste gar nicht, dass es auch hier funktioniert.

      »Sie hat mir dieses Bild geschickt.«

      Er zeigt mir ein Foto, auf dem ein junger Mann abgebildet ist, der ... Tränen steigen in mir hoch und ich kann mich nicht zurückhalten.

      »Sie hat ihn umgebracht, um ihren Standpunkt zu verdeutlichen, damit du dich mit mir anfreundest?« Auch wenn es sehr schmerzt, muss ich realistisch bleiben. »Julian ... Woher weiß ich, dass du wirklich die Wahrheit sagst und ich dir vertrauen kann?«

      Er seufzt und beginnt an seiner Hose herum zu fummeln.

      »Äh, was wird das?«

      »Vertraue mir, kleine Fee.«

      »Das hast du früher schon mal gesagt und mich dann fertig gemacht«, murmle ich, beobachte aber weiter, was er macht. Nervös beiße ich mir auf die Unterlippe. ›Vertrauen‹, sage ich mir stumm. Er dreht sich von mir weg und zeigt mir seinen Po, ja wirklich. Nach dem ersten Schock registriere ich, dass da etwas tätowiert ist.

      »PO 323«, sage ich erschrocken und hätte die Stelle fast berührt, so überrascht bin ich. Er richtet sich wieder auf, zieht seine Unterhose hoch, aber schließt nicht die Hose.

      »Genau, Olivers Code.«

      »Das ist unmöglich! Durch diesen Code hatte Oliver damals meinem Dad geglaubt, dass er ihm vertrauen kann.«

      »Nichts ist unmöglich, kleine Fee«, sagt er und lächelt mich an. »Ich brauche deine Hilfe. Ich darf Edward nicht verlieren!«

      »Edward«, sage ich und muss schmunzeln.

      »Er ist auf unserer Seite und wollte mit mir die Organisation stürzen. Deshalb hatte ich mich zu Oliver in die Zukunft geschrieben, damit er uns hilft.«

      »Natürlich helfe ich dir«, sage ich und wundere mich über diese eigenartige Wendung. In einem Buch würde man jetzt von einem Plot twist sprechen. Bücher. Unsere gemeinsame Leidenschaft. »Ich habe dich vermisst«, gestehe ich und umarme ihn noch einmal.

      »Ich dich auch. Es darf niemand von dem hier erfahren, okay?«

      »Was ist mit den Olivern?«

      »Nutze das Gedankenübertragungsgerät für dein Ohr. Nur so könnt ihr ungestört reden! In dem Raum sind Mikrophone! Du musst dir also was einfallen lassen.«

      »Okay. In Ordnung. Keine Kameras?«

      »Nein, versprochen. Ihr habt eure Privatsphäre. Darauf habe ich bestanden.«

      »Gut, danke. Wo ist die Königin?«

      »Ich weiß es nicht, wirklich. Meine Aufgabe war es, dich abzulenken, damit Penelope Oliver ... ähm, wie hast du sie kategorisiert?

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