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diese Menschen mit mir nach einer Erklärung, weshalb Einschüchterung, Entführung und Intrigen plötzlich aus dem Nichts auf meine Familie niederprasselten.

      Zufälligerweise tagte genau an diesem Mittwoch, an dem ich überaus emotional meine mir nicht mehr ganz so unbekannte Traumfrau beinahe auf Knien um Verzeihung gebeten hatte, auch das Familiengremium der Willers. Vor einem jener Mietshäuser aus den Anfängen des 20. Jahrhunderts, die den letzten Weltkrieg überstanden hatten, dachte ich kurz an die letzten sechs Stunden zurück, woraufhin in mir Mut wuchs. Ein joviales Glücksgefühl strömte durch meine Adern. Neben mir an meiner Hand hielt ich eine brünette, ungefähr fünf Fuß und neun Zoll große deutsche Informatikerin, die den Grund jenes anwachsenden Mutes und Wandels in einer Person manifestierte. Ihre Augen zwischen grau und blau wussten mich immer zu fesseln. Diese Haare lockten mich andauernd, meine Finger darin zu vergraben und in diesem Kopf steckte ein Labyrinth voller Neuigkeiten. Gekostete Lippen forderten Wiederholungen und ehrlich gestanden, sogar diese Ohren betörten mich. Heute trug diese Frau eine Kombination, die ich ihr bei unserem zweiten Treffen gekauft und geschenkt hatte, weil sie mir in meinem stockenden Leben weitergeholfen hatte, ja sogar in mir etwas erweckt hatte. Durch dieses kleine Chaos waren wir uns ungewollt sehr viel näher gekommen, als ich es jemals zuvor erlebt hatte. Es hatte in meinem Leben nur eine Frau gegeben, die mir beinahe ebenso unter meine Haut gegangen war und in meinem Herz gelebt hatte, meine verunglückte Frau Barbara.

      Nach ihrer noch nicht ganz aufgeklärten plötzlichen Flucht und den schrecklichen Vorfällen meiner Kinder in London hatte ich letzten Sonntag mit einer Schimpftirade eben jene Samantha Willer verjagt. All diese Vorkommnisse überforderten mich, machten mich wütend und verliehen mir ein wenig mehr Patina des Alters und Scheiterns. Während eines abgewehrten Versuches, meine Tochter und ihre Freundin zu entführen, entgleiste der zuverlässige Zug der Vernunft in mir. Es brüllte damals in mir, jene Frau neben mir hätte mich im Stich gelassen. Entgegen meines Wissens hatte Samantha jedoch längst Stellung für mich und vermutlich auch meine Kinder bezogen. Perplex brauchte ich einen ganzen Tag, um mich zu sammeln, meine Fehler zu erkennen, diese Emotionen zu korrigieren und einen Plan zu schmieden, mein begangenes Unrecht gerade zu rücken. Erst nach ihrer Flucht letzten Sonntag erfuhr ich, dass Samantha meinen Sohn sogar vor einer sehr gefährlichen Intrige gerettet hatte. Natürlich würde jede Frau flüchten, wenn sie so rüde missbilligt worden wäre.

      Schuldbewusstsein und der Verlust ihrer Nähe trieben mich aus dem Kreis meiner drei Kinder nach Berlin. Wegen dieses weiblichen Wesens an meiner Seite schöpfte ich wieder Hoffnung und erwachte mein Wille, meinen Kindern ein besserer Vater zu sein. Samantha bekundete vorhin bei einem inoffiziellen Verhör, sie stehe zur Familie. Obwohl man dieses Beisammensein nicht wirklich Verhör nennen durfte, fühlte es sich nach meinem Dafürhalten leider trotzdem danach an. Während der letzten vier Stunden mit ihr, erlebte ich eine warme, starke und auch mich erotisierende Frau. Die Gespräche mit und die Geständnisse von ihr bestätigten all meine Ahnungen und auch Gefühle dieses riskanten Vorgehens ihrerseits als richtige Entscheidung einer couragierten Person. Schon als ich ihr kurz vor dem Verhör gegenüber getreten war, verfiel ich dieser Frau ein zweites Mal hoffnungslos mit Haut und Haaren. Gerade hatte sie sich die Tränen abgewischt und stand schwer mit sich kämpfend im Flur der Firma, in der sie arbeitete, da setzte meine britische Contenance aus. Allein mein Herz hatte mich in diesem Moment geleitet. Einfach so. Seitdem schwebte ich in diesem Zustand der Zuneigung. Verliebtheit stellte nur einen kleinen Teil dar, denn da waren noch Verbundenheit und Verständnis, die mich erfüllten. In ihrer Nähe fühlte ich mich nicht nur stark, sondern auch gefunden und verstanden. Samantha hatte mir mit drei Gesten bezeugt, mir verziehen zu haben. Ach, ich vergaß zu erwähnen, sie war auch noch intelligent. Einfach eine unwiderstehliche Kombination für mich. Am liebsten hätte ich sie mitgenommen und wäre einfach nur mit ihr und einer großen Packung Eis in ein riesiges Bett verschwunden, um ihr zu beweisen, wie ich mich fühlte und zu ihr stand. Nun hatte es im Gegenzug nicht mal eine halbe Minute gedauert und ihr Zittern war verschwunden. Prompt wurde ihr Griff fester, was bei mir ein seltsames Hochgefühl auslöste.

      Kurz nachgedacht, drückte mein linker Zeigefinger den modernen Klingelknopf neben der Tür ihrer Eltern. Ich war fest entschlossen, ihr bei ihrem Problem beizustehen. Ein kurzer Seitenblick verriet mir, dass meine Lieblingsberlinerin versuchte, sich zu entspannen. Samanthas Größe erleichterte es mir, sie eher als gleichwertig anzusehen. Klingt ein wenig bescheuert, aber so bin ich nun mal. Sollte sie jemals in Highheels auftauchen und in meiner Augenhöhe sein, würde ich sehr wohl die Beherrschung verlieren. Samanthas Anwesenheit strahlte nach dem Klingeln immer noch geheimnisvoll und unschlüssig. Mit ihr einen ganzen Sonntag im Bett zu verbringen, wäre ein großartiger Geburtstagswunsch. Solche ungewohnten Gedanken schlichen immer öfter durch meinen Kopf.

      „Vertraue mir“, flüsterte ich ihr zu.

      Sie suchte keinen Blickkontakt, starrte nur auf die Wohnungstür. Doch zwinkerten Samanthas graublaue Augen mit den langen Wimpern bewusste vier Male.

       Was ging nur in ihr vor? Warum diese Scheu?

      Sie hatte mir offenbart, dass sie keine Kinder bekommen konnte. Wie schrecklich musste es für Samantha gewesen sein, wie hart für ihr eigenes Selbstbewusstsein. Wie viele Abfuhren oder gar Belustigung über diesen Makel hatte sie ertragen müssen? Zu viele! Ganz sicher war ich, dass es Sammy jedes Mal verletzte. Daher kam dieser Wunsch, meine Familie kennenzulernen, wesentlich stärker zum Tragen. Addierte ich ihr jugendliches Auftreten hinzu, das ihr ausgesprochen gut stand, steckte mich ihre Persönlichkeit wie ein Virus an.

      Samantha sagte geradeaus, als würde sie in eine Schlacht ziehen: „Ich vertraue dir.“

      Endlich vernahm ich eine bekannte Stimme. Es war ihre Schwester Patrizia, die sich aufregte. Leider verstand ich nichts, weil diese Ausrufe in deutscher Sprache erfolgten. Sam blickte mich nun traurig oder gar beschämt an. Ach, ich lächelte zuversichtlich zurück. Hinter dieser Tür eröffnete sich mir nun eine verdammt kleine Welt.

      Samantha dolmetschte mit einem traurigen Ton: „Niemand stand auf, um mir oder uns die Tür zu öffnen, weder mein Vater, noch Patrizias Mann. Ich bin beschämt.“

      Zuversichtlich lächelte ich ihr ins Gesicht, was ihr Erstaunen über meine Gleichgültigkeit dieser Missachtung in hochgezogenen Augenbrauen und weit geöffneten Augen enden ließ. Endlich öffnete ihre Schwester, die ich bereits kennengelernt hatte, uns die mausgraue, massive und reich dekorierte Wohnungstür. In mir kribbelte es, indem kleine Gewitter meinen Bauch durchzogen.

      „Du musst dir das nicht antun. Wir können einfach gehen, denn du bist mir wichtiger“, flüsterte Samantha gerade in sich hinein.

      Das löste ein kleines Déjà-vu aus. Damals, als meine Frau verstarb, hielten mir meine Schwiegereltern vor, sie nicht beschützt zu haben. Genauso zerrissen fühlte ich mich hier auch kurz. Meiner Pflicht des Ehemanns nicht nachgekommen zu sein. Aber warum sollte ich Barbara zum Sport bringen? Das hätte meine verstorbene Frau nur akzeptiert, wenn ich noch einmal in mein Büro gefahren wäre. Damals standen Leben oder Tod meiner Frau nicht zur Debatte. All diese Vorwürfe konnten mühselig durch eine Therapie ausgeräumt werden, brachten aber meine Barbara nicht zurück. Patrizias Gesicht erschien, deutete mit einem schiefen Mund Freude an und ließ uns ein.

       Aber halt, was sagte Samantha eben? Ich sei ihr viel wichtiger und ihr wäre das hier egal?

      Verwirrung breitete sich kurz aus. Diese Aussage stimmte nicht mit meiner Schlussfolgerung überein. Einen Augenblick erhaschte ich einen Blick in ihrem Gesicht. Der erklärte alles und hieß doch eindeutig, sie bat mich stumm darum, zu helfen. Implizit schon, oder? Es keimte in mir ein Kampfeswille. Ich würde dies hier für meine Samantha erledigen. Verbundenheit breitete sich aus. Sie sagte auch „uns die Tür zu öffnen“. Samantha lächelte nun ebenfalls zaghaft, indem ihr Mund eine beschwingte Linie formte, ihre Augen ein wenig mandelförmiger wurden, ihre Wangen sich leicht röteten und ihre Ohren durch ihre Anhebung den empfindsamen Hals preisgaben.

       Das ist verdammt interessant! Warum nur?

      Ein

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