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finde es auch schön, einfach mal so gemütlich dahinzurollen“, meint Diego mit einem raschen Seitenblick auf mich. Wir erreichen eine schmale Straße, die sich in sanften Schwüngen am Berghang entlang zieht. Lächelnd lässt Diego den Wagen um die nächste Biegung schnurren.

      Gemütlich? Ich werfe einen neugierigen Blick auf den Tacho, dessen Nadel zwischen Achtzig und Neunzig pendelt. Oh! Auf der Beifahrerseite ragt steil eine Felswand auf, während es rechts ebenso steil bergab geht. Wenn ich mich ein wenig recke, kann ich tief unten im Tal einen kleinen Bachlauf erkennen, der von ein paar kümmerlichen Büschen und Bäumen gesäumt ist. Sehr klein sieht das alles aus, und in der nächsten Linkskurve sehe ich, dass der Hang auf voller Länge felsig und zerklüftet ist. Trotzdem habe ich keine Angst. Wir sind zwar recht flink unterwegs, aber der Wagen wird mit der Strecke anscheinend spielend fertig – und der Fahrer auch.

      Ich kenne eigentlich nur den Pariser Fahrstil, der sich eher am Boxsport orientiert. Elegant zwar, auch mit einer tänzerischen Note, aber manchmal doch ein wenig ruppig. Das, was Diego hier mit seinem Cabrio vorführt, erinnert mich da schon mehr an einen erotischen, lateinamerikanischen Tanz zu einer unhörbaren Melodie. Trotz der beachtlichen Geschwindigkeit ist es mehr ein Gleiten und Schweben durch das sonnige Bergland, umweht von kühler, würziger Luft. Dieses sanfte, intensive Wiegen wird durch keinen plötzlichen Stoß oder Ruck gestört.

      Ich lehne mich in meinem Sitz zurück und schließe die Augen. Es ist so beruhigend und angenehm, das Streicheln des Fahrtwindes im Gesicht zu spüren und so viel von den Geräuschen um uns herum zu hören.

      „Shit! Shit! Shit!“, flucht Diego auf einmal los.

      Ich reiße die Augen auf. „Was ist los?“ Die Frage bleibt mir im Hals stecken, denn plötzlich sehe ich vor mir den Lastwagen, der mit zerfetztem Vorderreifen aus der Kurve auf uns zu geschossen kommt. Der Fahrer des Lastwagens kämpft mit dem Lenkrad und einzelne Gummibrocken fliegen in hohem Bogen davon. Unaufhaltsam schiebt er sich auf unsere Fahrspur. Rechts ist nur die Felswand. Die Lücke wird immer enger.

      Unmöglich, jetzt noch zu bremsen. Und selbst wenn? Es ist sicher, dass der rasende Laster uns auch dann überrollen wird. Panisch schreie ich auf und kralle meine Hände in den Sitz.

      Diego reagiert mit der Schnelligkeit eines Raubtiers. Statt zu bremsen, wie es wohl jeder getan hätte, hat er das Gaspedal schon blitzschnell voll durchgetreten. Der Porsche gehorcht sofort. Der Motor faucht auf, wie eine Raubkatze im Angriff und die Beschleunigung presst mich brutal in den Sitz. Ich hänge an der Rücklehne wie festgeklebt und sehe mit ungläubigem Entsetzen den riesigen Kühler des Lasters auf uns zu kommen, während unser Wagen immer noch schneller wird.

      Schon nimmt der Lastwagen die halbe Spur ein. Diego visiert die Lücke an und der Porsche schießt mit aufbrüllender Maschine ein paar Zentimeter vor der gewaltigen Stoßstange vorbei, die nur den Bruchteil einer Sekunde später die Felswand streift.

      „Warum hast du das gemacht?“ keuche ich und zittere am ganzen Körper, während ich Diego ungläubig anstarre.

      Diego antwortet nicht. Er tritt voll auf die Bremse, während er den Porsche nahe an die Felswand lenkt, reißt die Tür auf und springt aus dem Auto. Schon läuft er die Straße zurück zu dem LKW, der nun, nach dem Zusammenprall mit der Felswand, an den Rand der Schlucht geschleudert wurde.

      Schnell folge ich ihm und sehe mit Entsetzen, wie er auf den Tritt vor der Fahrertür springt und an der Tür herumzerrt. Dagegen ist ja an sich nichts einzuwenden, wenn die halbe Fahrerkabine nicht schon über dem Abgrund hängen würde.

      Die Kabine ist auf der Fahrerseite von dem Aufprall auf die Felsen stark beschädigt. Der Fensterholm ist eingedrückt und die Tür ist total deformiert. Unmöglich, sie einfach so zu öffnen. Was hat Diego nur vor?

      Ich sehe im Laufen unter dem Laster hindurch. Das rechte Vorderrad dreht sich noch in der Luft, während der zerfetzte linke Reifen bedrohlich knirschend den Schotter an der Kante zur Schlucht immer mehr zusammendrückt. Der Lastwagen schwankt gefährlich, als Diego schließlich die Fahrertür aufreißt, sich mit einer Hand am Rahmen festhält und den anderen Arm um den Fahrer schlingt, um ihn herauszuziehen.

      „Diego!“ brülle ich im Laufen verzweifelt, „pass auf, das Ding stürzt gleich ab!“

      Der Fahrer taumelt in Diegos Griff auf die Straße und schaut sich mit weit aufgerissenen Augen zu seinem Laster um. „Mon Dieu!“ flüstert er.

      „Wie geht es Ihnen?“ Diego fragt ganz ruhig und legt dem Fahrer dabei eine Hand auf die Schulter. Dieser weicht vor der Berührung erschrocken zurück und starrt Diego an, als habe der ihn schlagen wollen. Schließlich entspannt er sich etwas und murmelt leise mit gesenkten Augen und immer noch auf Abstand bedacht: „Merci Monsieur, geht schon wieder ganz gut.“

      „Können wir Ihnen irgendwie behilflich sein?“ Diego bewahrt jetzt auch den Abstand, den der Fahrer gewählt hat und schaut ihm dabei aufmerksam ins Gesicht.

      Der Fahrer schielt Diego misstrauisch von unten herauf an und murmelt, „Nein, nein, ich benachrichtige meine Leute, die werden mir schon helfen!“

      Eine merkwürdige Antwort, überhaupt ein merkwürdiges Verhalten für jemanden, der gerade aus Todesgefahr gerettet wurde. Es ist fast so, als hätte der Fahrer mehr Angst vor Diego als vor der Gefahr, in der er sich eben noch befunden hat. Was mir allerdings noch mehr zu denken gibt, ist, dass Diego anscheinend versteht, wovor der Fahrer Angst hat. Was ist da los? Verwirrt beobachte ich die Szene, wende mich schließlich ab und gehe zum Auto zurück.

      Es dauert nicht lange, da schwingt Diego sich mit unbewegter Miene auf den Fahrersitz und startet den Wagen. Ich schaue ihn von der Seite an. „Hätten wir ihm nicht helfen sollen, die Polizei rufen oder so?“

      „Der Typ kommt zurecht. Seine Leute leben hier in der Nähe“, meint Diego.

      „Was für Leute?“

      Diego schüttelt unwillig den Kopf. Er sagt nichts weiter und schweigend fahren wir los. Als wir wieder in einem ruhigen Dahingleiten der Bergstraße folgen, taucht vor meinem inneren Auge plötzlich die schreckliche Szene von eben wieder auf.

      „Warum hast du das gemacht, Diego?“

      „Was denn?“, fragt er, etwas zu cool, zurück.

      Klar! Da war ja auch nix! Macho! „Na, Gas geben, anstatt zu bremsen. Wir hätten tot sein können!“

      „Ja!“

      - Einfach nur „Ja“, das ist alles? „Und da fährst du wie ein Irrer auch noch auf die Gefahr zu? Du musst wahnsinnig sein!“

      „Wieso? Hat doch geklappt!“, verteidigt sich Diego. „Würdest du jetzt lieber unter dem Laster auf den Krankenwagen warten? – Oder besser auf den Leichenwagen, nehme ich mal an.“

      „Jeder vernünftige Mensch ...“, beginne ich, werde aber sofort von ihm unterbrochen.

      „... hätte gebremst und wäre jetzt schwer verletzt oder tot!“, führt er den Satz zu Ende. „Ist es das, was du von mir erwartest? Dass ich mich benehme wie ein Durchschnittstyp? Dann muss ich dir leider sagen, dass du an meiner Seite völlig falsch bist!“

      „An deiner Seite?“ Ich bin wie vor den Kopf geschlagen. „Hast du an meiner Seite gesagt?“

      Diego tritt voll auf die Bremse und die Bremskraft des Wagens ist noch viel stärker, als seine Beschleunigung. Ich werde hart in den Gurt geschleudert und pralle unsanft an die Rücklehne, als der Porsche mit einem Ruck zum Stillstand kommt. Diegos Kopf schnellt zu mir herum. „Ja!“, stößt er fast schon wütend hervor. „Ich habe an meiner Seite gesagt! Passt dir das nicht?“

      Ich kann das irgendwie nicht glauben, was ich da höre. „Du siehst mich als – Frau an deiner Seite?“

      „Was denn sonst?“

      „Du magst mich?“

      „Mehr als das!“

      „Du – liebst mich?“ frage ich mit bebender Stimme unsicher nach und

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