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Der Gott des Zwielichts. Joachim Kurtz
Читать онлайн.Название Der Gott des Zwielichts
Год выпуска 0
isbn 9783754187104
Автор произведения Joachim Kurtz
Жанр Языкознание
Издательство Bookwire
„Mir scheint, ich hatte bereits den gleichen Gedanken.“, rief Aedhwyn in die versammelte Runde. „Hört Bhelundirs Bericht, und hört ihn aufmerksam!“
Der Herzog verneigte sich erneut, diesmal zu Aedhwyn hin.
„Ihr alle habt mit eigenen Augen gesehen“, nahm er seine Rede wieder auf, „wie das Land vom Dhrys an aussah. Mit frisch aufgefüllten Wasservorräten sind wir von seinen Ufern aus weitergezogen, und wie ihr wißt, taten wir gut daran: kein müdes Rinnsal haben wir gekreuzt, ehe wir den Bhryg erreichten, und keinen einzigen Brunnen bekamen wir weit und breit zu Gesicht. Das aber, versichere ich euch, ist das Werk der Masgadhrim, die bis in Bryannars Zeit mit ihren Viehherden das Gebiet zwischen den beiden Flüssen durchstreiften.“
An dieser Stelle hielt Bhelundir erneut inne. Er schien darauf zu warten, daß jemand anderes auf die von ihm nur vage umrissene Episode Bezug nahm und sie anhand eines genaueren Berichts bestätigte, oder vielleicht genoß er auch nur das allgemeine Erstaunen, das er mit seiner bisherigen Anspielung bewirkt hatte. Wie auch immer, meldete sich nach wenigen Augenblicken der Stille ein weiterer der khyltrischen Veteranen zu Wort, den der bhyandrische Herzog zuvor nicht beim Namen genannt hatte:
„Oh ja, ich erinnere mich sehr wohl. Die listigen Steppenfüchse, sie gruben auf ihrer Flucht die Quellen ab und schütteten die Brunnen zu, oder vergifteten sie....“
„....aber erst als sie annehmen durften, daß wir vor Durst halb wahnsinnig sein mußten. Du sagst es, Yrmin: die Masgadhrim brachten uns auf einer Länge von wenigstens vier Tagesmärschen um alles Wasser, was uns zuerst die Verfolgung erschwerte und später beinahe den Rückzug vereitelte. Ihre Rinder und Schafe trieben sie ohnehin vor sich her, aber dafür raubten wir, als wir den Bhryg einmal überquert hatten, die Kornvorräte der Dyraktrim aus, nebst ihren Viehbeständen. Die Erinnerung an jenen Krieg scheint den Kydhrischen nicht weniger tief verhaftet zu sein als uns, nach dem zu urteilen, was wir heute in der Ebene zu sehen bekommen haben....“
„Warte“, hakte Mraeghdar ein, „laß mich raten, worauf du hinauswillst! Während ihr die Masgadhrim vom Dhrys bis an den Bhryg verfolgtet, sorgten sie auf ihrer Flucht dafür, daß ihr kein Wasser hattet.“
Bhelundir nickte.
„Dann fielt ihr bei den Dyraktrim ein und nahmt ihnen, was ihr zuvor von den Masgadhrim nicht bekommen konntet, namentlich das Vieh, und dazu noch ihre Ernte.“
Bhelundir nickte erneut.
„Und die Absicht der Dyraktrim soll es jetzt sein, uns nach dem Vorbild der Masgadhrim zur Verfolgung durch ein bereits ausgeplündertes Gebiet zu nötigen.“
„Und uns somit durch Hunger zu schwächen“, befand der Herzog. „Genau das ist meine Befürchtung.“
Auf die Flußauen senkte sich der Abend herab. Von Westen her ergoß sich sonnengelbe Glut, statt des steilen, grellweißen Mittagslichts, und eine leichte Brise brachte Frische und Linderung; als sie durch das Laub strich, ging ein hundertfaches Flüstern über die Köpfe der Versammelten hinweg, was die erneut eingetretene Stille nur umso deutlicher hervorhob.
„Hat es euch allen die Sprache verschlagen, bei Dhwyrd?!“
Mraeghdars ungeduldige Stimme riß auch die Nachdenklichsten aus ihrer Selbstversunkenheit. Dabei wußte er auf Bhelundirs Einschätzung der gegenwärtigen Lage hin selbst nichts zu sagen, jedenfalls nicht unmittelbar, und daher auch seine Gereiztheit. Er war es nicht gewohnt, nach Worten suchen zu müssen, und schon gar nicht zweimal am gleichen Tag.
„Niemand mehr hat etwas zu sagen?“
Der Großkönig war jetzt aufgestanden und schritt angespannt vor den Herzögen auf und ab. Die Blicke, mit denen er sie dabei bedachte, waren vernichtend. Schließlich knurrte er mit seitwärts geschraubtem Kopf:
„Die Versammlung ist beendet!“
Zu schnell verließ er in Begleitung seiner Leibgarden den Versammlungsplatz, um noch sehen zu können, daß sich aus den Reihen der Khyltrim zögerlich eine Hand heben wollte. Sie gehörte dem vierten der von Bhelundir aufgerufenen Veteranen, und was er sagen wollte, blieb vorläufig ebenso unausgesprochen wie sein Name.
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