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befassen.

      Tatsächlich hat sich die Mehrzahl der neueren Erkenntnisse der Wissenschaft über die Natur gerade dann ergeben, wenn die Wissenschaftler mit ihren experimentellen Möglichkeiten und/oder ihren theoretischen Überlegungen in Bereiche des materiellen Seins vordrangen, die weit von unserer Lebenswelt entfernt sind. Kleinste oder größte Distanzen, niedrigste oder höchste Temperaturen, maximaler Druck, große Dichte, starke Strahlung, gigantische Kräfte – das sind die Felder, wo Neues, Unvermutetes und Ungewöhnliches lauert.

      Aber ob eine Distanz von 10^-33 Zentimeter oder eine Zeitspanne von 10^-43 Sekunden oder virtuelle Teilchen, mit denen man zwar rechnen kann, die aber niemand zu beobachten vermag, oder Fädchen, die nur in einer Dimension eine Ausdehnung haben, oder punktförmige Teilchen überhaupt noch als etwas Reales angesehen werden können, daran darf man schon zweifeln.

      Wenn wir Theorien, die in solchen unwirklichen Dimensionen angesiedelt sind, mehr als mathematische Spielerei und theoretisches Gefasel ansehen, denn als Beschreibung von objektiver Realität, sollte die Wissenschaft das nicht dem Sogenannten zuschreiben dürfen, sondern sich dem Misstrauen stellen.

      Modellabhängige Realität ist, auch und möglicherweise gerade, wenn sie in Form höchst komplizierter Theoreme und abstruser mathematischer Formalismen daherkommt, immer noch Konstruktion, Meinung, Vermutung und nicht Abbildung des objektiv Existierenden. Der Begriff ist trügerisch, denn er suggeriert eine selbstverständliche Nähe der Naturwissenschaft zur Realität. Das aber ist nicht immer, speziell in der Physik seit Jahrzehnten sogar immer weniger gegeben.

      Die modellabhängige Realität der Naturwissenschaft reduziert Natur auf Einzelnes, auf einfachste Beziehungen, lineare Abhängigkeiten und abstrakte Formalismen. Ihr entgeht damit weitestgehend die Komplexität, die nun mal der Natur eigen ist. Die modellabhängige Wirklichkeit des menschlichen Gehirns ist dagegen mehr auf Ganzheiten, auf komplexes Geschehen, auf Wirkungen, auf das Panorama gerichtet.

      Das können wir durchaus als eine gewisse Überlegenheit des gesunden Menschenverstandes relativ zum selektiven Wissenschaftsdenken werten. Der gesunde Menschenverstand betrachtet Natur so, wie sie ihm begegnet, als ein Ensemble von Beziehungen und Ein- oder Unterordnungen, als vielschichtiges Geschehen in Abhängigkeiten und Hierarchien, als etwas, zu dem der Mensch in Beziehung steht und sich in Beziehung setzen muss. Die modellabhängige Wirklichkeit unseres Gehirns ist menschennah, die modellabhängige Realität der Naturwissenschaft ist es nicht.

      Selbstverständlich dürfen die Naturwissenschaftler uns belehren, wenn die Weltsicht unseres gesunden Menschenverstandes an der Naivität unserer Denkgewohnheiten zu scheitern droht. Natürlich soll sie unsere naiven Sichten korrigieren, unseren leichtfertigen Glauben kritisieren und unseren Blick auf die Natur weiten und schärfen.

      Aber ich will das im Folgenden mal umkehren und die Probleme und Fragen diskutieren, bei denen der gesunde Menschenverstand sich von der Naturwissenschaft im Stich gelassen oder gar hinters Licht geführt (man könnte auch verarscht schreiben) fühlt. Das will ich vorerst auf Physik und Kosmologie beschränken. Es sind Fragen zu stellen. Diese sind in der Regel gar nicht so neu, aber sie wurden von der Physik bisher entweder als nicht relevant zurückgewiesen oder in einer Art beantwortet, die sofort neue Fragen aufwirft.

      Der Text hat nicht den Anspruch einer wissenschaftlichen Arbeit, sondern will nur als ein Diskussionsbeitrag verstanden werden. Naturwissenschaft wird man wohl in unserer aufgeklärten Zeit nicht nur immer zur Kenntnis nehmen und bewundern müssen, sondern auch mal wieder diskutieren dürfen. Unter diesen Gesichtspunkten will ich mich im Folgenden mit einigen Modellen der modernen Physik auseinandersetzen, Fragen aufwerfen, Unklares aufzeigen, Probleme diskutieren.

      In diesem Zusammenhang noch eine Bemerkung zu dem von mir gebrauchten Begriff der Denkblasen. Ich will damit nicht nur Falsches oder zu kurz Gedachtes verbunden wissen, das auch, aber noch mehr isolierte, aus dem komplexen Zusammenhang gerissenen Modelle, akrobatische Denkvirtuositäten ohne erkennbaren Wirklichkeitsbezug, die reduktionistische Konzentration auf das Einzelne des Einzelnen, bei dem man Zusammenhänge mit komplexen Geschehen nur noch mit abenteuerlichen oder sehr gebrechlichen Konstruktionen behaupten kann.

      In Verkürzungen können auch Wahrheiten liegen, keine Frage. So mancher kurze Satz in einer der vielen Sprechblasen in den Comics kann das, was gemeint ist, ausreichend beschreiben, besonders wenn die Handlung ohnehin recht dürftig ist. Aber Schmerz auf „Aua“ zu reduzieren oder Wut auf „Schnauf, schnauf“, das sind Verkürzungen, die dem, der lieber Bildchen ansieht als Dialoge verfolgen zu können, entgegenkommen.

      Die Natur der Natur können wir so aber nicht erklären und nicht verstehen. Das Einzelne zu kennen kann nützlich sein, aber um Potenzen wichtiger ist das Verstehen von Zusammenhängen. Deshalb ordne ich Denkmodelle oder naturwissenschaftliche Paradigmen, die mir die größeren Zusammenhänge vorenthalten, sie wenig glaubwürdig erklären und nicht nur künstliche, sondern auch abenteuerliche Konstruktionen sind, der Kategorie der Denkblasen zu. Das mag mitunter ungerecht sein, auch anmaßend erscheinen, aber es ist notwendige Verdeutlichung. Und zur Klarstellung: Mit Denkblasen meine ich nicht nur die der anderen.

      Das Weltbild, das uns die Naturwissenschaftler vor allem des 20. Jahrhunderts offenbart haben, ist zunächst begeisternd einfach, übersichtlich, logisch – und sogar wahr, sagen sie.

      Unsere Welt ist das Universum. Es war ursprünglich eine winzige Blase Raum, in der eine Glutofen-Temperatur von etwa 10^32 Grad Kelvin herrschte. Aber das währte nicht lange, nur 10^-43 Sekunden. Der Feuerball von der Größe eines Fußballs oder auch nur einer Kirsche oder einer Erbse oder kleiner als ein Atom oder auch von nur punktförmiger „Größe“ – die Angaben sind da großzügig unterschiedlich – dehnte sich in Form einer mächtigen Explosion und vor allem ganz plötzlich und ohne Vorwarnung, also ohne bisher erkennbaren Grund, aus.

      In den folgenden drei Minuten geschah Dramatisches. Zunächst schied die Gravitation aus einer so genannten Urkraft aus und begann, selbständig auf alle folgenden Prozesse entscheidenden Einfluss zu nehmen. Dem folgten schon bald auch die anderen drei Naturkräfte in Form der schwachen und der starken Kernkraft sowie der elektromagnetischen Kraft, indem sie sich ebenfalls voneinander lösten und sich jeweils eigene Betätigungsfelder erschlossen.

      Materiell hatte sich zunächst noch nicht viel getan. Abgesehen von den eigensinnigen Kräften bestand das Universum aus einer zwar sehr heißen, aber auch völlig konfusen Suppe aus Quarks, Elektronen, Positronen, Photonen und Neutrinos. Die Physiker sagen dazu natürlich nicht Suppe, sondern nennen es ein im thermischen Gleichgewicht befindliches Hochtemperaturplasma. Klingt ja auch interessanter – und wissender.

      Als das Universum immerhin schon lange 10^-7, also 0,0000001 Sekunden alt war – es hatte sich auf 10^11 K, das sind 100 Milliarden Grad Kelvin, “abgekühlt“ – starteten die Quarks erste Versuche, sich zu Protonen und Neutronen zu formieren. Bei dieser Temperatur und einer Dichte der Materie, die der unseres konventionellen Wassers um das 3,8-milliardenfache übertraf, war das noch zum Scheitern verurteilt, denn alle Bestandteile des Plasmas bewegten sich extrem schnell. Sobald sich die Quarks zu irgendetwas formieren wollten, wurden sie wieder auseinander gerissen.

      Als das Universum aber etwa 1 Sekunde alt und auf 10^10 K runtergekühlt war, machten sich die Neutrinos frei und führten fortan und wohl bis heute ein Lotterleben als Teilchen, die sich nahezu ungehindert durch alle Materie bewegen können und sich an keinerlei Ordnungsprinzipien halten müssen.

      Das war eine Ermunterung für die Quarks, sich nun doch zu Protonen und Neutronen zu formieren. Noch war es ein turbulenter Prozess, Teilchen bildeten sich, zerstrahlten sofort wieder, Protonen trafen auf Antiprotonen, Neutronen auf Antineutronen. Heftige Zerstrahlungsprozesse waren die Folge. Die bei der Annihilation von Teilchen und Antiteilchen frei werdende Energie produzierte sofort neue Versuche der Teilchenbildung.

      Das Universum kühlte weiter aus, die Temperatur sank auf nur noch einige Millionen Grad, was noch nicht unbedingt frostig zu nennen ist, aber immerhin nicht mehr gar so heiß war wie beim extremen Beginn. Zwischen dem zehnten- und hundertsten Sekunden-Geburtstag des Universums formierten sich

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