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Feuerblüte III. Катя Брандис
Читать онлайн.Название Feuerblüte III
Год выпуска 0
isbn 9783847605454
Автор произведения Катя Брандис
Жанр Языкознание
Издательство Bookwire
Jorak kannte ihn. Fenk war ein Schläger, der ihm früher oft die wenige Nahrung abgejagt hatten, die Jorak irgendwo zusammengekratzt oder gestohlen hatte. Unter den Gildenlosen galt das Recht des Stärkeren, jeder war sich selbst der Nächste und kämpfte mit Zähnen und Klauen darum, am Leben zu bleiben. Doch in den letzten Wintern hatte Jorak gelernt, mit seinem Dolch umzugehen, und Kerle wie Fenk wussten inzwischen, dass sie ihn besser in Ruhe ließen. Warum kam er diesmal so dreist näher?
Bloß keine Schwäche zeigen, dachte Jorak und drehte sich um. „Na, Fenk, knurrt dir der Magen schon so laut, dass du dich mit mir anlegen willst?“, sagte er, grinste dabei und setzte den gemeinsten Blick auf, den er schaffte.
„Hab gehört, du hattest ´ne Audienz bei der Regentin“, knurrte Fenk und kam noch näher. Seit Jorak ihn das letzte Mal gesehen hatte, schien es ihm nicht gut ergangen zu sein. Unter seinem dünnen Hemd konnte man die hervorstehenden Rippen sehen, und sein Gesicht, auf dem ein struppiger Bart wucherte, wirkte hager und eingefallen. In seinen Augen war ein fiebriger Glanz, der Jorak beunruhigte.
„Geht dich nichts an, Fenk.“ Jorak achtete darauf, dem anderen keinen Moment lang den Rücken zuzudrehen.
„Hast bestimmt viel mitbekommen, was? Gold, Juwelen, Wegzehrung frisch aus den Speisekammern?“ Fenk leckte sich die Lippen.
Jorak spürte, wie Ärger in ihm aufstieg. „Gar nichts habe ich bekommen. Nur den neuen Umhang. Wahrscheinlich, weil sie vergessen haben, ihn zurückzufordern.“
Er merkte, dass Fenk nicht zuhörte. Das verstand Jorak gut. Wenn man Hunger hatte, echten Hunger, der schmerzhaft in den Eingeweiden wühlte, der die Kraft aus dem Körper stahl, dann genügte der Gedanke an etwas zu Essen, um einen schier um den Verstand zu bringen. Besser, ich mache mich aus dem Staub, und zwar schnell, dachte Jorak. Bevor Fenk auf die Idee kommt, mich anzuspringen und niederzuschlagen. Jorak hatte keine Lust, sich auf einen Kampf einzulassen. Der Lärm würde weitere Gildenlose heranlocken, die sich womöglich auf Fenks Seite schlugen.
Zum Glück war ein verlassenes Haus in der Nähe, das Jorak kannte – dank einer seiner Gewohnheiten. Er hatte einmal beschlossen, jeden Tag irgendetwas zu tun, was er nie zuvor getan hatte. So hielt er seinen Geist beweglich. Das Haus zu erkunden, war eines dieser Dinge gewesen.
Jorak riss die Tür auf, hechtete ins Innere und warf von innen den Riegel vor, der zwar rostig war, aber noch funktionierte. Brüllend wie ein verwundetes Dhatla warf Fenk sich auf die morsche Tür und machte sich daran, sie zu demolieren. Das störte Jorak nicht weiter. Zwei Atemzüge später war er aus der Hintertür geschlüpft.
Der Appetit war ihm allerdings vergangen. Er schenkte den Rest des Brotes einem mageren, verschüchterten Mädchen, das an einer Straßenecke bettelte. Auch sie war gildenlos, eine Ausgestoßene. Wenn sie ihren Körper jetzt noch nicht anbot, würde sie es vermutlich bald tun.
Nach der Sache mit Fenk ahnte Jorak, dass er den Schwarzen Bezirk in nächster Zeit besser mied. Vielleicht musste er sogar ganz aus Ekaterin verschwinden. Es würde sich in Windeseile herumsprechen, dass er jetzt „reich“ war – ein halbes Dutzend Banden würde versuchen ihn zur Strecke zu bringen. Ein Gildenloser stand nicht unter dem Schutz des Gesetzes, er war eine leichte Beute.
Jorak überlegte kurz, ob er es riskieren konnte, statt durch den Schwarzen Bezirk quer durch den Roten zu gehen. Gildenlose wie er durften sich dort nicht aufhalten. Aber die Straßen von Ekaterin waren um diese Zeit fast leer, und gerade erst war eine Patrouille der Stadtwache vorbeigekommen. Bis die hier wieder nach dem Rechten schaute, würde es noch dauern. Was soll´s, dachte Jorak und tauchte wieder in die Gassen des Vergnügungsviertels ein. Natürlich waren ihm auch die Schänken hier verboten, aber die Wirtin des Geflügelten Dhatla, in dem er mit Kerrik gewesen war, kannte ihn und riskierte es, ihn hier ab und zu einen Krug trinken zu lassen. Eine ihrer Schwestern war selbst gildenlos – ausgestoßen worden, weil sie Amulette gefälscht hatte, um einen höheren Meistergrad vorzutäuschen.
Die kühle Nachtluft klärte Joraks Kopf. Wie immer ging er schnell und verzichtete auf eine eigene Fackel. Seine Gedanken schweiften zu Alena und er kostete die Vorfreude aus, dass sie bald in Ekaterin sein würde. Unglaublich, ein paar Tage konnten einem erscheinen wie ein langer, eisiger Winter – nur weil man ohne den Menschen auskommen musste, den man liebte ...
Eine Straße weiter rief jemand etwas, ein Mann lachte. Jorak schreckte aus seinen glückgetränkten Gedanken auf. Da kamen Leute – und er hatte es viel zu spät gemerkt! Wieso war er nicht auf der Hut gewesen, besonders nach dem Zwischenfall vorhin?
Er schätzte, dass es vier oder fünf Männer waren. Ihrer Sprechweise nach Feuer-Gilde und ihrem Lärm nach ziemlich berauscht. Zum Glück verzweigte sich die Gasse hier. Schnell bog Jorak ab, um die Gruppe zu meiden. Doch als er sah, wer am anderen Ende gerade aus einem Haus kam, drehte er sofort wieder um. Ach du große Wolkenschnecke, eine zweite Patrouille. Jetzt saß er in der Falle.
Jorak entschied sich, es lieber mit den Feuerleuten zu riskieren. Er zwang sich zu gleichmäßigen, ruhigen Schritten und schlug den Kragen seiner Tunika hoch, damit man nicht so leicht sah, dass er kein Gildenamulett trug. Die vier Kerle waren jetzt nur noch fünf Menschenlängen entfernt und kamen schnell näher. Es waren kräftige Burschen, zwar nicht größer als er, aber breitschultriger und muskulöser. Alle vier trugen Schwerter.
Jorak ließ seinen Blick gleichgültig an den Männern vorbeistreifen, als sie ihn passierten, und versuchte keinerlei Unsicherheit zu zeigen. Das war seiner Erfahrung nach das beste Rezept, Ärger zu vermeiden. Doch diesmal nutzte es nichts.
„He, du da!“, grölte einer der Männer und trat ihm in den Weg.
Jorak schlug einen leichten Ton an. „Falls ihr mich ausrauben wollt, sucht euch lieber jemand anders – ich hab meine letzten Münzen gerade im Geflügelten Dhatla gelassen.“
Zwei der Männer lachten, der dritte sagte: „Ach wo, wir wollen nur wissen, wie wir von hier aus zum Gildenhaus kommen, tanu, Gildenbruder ... du bist doch einer von uns, oder?“
Einen Moment lang entspannte sich Jorak. Er wusste, dass er mit seinen dunkelbraunen Haaren und dunklen Augen wie ein Mensch der Feuer-Gilde aussah, und im schwachen Licht der Gasse erst recht. Vielleicht würde er doch noch davonkommen. Nur wäre es besser gewesen, wenn er seinen Calonium-Armreif abgelegt hätte, hoffentlich verriet ihn das Ding nicht. „Da müsst ihr die Straße hoch, dann links und anschließend bei der kleinen Statue rechts ...“
„Klingenbruch, der trägt ja gar kein Amulett – dafür spür ich irgendein komisches Metall an ihm!“, mischte sich einer der Männer ein und packte Jorak an der Vorderseite der Tunika. „He, Leute, das ist ein Gildenloser, mitten im Roten Bezirk!“
Jorak reagierte sofort. Flink wie ein Iltismensch riss er sich los, glitt zwischen den Männern hindurch und rannte die Gasse hinunter. Er war vielleicht nicht so stark wie sie, aber dafür viel schneller. Und während sie anscheinend nur auf der Durchreise waren, kannte er jeden Fußbreit dieser Stadt.
Er hörte, dass die Feuerleute ihn verfolgten, doch sein Vorsprung wurde immer größer. Bis er zum dritten Mal in dieser Nacht Pech hatte. Aufmerksam gemacht von dem Lärm kamen ihm zwei Männer der Luft-Gilde, wahrscheinlich Händler, entgegen. Viele Händler, die in Ekaterin lebten, kannten und mochten Jorak, aber diese beiden waren Fremde. Und als sie ihn fliehen sahen, versperrten sie ihm den Weg und kamen drohend auf ihn zu.
Jorak stoppte ab, sah sich um. Kein Ausweg in Sicht. Jetzt blieben ihm nur noch die Formeln. Natürlich durfte ein Gildenloser sie nicht benutzen, aber daran hatte er sich nie gehalten. Er konzentrierte sich und murmelte die Formel, die Feuer aus der Luft rief. Eine Flamme loderte zwischen ihm und den beiden Neuankömmlingen auf und ließ sie erschrocken zurückweichen.
Doch die Flamme war längst nicht so groß, wie er geplant hatte. Und als er versuchte, die Formel für die drei Tornados hinzukriegen, spürte er, dass