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war gestern Abend bei Barnabé und rate mal, wer bei ihm gesessen hat?“ Triumphierend blitzt er mich an. Auch mein Vater schaut mit einem Mal ganz aufmerksam.

      Oh oh, wie komme ich aus dieser Nummer bloß wieder raus? Schweigend warte ich, dass Pascal mit seinen Enthüllungen fortfährt, aber der steht nur da und grinst.

      „Ja nun, sollen wir jetzt raten, oder was?“ Auch mein Vater möchte diesen Auftritt wohl so schnell wie möglich beenden. Das gibt mir ein wenig Hoffnung.

      „Das war dieser schmierige Typ, der vorhin die Schlägerei angefangen hat, der mit dem schwarzen Geländewagen.“ Triumphierend nickt er mit dem Kopf.

      Was für eine Schlägerei? Von was redet der? Aber mein Vater scheint davon zu wissen. Er schaut erst Pascal erstaunt und dann mich fragend an.

      Wieder rettet mich Didier, was ist nur mit ihm los? Ich könnte ihn knutschen. Er hat die ganze Zeit abseits auf dem Boden gesessen und anscheinend völlig verträumt mit seinem Schaufelbagger herumgespielt. „Dann weißt du ja sicher auch, dass sie sich gestritten haben?“ Unschuldig schaut er zu Pascal auf.

      Pascal fährt zu ihm herum. „Woher willst du denn das wissen, du kleiner Blödmann?“ faucht er Didier an.

      „Na, na, na Pascal, bitte ja, beherrsch dich mal ein bisschen.“ Mein Vater weiß wohl auch nicht so recht, was er von Pascals Auftritt zu halten hat. „Woher weißt du das, Didier?“

      „Weil ich hinter dem kleinen Hund hergelaufen bin. Hinter dem Dusty. Da habe ich mitgekriegt, dass sie sich gezankt haben. Die waren richtig grimmig miteinander. Der Langhaarige ist ganz wütend weggegangen.“

      „Streit unter Dealern!“, triumphiert Pascal. „Sag ich’s doch!“

      „Schluss jetzt!“ Mein Vater wird nur selten laut, aber jetzt ist es so weit. „Du siehst wohl überall nur noch Gespenster: Der ist ein Dealer - der andere auch - dein Bruder hat was mit Lana – du schnauzt Didier an ... Es reicht nun! Du gehst jetzt besser!“

      Man kann förmlich sehen, wie eine Welle blanker Wut durch Pascals Körper rast, und für einen Moment fürchte ich ernsthaft, er könnte auf meinen Vater losgehen, aber dann dreht er sich ruckartig um. „Macht doch, was ihr wollt!“ Wütend stapft er davon.

      Didier grinst hinter ihm her und schaut mich dann zufrieden an. Ich grinse zurück. Diese plötzliche Eintracht zwischen uns ist schon mehr als unheimlich.

      „Und dem Spinner habe ich zuerst sogar geglaubt. Tut mir Leid, Kleines.“ Nachdenklich schaut Papa mich an. „Na gut!“ sagt er schließlich. „Ich glaube dir. Ich vertraue dir!“

      „Also darf ich heute Abend mitmachen?“ das ist im Moment alles, was mich interessiert. Über diesen idiotischen Pascal denke ich später nach.

      Papa überlegt und reibt sich das Kinn. „Na gut, ja.“ Er nickt und schaut mich dabei ernst an. „Aber pass auf deine Drinks auf, nicht das dir jemand KO–Tropfen rein tut.“ Er sieht mich besorgt an.

      „Papa, das ist eine Miss-Wahl und keine Wahl zum Go-Go Girl des Jahres. Ich werde schon auf mich aufpassen!“ Langsam reicht’s! Bin ich ein kleines Kind oder was?

      In größter Eile kommt Pauline angelaufen und bleibt schnaufend vor uns stehen. Atemlos verkündet sie, „Der Shuttlebus, Lana sie warten auf dich!“

      Na toll, jetzt kann ich das Ganze sowieso vergessen, wie soll ich das jetzt noch schaffen? Von ganz allein knallt meine Faust auf die Armlehne des Stuhls. Das war’s! Danke Pascal!

      Zu meinem Erstaunen erhebt sich Papa entschlossen und sagt zu Pauline: „Sag Bescheid, dass Lana nachkommt, ich bringe sie hin!“

      „Gut, mache ich!“ Pauline nickt und eilt in Richtung Ausgang, während ich Papa ganz erstaunt ansehe. Er grinst mich an. „Na was, Miss Teen Beach? Nun mach dich endlich mal fertig, ich fahre dich.“

      Manchmal sind Eltern wirklich sonderbar!

      Während wir uns auf der überfüllten Küstenstraße zum Les Sables durchkämpfen, denke ich darüber nach, warum Pascal meinem Vater solche Lügenmärchen erzählt haben könnte.

      Pascal war schon immer eher langsam und ernst. Besonders im Vergleich zu seinem hübschen, charmanten Bruder. Meist wirkt er unbeholfen und plump, aber auch irgendwie tückisch. Ich kann mich erinnern, wie er Alain mal mit acht Jahren von hinten eine Sandschippe über den Kopf gehauen und ihn verprügelt hat, nur weil der mit mir spielen wollte.

      Ich mochte Alain schon immer lieber, mit dem ist alles so einfach, unkompliziert und lustig. Bei Pascal dagegen muss man immer auf der Hut sein.

      Und das ist bis heute so geblieben. Man weiß nie, mit welchen merkwürdigen Reaktionen man bei ihm rechnen muss. Das hat er ja nun heute auch wieder bewiesen. Er ist so unbeherrscht. Und jetzt ist er wohl auch noch eifersüchtig wegen mir, na toll! Echt beruhigend, vor allem bei jemandem, der uns letztes Jahr mit größter Belustigung erzählt hat, wie einer seiner Freunde sich eines alten, kranken Hamsters entledigt hat. Er hatte ihn in eine Pappschachtel gesteckt und mehrfach mit dem Roller überfahren. Pascal fand das total lustig. Während er diese Abscheulichkeit erzählte, hat er vor Vergnügen gegluckst und überhaupt nicht kapiert, warum ich sauer geworden bin.

      Und da macht sich Papa über Diego Gedanken? Pascal ist doch wohl eher ne tickende Zeitbombe!

       15 JAGDVORBEREITUNGEN

      Der Nachmittag war so öde wie üblich gewesen, aber Adriano hatte ihn wenigstens durch einen seiner Lieblingsscherze ein wenig aufpeppen können. Weit draußen vor der Küste hatte er seine Gäste genötigt, einen Schwimmwettbewerb auszutragen, und als sie alle von Bord gesprungen waren, hatte er die Maschinen angelassen. Gut einen Kilometer weit war er gefahren, ohne auf das immer leiser werdende Geschrei der jungen Leute zu achten, dann hatte er wieder gestoppt.

      Es war ein schöner Schwimmwettbewerb geworden, zumindest aus Adrianos Sicht. Tausend Meter Freistil ums nackte Überleben, das war schon was für untrainierte Körper. Geschockt und verängstigt waren die unfreiwilligen Langstreckenschwimmer nach und nach bei der Yacht angekommen. Adriano hatte nur so zum Scherz die Maschinen wieder gestartet, was die, die nahe genug herangekommen waren, zu einem lustigen, kleinen Endspurt veranlasst hatte.

      Adriano war nicht wieder losgefahren und die ersten hatten geradezu panisch nach der Badeleiter geschnappt. Zu ausgepumpt, um auch nur ihrem Ärger Luft zu machen, hatten die jungen Leute sich erschöpft auf die Polsterliegen fallen lassen. Eine schöne Gelegenheit für Adriano, ein paar beruhigende Worte zu ihnen zu sprechen, und zu beteuern, dass es doch nur ein harmloser Scherz gewesen sei. Eine schöne Gelegenheit auch, die erschöpften und immer noch ängstlich-verwirrten Gäste ein wenig in den Arm zu nehmen und fest an sich zu drücken. Nicht allzu lange, nur bis die überströmende Energie spürbar wurde, das reichte aus.

      Dolores war unter den Schwimmern gewesen und hatte sich ihren Teil schon im Wasser geholt. Sie hatte sich an die Erschöpften gehalten und den engen Körperkontakt gefunden, indem sie ihnen eine zeitlang geholfen hatte, über Wasser zu bleiben. Auch sie schien einigermaßen zufrieden zu sein.

      Inzwischen fingen die Gäste an, ihren Ärger und die ausgestandene Angst mit Drinks hinunterzuspülen, und auch sonst standen noch ein paar Leckereien zur Verfügung, wovon die illegalen wie immer die interessantesten waren.

      Eine Stunde später startete Adriano wieder die Maschinen, fuhr zum Hafen zurück und schmiss die ganze Bande von Bord – allerdings nicht, ohne die Einladung zu einer Poolparty im Garten einer bekannten Villa auszusprechen. Wer wollte, konnte auch gern noch ein paar Freunde mitbringen, denn die Besitzer des Anwesens gehörten auch zum Alten Bund und würden sich natürlich ebenfalls ihren Teil holen wollen. So ein paar Häppchen Lebenskraft reichten ja nicht ewig. Man musste sich schon ranhalten, wenn man über die Jahre hinweg frisch bleiben wollte.

      Natürlich bekam er nur Zusagen. Sie wollten dabeibleiben, und das hätte auch den letzten Anflug eines schlechten Gewissens beseitigt, wenn Adriano so etwas gehabt hätte. So lief der Deal

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