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mit der Einleitung: „Ich und meine Mitarbeiter haben…“

      Dieter Wiese war ein Analyst und starker Rhetoriker, der sich überzeugend in Szene setzen konnte. Er konnte glaubhaft PR betreiben, hatte jedoch eine große Scheu, sich mit Vorgesetzten und dem Milieu auseinander zu setzen.

      Wiese war trotz seiner 58 Jahre nie an einer solch exponierten Dienststelle, und dann auch noch als Hauptverantwortlicher, tätig gewesen.

      Während seiner Dienstzeit hatte er sich von Lehrgang zu Lehrgang gehangelt und immer nur Dienst in der Etappe geleistet. Mal war er Mitarbeiter in der Kriminalaktenhaltung, mal bei der Kriminalitätsanalyse. Für einen langen Zeitraum war er in zwei Intervallen Kofferträger zweier Kriminaldirektoren. Er fertigte auf den Stabsleiter- Sitzungen die Protokolle und war verantwortlich für die Umsetzung der Terminplanung.

      Kollegen frotzelten und feixten, dass er dem Staat immer noch seine erste Festnahme schuldig sei. Es war auf St. Pauli für ihn zur Manie geworden, ständig auf die Uhr zu schauen, weil er stets den Feierabend herbei sehnte.

      Wiese widmete sich viel lieber seiner Bonsaizucht mitsamt der entsprechenden Literatur, von der er einen ganzen Stapel in seinem Büroschreibtisch deponiert hatte.

      „Hm, du wirst es schon machen, Max. So, hab noch einen Termin, mach dein Ding“, sagte der Leiter für Spezielle Kriminaldelikte, während er das Büro verließ.

      „Hallo, Chefermittler, hier bin ich, ha, ha. Heute besser?“ Kriminalkommissarsanwärter Anton Meyer betrat den Raum

      Das konnte doch wohl nicht wahr sein. Wie sah der denn aus?

      Toni trug einen schwarzen Anzug, dessen Tuch zu platzen drohte. Die Ärmel waren viel zu kurz. Die Hose hatte starkes Hochwasser und trug darüber hinaus eine mexikanische Rundbügelfalte. Das Sakko ließ sich nicht mehr zuknöpfen, weil es zu eng war.

      Das Hemd schien dasselbe zu sein wie am Tag zuvor, die Halskette ebenfalls. Am linken Handgelenk befand sich eine gelbgoldfarbene funkelnde Rolex.

      „Toni, Mann, Toni, der Anzug hat doch höchstens Konfektionsgröße 50. Ist das Ihr Konfirmationsteil? Ich schätze Sie mindestens auf Größe 102. Also, das geht nun wirklich nicht. Können Sie sich nicht manierlich kleiden?“

      Nicht ohne Unterton eines Vorwurfs versuchte Anton Meyer Max beizubringen, dass er sich lediglich dem Milieu angepasst hätte, er es mit dem Outfit leichter haben würde, zu knallharten Ermittlungsergebnissen zu kommen. Die Argumentation überzeugte Max jedoch nicht einmal im Ansatz. Max Meinung war, dass das Milieu sich ihm anzupassen hätte und nicht umgekehrt.

      „Keine Kohle momentan. Der Monat hat doch schon die Hälfte übersprungen und mein Auto ist auch in der Werkstatt. Wenn Ihnen diese Sachen nicht gefallen…?“, Toni war enttäuscht. „Gibt es nichts Wichtigeres, Herr Herbst? Ich will es nur verstehen.“

      Nein, zu dem Thema fiel Max momentan nichts Besseres ein. Klugscheißer, dachte er.

      „Sie erzählen mir jetzt erst einmal von den Zeugenermittlungen gestern Nachmittag am Tatort.

      Dann gehen Sie in die Karstadtfiliale am Nobistor und kaufen sich eine manierliche Jeans. Hier haben Sie hundert Mark. Die leihe ich Ihnen. Können Sie mir am Ersten zurück geben“, lenkte der Kriminalist Herbst ein, während Toni den Hunderter flugs in seiner Hosentasche verschwinden ließ.

      „Danke, Herr Herbst. Nachdem ich also in der Kriminalaktenhaltung war, bin ich zum Tatort gefahren, so wie Sie es mir aufgetragen haben. Ich konnte tatsächlich einen Zeugen auftreiben.

      Der heißt Johann Dabeler, ist 61 Jahre alt und wohnt gegenüber vom Tatort-Parkplatz in der angrenzenden Villa. Dabeler hatte gegen drei Uhr nachts bei geöffnetem Fenster noch eine geraucht und im schwachen Lichtschein der Laterne auf dem Parkplatz zwei Personen rangeln sehen. Ob die miteinander gesprochen hatten, konnte er nicht sagen. Gehört hatte er jedenfalls nichts. Dann fiel das Opfer zu Boden und blieb regungslos liegen. Die andere Person ging eiligen Schrittes über die Parkplatzeinfahrt in Richtung Straße.

      Ihm war aufgefallen, dass der Täter leicht humpelte, also ein Bein nachzog. Mehr will er nicht gesehen haben. Hier das schriftliche Protokoll.“

      „Hm, weshalb meldete er den Vorfall nicht der Polizei?“

      „Hab ich auch gefragt. Er sagte, dass er mit dem Rotlichtmilieu nichts zu tun haben möchte, weil er Repressalien befürchtet.“

      „Gut, ich wünsche Ihnen einen guten Einkauf und machen Sie nicht so lange. Gleich kommen unsere Vorladungen.“

      „Ja, danke, bin schon weg“. Der Praktikant hastete aus dem Zimmer.

      Nachdem das Telefon dreimal geklingelt hatte, nahm Herbst den Hörer ab. „Hier Wachraum, Schneider, Kollege Herbst, eine Biene Schmidt ist hier, möchte zu Ihnen.“

      „Ja, ist in Ordnung. Schicken Sie die Dame hoch, ich gehe ihr entgegen!“

      „Hallo, Sie müssen Herr Herbst sein, nicht wahr?“, hörte Max die auf ihn zukommende, attraktive weibliche Person mit der dunklen Bienenkorbfrisur und den knallroten Lippen rufen.

      Die Brüste dieser Zeugin sahen voll und fest aus, beinahe zu viel für die rosafarbene Seidenbluse, die sie trug. War das vielleicht Absicht oder was steckte dahinter?

      „Ja, dann sind Sie wohl Biene Schmidt?“

      „Ist so, Herr Herbst.“

      „Nehmen Sie bitte Platz, hier direkt vor meinem Schreibtisch, da klappt die Konversation am besten!

      Ich möchte Sie hier als Zeugin vernehmen, Frau Schmidt. Damit die Staatsanwaltschaft sich ein Bild von Ihnen machen kann, bitte ich Sie, erst einmal kurz über sich zu erzählen. Ich muss Sie jedoch ermahnen. Sie sind zur Wahrheit verpflichtet und könnten ansonsten wegen uneidlicher Falschaussage bestraft werden.“

      „Ja, hab ich schon verstanden. Ich habe nichts zu verbergen oder zu beschönigen. Ist einfach grausam, das mit der Sabrina, Herr Herbst.“

      Biene Schmidt setzte sich auf den von Max Herbst zugewiesenen Stuhl.

      Sie schlug gekonnt die Beine übereinander und es entstand ein reibendes Geräusch, das wohl so mancher als erregend empfinden könnte. Max warf einen kurzen Blick auf die roten Träger ihres BHs, als sie sich nach unten beugte, um eine Packung Zigaretten aus ihrer neben dem Stuhl abgelegten Handtasche zu nehmen.

      „Darf ich, Herr Herbst?“, fragte Biene Schmidt und winkte mit der Zigarette, die sie zuvor der Packung entnommen hatte.

      „Hm, ja, aber bitte nicht Kette“, antwortete Max. „Dazu ist der Raum zu klein, außerdem bin ich Nichtraucher.“

      Kaum ausgesprochen, ging Max zur Fensterfront in Richtung Davidstraße und öffnete alle drei Fenster in Kippstellung.

      Nachdem er wieder an seinem Schreibtisch saß, sagte er zu der Zeugin: „Na, dann fangen Sie mal an!“ und spannte zwei Blankobögen DIN-A-4 Papier in die Schreibmaschine.

      Biene Schmidt nickte, während sie einmal kräftig an der Zigarette sog und den Rauch ihres gewaltigen Lungenzuges in Richtung Max blies, der sie durch eine Qualmwolke ansah und die Augen zu Schlitzen zusammen kniff.

      Bevor die ehemalige Prostituierte Rede und Antwort stehen konnte, griff Max unter den Schreibtisch, schob seine linke Hand in die Hosentasche und legte seine eingeklemmte Genusswurzel, wie er seinen Penis nannte, von rechts nach links. Er war eben Linksträger. Für Sekunden hob Max seinen Hintern, um sich sofort wieder zu setzen. Es war eine Wohltat. Jetzt hatte er den Kopf frei von jeglichen Störungen und konnte sich mit voller Konzentration der Vernehmung widmen. Biene Schmidt schien seine Aktion nicht bewusst wahrgenommen zu haben.

      „So, Frau Schmidt. Was machen Sie beruflich?“

      „Ich bin im Dienstleistungssektor tätig.“

      „Aha, Sie kauften eine Couch und haben sich selbstständig gemacht?“

      Hat man ihr auch eine Steuernummer mitgeteilt? Wahrscheinlich hat sie nicht einmal eine

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