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Seefahrt in den 1960-70er Jahren auf Bananenjägern und anderen Schiffen. Klaus Perschke
Читать онлайн.Название Seefahrt in den 1960-70er Jahren auf Bananenjägern und anderen Schiffen
Год выпуска 0
isbn 9783742705839
Автор произведения Klaus Perschke
Жанр Документальная литература
Серия maritime gelbe Buchreihe
Издательство Bookwire
Ein Wort über den Transport: Bananen werden mit ziemlich schnellen Kühlschiffen befördert, die eine Marschfahrt von durchschnittlich 22 Knoten bis zum Zielhafen durchhalten und die weiterhin für eine konstante Laderaumtemperatur von 11,3°Celsius garantieren. Vorübergehend verfügte die UNITED FRUIT COMPANY weltweit über die größte einer solchen spezialisierten Kühlschiffflotte.
Anmusterung auf MS „BRUNSKOOG“
Anmusterung auf MS „BRUNSKOOG“, Werftprobefahrt
In Deutschland, also in Hamburg, gab es 1964 zunächst nur zwei Reedereien, die sich nach dem 2. Weltkrieg an das Kühltransportgeschäft heranwagten. Zum einen die Reederei Laeisz. Des weiteren die Reederei Willy Bruns & Co., beide in Hamburg ansässig, die erst Anfang der sechziger Jahren die ersten Kühlschiff-Neubauten bei der Schiffswerft Orstein & Koppel in Lübeck bauen ließen. Per Zufall hatte ich das große Glück, durch die Reederei Willy Bruns hier in Hamburg auf einen dieser yachtähnlich gebauten Kühlschiffe anzumustern. Der Name des Neubaus war MS „BRUNSKOOG“.
Mein Dienstantritt fiel bei Eis und Schnee auf den 1.März 1964 in Lübeck auf der O&K-Werft.
MS „BRUNSKOOG“
Ja, es war verdammt bitter kalt, als ich mich mit meinem Gepäck aus Cuxhaven kommend vor dem Eingangstor der Werft beim Pförtner meldete und mich auswies, dass ich ein Besatzungsmitglied der „BRUNSKOOG“ war und an Bord gehen wollte. Wir hatten damals minus 15 Grad in ganz Norddeutschland. Wie gesagt, die Hand fror fast am Koffer fest, als ich zu Fuß vom Pförtner weiter zur Ausrüstungspier durch den Schnee lief und anschließend die vereiste Gangway mit meinem schweren Koffer hinauf stolperte.
Oben an Bord wurden bei dieser Kälte die letzten Schweißarbeiten von den Werftarbeitern auf dem Hauptdeck bei Luke 2 verrichtet. Das Schiff hatte keine Verschanzung wie bei herkömmlichen Schiffen, sondern nur eine um das gesamte Schiffshauptdeck laufende Reling. Natürlich war kein Bootsmann oder Matrose weit und breit an Deck zu sehen. Die Deckscrew hatte einige Stunden vorher die Decksausrüstung und Festmacherleinen übernommen und verstauten sie gerade unten im Kabelgatt. Am nächsten Tag sollte die Proviantausrüstung für den Koch, sowie mehrere Paletten Bier, Zigaretten und Alkohol für den Chiefsteward übernommen werden.
Ich lief dem 1. Offizier über den Weg, welcher mir, nach der gegenseitigen Vorstellung, meinen Kammerschlüssel aushändigte und mich zu meiner Kabine begleitete. Sein Name war A. S. –oder der „schöne A“. A. war nicht ganz „ohne“, wie sich später noch herausstellen sollte. Er war ein hochgradiger Intrigant. Nach dem vorübergehenden Parken meines Gepäcks in meiner neuen Kabine brachte er mich zu Kapitän Melzer und stellte mich vor. Ich übergab Kapitän Melzer mein Seefahrtsbuch, mein nautisches Patent und meinen Reedereieinstellungsvertrag.
Kapitän Volker Melzer
Kapitän Volker Melzer und seine Vergangenheit im Dritten Reich
Verehrter Leser, zunächst möchte ich Ihnen Kapitän Volker Melzer vorstellen.
Kapitän Melzer war der interessanteste und respekteinflößendste Kapitän, den ich bis dato kennengelernt hatte. Er gehörte der Kriegsgeneration an, war Jahrgang 1920 und hatte sein Kapitänspatent für große Fahrt an der Seefahrtsschule in Königsberg 1943 erworben. Nach der Kapitänsprüfung (A6) wurde er, wie er mir in einer netten Plauderrunde oben auf der Brücke erzählte, sofort zur Kriegsmarine nach Pillau (Ostpreußen) dienstverpflichtet und zum U-Bootskommandanten umgeschult, da es einen gewaltigen Mangel an U-Bootfahrern und U-Boot-Kommandanten gab. Ein Einspruch damals bei den Nazis wäre absolut zwecklos gewesen. Nach seiner Ausbildung in Tauchfahrt und Torpedoschießen in der Ostsee bekam er sofort sein eigenes neues Boot zugeteilt und wurde damit auf „Feindfahrt“ geschickt – also ausgehend von Pillau westwärts durch die Ostsee, im getauchten Zustand an Kopenhagen vorbei, durch das Kattegat, weiter durch das Skagerrak, nordwärts an der norwegischen Küste vorbei bis querab von Bergen, von dort westwärts durch die Nordsee, zwischen den Shetland Islands und den Färöer Inseln hindurch in den Atlantischen Ozean und weiter auf Südkurs weitab von den Küsten Spaniens und Portugal vorbei bis querab von Cabo de Sao Vicente. Von dort auf Ostkurs bis in die Straße von Gibraltar zur von den Briten scharf bewachten Einfahrt ins Mittelmeer. Sein Befehl lautete, die Straße von Gibraltar zu durchbrechen. Das war ein Führerbefehl, natürlich von seinem Chef, Admiral Dönitz, den er auszuführen hatte.
Admiral Dönitz *16.09.1891 – † 24.12.1980
https://de.wikipedia.org/wiki/Karl_D%C3%B6nitz#Entlassung_aus_dem_Gef%C3%A4ngnis_und_Lebensabend
Damals war auch er als deutscher Marineoffizier ein überzeugter „Großdeutsches-Reich“-Fan und Adolf Hitler-Verehrer, hatte für Admiral Dönitz und den Führer einen Eid geschworen, seine Pflichten gegenüber Großdeutschland zu erfüllen. Leider hatte er aber, wie viele andere deutsche Marineoffiziere, die Intelligenz der britischen Navy total unterschätzt, welche ganz besonders scharf die Straße von Gibraltar überwachte, denn die Navy durfte unter keinen Umständen ein deutsches U-Boot ins Mittelmeer eindringen lassen. Und, was die deutschen U-Bootskommandanten damals auch noch nicht wussten, etliche aber vielleicht schon ahnten: Die Royal Navy hatte bereits vor den Deutschen ein hochempfindliches Ortungsgerät (ASTIC) entwickelt und auf allen ihrer U-Bootjägern in Einsatz gebracht. Aber das interessierte Admiral Dönitz nicht weiter, und seine U-Bootkommandanten fuhren damals in der Mehrzahl getaucht in ihr nasses Grab statt an Gibraltar vorbei ins Mittelmeer.
Die geheimnisvolle Navigation seines U-Boots im getauchten Zustand war bereits nach dem Passieren von Cabo Sao Vincente und dem Einschwenken in die Straße von Gibraltar geortet und verfolgt worden, man erwartete also sein Boot bereits. An der engsten Stelle jagten sie sein ahnungsloses und überraschtes Boot gleich mit zwei britischen U-Bootjägern und deckten es gezielt mit etlichen Ladungen Wasserbomben ein. Mit Erfolg und für Kapitän Melzer der größte Schock seines Lebens: Er hatte im ganzen Boot Wassereinbruch, in allen Zellen! Nur durch sein im getauchten Zustand verzweifeltes und nervenstarkes Fluchtmanöver auf die marokkanische Küste zu, wo er sein Boot in 10 Meter Tiefe auf den felsigen Grund aufsetzte, rettete all seinen Kameraden und ihm das Leben. Einer nach dem anderen konnte per Rettungstaucher (eine Sauerstoffdruckflasche kombiniert mit Alkalipatrone und Atembeutel) aus dem Turm aussteigen und kontrolliert auftauchen, –ironischerweise unter den Blicken der Besatzung der britischen Zerstörer, die ihnen noch grölend zuwinkten, – und an Land zu den spanischen Verbündeten schwimmen. Marokko war damals eine spanische Kolonie unter Franco. Sie wurden an der Küste von spanischen Militärangehörigen aus dem Wasser herausgeholt, wurden nach Tanger und später per Flugzeug nach Madrid ausgeflogen und der reichsdeutschen Botschaft übergeben. Dort wurden sie von mehreren Gestapomenschen wie Versager zum Verhör „heim ins Reich“, also nach Berlin gebracht. Die Verhöre waren damals sehr erniedrigend für alle Besatzungsmitglieder gewesen. Der Führer und Herr Dönitz waren sehr enttäuscht über ihren misslungenen U-Boot-Einsatz und Durchbruchversuch in der Straße von Gibraltar