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wieder mich mitzureißen. In ihrer Nähe war Trübsal ein Fremdwort. Ehe ich ihr danken konnte, drückte sie mir eine Papiertüte in die Hand.

      " Hier, für dich. Ich dachte, du kannst es brauchen. "

      Sie gab mir noch einmal einen Kuss auf die Wange, ehe sie sich verabschiedete.

      " Sorry Lyk, ich muss jetzt zur Arbeit. Wollte mich nur vorher versichern, dass es dir gutgeht. "

      Gutgelaunt eilte sie davon und auch mir war plötzlich viel freier ums Herz. Beim Öffnen der Tüte stieg mir der himmlische Duft einer Leberkäsesemmel in die Nase. Daneben war eine kleine Plastikflasche und schon beim Herausholen erkannte ich, dass darin Blut war. Ich fragte mich, wo Susi es abgezweigt hatte, dankte ihr jedoch von Herzen dafür.

      Nachdem ich die Flasche geöffnet hatte, nahm ich einen tiefen Schluck davon. Erneut wunderte ich mich, wie mein Körper darauf reagierte. Es roch nach Blut, es schmeckte nach Blut und dennoch erzeugte es keinen Ekel in mir. Es war wie schon beschrieben, am ehesten mit einem kühlen Glas Wasser an einem heißen Sommertag zu vergleichen. Genauso fühlte sich das Blut an, als es durch meine Kehle floss. Herzhaft biss ich in die Semmel. Viel zu schnell war das gute Stück verspeist und ich spülte nochmal mit dem letzten Blut aus der Flasche nach. Mit Bedauern verpackte ich die leere Flasche in der Tüte und legte diese neben dem Wagen auf den Boden.

      Gestärkt kehrte ich an meine Arbeit zurück und als Ivan zwei Stunden später tatsächlich erneut auftauchte, war ich eben dabei meine Putzsachen aus dem letzten Fahrzeug zu räumen. Kritisch überprüfte er die Wagen und fand bei jedem etwas zu mäkeln. Als er meinen säuerlichen Gesichtsausdruck wahrnahm, klopfte er mir gönnerhaft auf die Schulter.

      " Nimms nicht so schwer. Für einen Laien hast du dich gar nicht mal schlecht angestellt. Wenn wir dich noch ein paar Tage hier haben, machen wir vielleicht noch eine ganz passable Putzkraft aus dir. Solltest du dich bis dahin etwas geschickter anstellen, darfst du gegen Ende der Woche sogar helfen, die Leichenteile zu entsorgen. "

      Meine Augen wurden vor Entsetzen groß. Dachte er wirklich, ich würde das Entsorgen von Leichenteilen als Beförderung empfinden? Seine nächsten Worte erweckten ganz den Anschein.

      " Keine Bange Lyk. Mir ist klar, dass so eine Arbeit Profis erfordert. Ich werde deshalb dabei sein und überwachen, dass du nichts falsch machst. "

      Ich lächelte ihn gequält an und betete im Stillen, Susi würde es gelingen mich bis dahin zu sich in die Krankenstation zu holen. Ich verabschiedete mich von ihm und war eben dabei die Halle zu verlassen, da pfiff mich Ivan zurück. Anklagend hielt er die Tüte in die Luft, in der mir Susi das Essen gebracht hatte.

      " Die gehört ja garantiert dir. "

      Der Satz war eine Feststellung und keine Frage. Betreten nickte ich und wollte nach der Tüte greifen, um sie in den Müll zu werfen. Blitzschnell zog er sie zurück und blickte mich lauernd an.

      " Da war wohl dein Essen drin? "

      Ich nickte und griff erneut nach ihr.

      Wiederum brachte er sie schnell aus meiner Reichweite und schüttelte bedauernd den Kopf.

      " So leid es mir tut Lyk, aber da müssen wir eine halbe Stunde, als Pause von der Arbeitszeit abziehen. "

      Aufgebracht schnauzte ich ihn an.

      " Wie bitte? Eine halbe Stunde, das ist doch wohl ein schlechter Witz? Ich habe keine fünf Minuten für das Essen gebraucht! "

      Zweifelnd wackelte er mit seinem Kopf.

      " Ich würde dir ja gerne glauben, aber wir haben Vorschriften und ich als... "

      Genervt unterbrach ich ihn.

      " Ja ja, schon klar. Sie als PROFI halten sich natürlich akribisch an die Vorschriften. "

      Ivan strahlte mich zufrieden an.

      " Mit dem akaribischem Zeugs hab ich nichts am Hut, aber ich bin sehr genau wenn es um die Vorschriften geht und Pausen müssen nun mal als 30 Minuten geschrieben werden. "

      Zu müde und frustriert, um darauf noch weiter einzugehen, winkte ich ab. Statt dessen hielt ich ihm meine Hand hin und nun legte er die Tüte zufrieden darauf ab.

      " Ich wusste, eine clevere Frau wie du, versteht das. "

      Ohne ein weiteres Wort drehte ich mich um und marschierte schlecht gelaunt aus der Garage. Beim Verlassen des Gebäudes blendete mich die Sonne, welche noch hoch am Himmel stand. Ich vermisste schmerzhaft meine Sonnenbrille, die ebenfalls in Stefans Zimmer lag. Beim Betreten des Hotels pfefferte ich die Tüte wütend in einen der Abfalleimer, was mir umgehend erstaunte Blicke verschiedener Leute einbrachte. Vielleicht lag es auch an meiner Gefängniskluft, welche verdreckt und blutverschmiert an mir hing. Ich ignorierte die Blicke und machte mich auf den Weg zu Stefans Zimmer. Dort angekommen, musste ich mich kurz sammeln, ehe ich anklopfte.

      Das Geräusch eines Stuhls, der über den Boden kratzte war zu vernehmen und kurz darauf öffnete Stefan die Tür. Er war nur mit einem T-Shirt und einer Jeans bekleidet. Seine nackten Füße und sein zerknautschtes Haar brachten den Verdacht auf, dass er wohl bis gerade eben geschlafen hatte.

      Bei meinem Anblick versuchte er hektisch, sein Shirt in die Hose zu stopfen und zappelte dabei wild herum.

      Mir war es fast peinlich, ihn gestört zu haben, doch ich brauchte meine Sachen. Als ich ihm den Grund meines Auftauchens nannte, wirkte er recht erleichtert. Er hob die Hand und eilte zurück ins Zimmer. Kurz darauf tauchte er mit meiner gepackten Tasche auf. Fragend hob ich eine Augenbraue und er wurde rot. Nervös murmelte er.

      " Ich dachte mir, es wäre ganz praktisch, wenn ich die Sachen schon mal für dich verstaue. Du musstest ja arbeiten und ich hatte Zeit. "

      Er drückte mir die Tasche in die Hand und ich wollte mich eben verabschieden, als er erneut die Hand hob.

      " Moment, das wichtigste hab ich ja vergessen. "

      Er eilte davon und kam kurz darauf mit einem Schlüssel zurück.

      " Hier, den hat mir Sannur vorbeigebracht. Der ist für dein Zimmer. "

      Ich bedankte mich und drehte mich um. Beim Weggehen rief er mir unsicher nach.

      " Wenn was ist Lyk, einfach melden. "

      Ohne mich umzudrehen nickte ich und marschierte weiter. Ich wollte nur noch raus aus den Klamotten und mich frisch machen.

      Meine Zimmertür stach zwischen den anderen im Flur heraus. Nagelneu und glänzend, hob sie sich deutlich vom Rest ab. Nachdem ich meine Räume betreten hatte, bemerkte ich auch hier die Veränderungen. Es roch nach frischer Farbe und die Möbel im Zimmer waren zum Teil neu. Leider war mein Bett nicht bezogen. Ich ignorierte den Umstand und puhlte mich erst mal aus den dreckigen Klamotten. Wenigstens war ein Handtuch im Bad und meine Hygieneartikel hatte Stefan fein säuberlich zuoberst in die Tasche gelegt.

      Eine Viertelstunde später, fühlte ich mich sauber und frisch. Ich brauchte danach fast länger, um einigermaßen passende Kleidung aus meiner Tasche herauszusuchen. Vieles hatte nach meiner Wandlung mehr schlecht als recht gepasst, da ich nun um einiges schlanker war. Der Einbruch in meinem Zimmer und die Verwüstung hatte meinen Klamottenfundus noch mehr ausgedünnt. Kritisch betrachtete ich mich im Spiegel. Ich brauchte dringendst neue Kleidung. Es wurde Zeit, dass meine Scheckkarte endlich freigegeben wurde.

      Wenn ich daran dachte, dass ich von dem mühsam ersparten Geld, den Blutsäufern zehntausend Euro in den Rachen werfen musste, packte mich erneut die Wut. Aufseufzend rollte ich die Gefängniskluft zusammen und versuchte diesen Umstand, so gut es ging, zu ignorieren.

      Mit der dreckigen Kleidung unter dem Arm, begab ich mich zu Stefans Zimmer und klopfte erneut. Diesmal musste ich um einiges länger warten, ehe er mir die Tür öffnete.

      Entschuldigend hielt ich im meine Gefängniskleidung hin.

      " Sorry, ich störe ungern schon wieder, aber wo gebe ich die am Besten ab? Bettwäsche brauche ich auch noch. Da du mir letztes Mal eine gebracht hast, dachte ich, du könntest mich diesmal mitnehmen,

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