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Fröhlich durch den Weltuntergang. Julianne Becker
Читать онлайн.Название Fröhlich durch den Weltuntergang
Год выпуска 0
isbn 9783742730282
Автор произведения Julianne Becker
Жанр Социология
Издательство Bookwire
Gerade werden eine Gewaltbereitschaft und eine Frauenfeindlichkeit direkt mitten in unsere Gesellschaft getragen und ich sehe darin die Gefahr, dass wir verlieren, was wir wertschätzen. Wie angespannt die Stimmung immer noch ist! Jeder, der sein Bauchgrummeln mehr oder weniger sachlich artikuliert, wird unsachlich niedergebuht. Statt dass man sich an einen Tisch setzt und gemeinsam schaut, wo die blinden Flecke des anderen liegen. Und sie mit Wissen, Weisheit und Erfahrung füllt. Meine eigenen Landsleute sind dabei, wie gesagt, diejenigen, die mir die meisten Sorgen bereiten. Und das nicht nur, weil eine medial begabte Freundin unsere großen Städte in der nahen Zukunft brennen sah, und Deutsche dort gegen Deutsche kämpften. Wo war die Polizei? In ihren wiederholten Visionen sah sie nicht einmal eine Polizeibeteiligung, wie das doch eigentlich zu erwarten wäre! Ich nehme auch diese Dinge ernst, aber darauf kommen wir noch zu sprechen.
Wenn ein Großteil der Bevölkerung sich nicht mehr gehört fühlt und die Politik einfach über sie hinweg regiert, wurden bisher neue Parteien gegründet oder es kamen Diktatoren an die Macht. Wenn es ein großes Anliegen der Bevölkerung war, entstanden sogar große, bleibende Parteien, keine Splittergruppen. Die Grünen sind so ein Beispiel. Ihre Parteigründung hat damals die anderen Parteien regelrecht gezwungen, sich ebenfalls der Umweltpolitik anzunehmen. Die taten das vorher einfach nicht! In diesem Licht muss man auch die AFD betrachten. Sie haben ein heißes Eisen angefasst, was von den anderen mit einem Tabu belegt war. Es trägt jedoch nicht zu Stabilität und Frieden bei, wenn die politische Landschaft derart polarisiert und gespalten wird. Und man vergeudet viel Manpower, die man besser verwenden könnte, indem jedem zugehört wird. Die Menschen müssen zumindest ansatzweise erkennen können, dass ihr Wille auch umgesetzt wird und nicht der Wille der USA oder der Deutschen Bank.
Wenn meine deutsche Nachbarin in Berlin mir erzählte, dass ihre Ost-Rente so knapp bemessen sei, dass sie die Medikamentenzuzahlung irgendwie abhungern muss, und diese gleiche Witwe dann liest, dass die Notunterkünfte nicht ausreichten und man bei der Unterbringung von Flüchtlingen auf ein Hotel ausweichen musste, dann fragt ein solcher Mensch sich eben auch, wessen Land das nun ist. Es darf doch keinem Deutschen schlechter gehen als einem Ausländer, das wäre doch verkehrte Welt!
Mehr Gesetze haben nicht zu mehr sozialer Gerechtigkeit geführt. Grüne an der Macht haben nicht die Umwelt verbessert, auch wenn sie das gerne glauben. Und Sozialdemokraten haben auch nicht für soziale Gerechtigkeit gesorgt, es sei denn, dass man die Gleichmacherei auf niedrigem Niveau (HARTZ IV) als sozial gerecht empfindet. Nur die CDU/CSU, auf die konnte man sich verlassen, die war schon immer so. Ich reihe mich da übrigens nicht in die Kritik unserer Bundeskanzlerin ein, denn ich ahne, dass sie es wirklich gut macht. In der entscheidenden Phase hatten wir nicht nur eine Bundeskanzlerin mit DDR-Erfahrung sondern auch einen Bundespräsidenten mit gleichem Hintergrund. Beide haben vermutlich schon während der Ära Kohl begriffen, dass sie eigentlich vom Regen in die Traufe kamen, und dass die Westdeutschen auch nicht wirklich frei sind. Und dass die ehemaligen DDR-Bürger durch die Wiedervereinigung dann natürlich auch nicht wirklich in die Freiheit entlassen wurden.
Die Supermacht und der Kampf gegen Terror
Die Herrschaft der anderen Supermacht ist nur subtiler. Sie erpresst und unterdrückt nicht so plump und direkt. Sie hält den Schein von Freiheit aufrecht, in der man sich sonnen darf, solange man dem Imperium nicht zu nahekommt. Sie wirkt über die Wirtschaft, die Multis und über die Nato und hat die meisten Stützpunkte überall auf der Welt, mindestens doppelt so viele als irgendein anderer. Es war vermutlich unser Glück, dass unsere Kanzler-Mutti sich gerade mit hinhalten und aussitzen so gut auskannte und auch Erfahrung darin hatte, wie man unter einem machthungrigen Riesen die eigenen Interessen wahrt. Natürlich wirkt man dann nach außen wie eine Marionette. Doch das ist eben so, und so sind halt die Verhältnisse. Vielleicht hat Frau Bundeskanzlerin Merkel mehr dafür getan, den Weltuntergang für uns Deutsche zu verhindern oder zumindest zu verschieben und die Zeit zu dehnen, in der er geschieht, als wir je erfahren werden.
Auf der Weltbühne verfolgen wir seit Jahren ein Kriegsszenario nach dem anderen, doch es gibt auch immer mehr Terroranschläge. Der Krieg gegen den Terror ist, wie gesagt, der einzige Krieg, der nie endet. Er endet nicht, weil kein Land besetzt und kein Gegner besiegt werden kann. Kein Sieg, kein Friedensabkommen. Terroristen können unter uns sein oder sie haben sich in den afghanischen Bergen versteckt. Oder sie sind als Flüchtlinge gekommen und abgetaucht. Doch jeder, der auch nur ein wenig gesunden Menschenverstand und etwas Ahnung von Psychologie hat, weiß mit absoluter Sicherheit, dass genau diese Art der Bekämpfung einer Gruppe oder eines Landes mit militärischen Mitteln einen ständig weiter sprudelnden Quell neuer Terroristen erzeugt! Am ehesten unter den Menschen, deren Kultur oder Religion gerade aufs Korn genommen wurden. Die wachsen nach! Mit der Bekämpfung des Terrors wird sogar der Acker gut gedüngt!
Zumindest die jugendlichen Hitzköpfe wird man immer genügend aufregen können, zum Beispiel mit einem Ehrbegriff und ganz viel Gott oder Perspektivlosigkeit oder Traumatisierung durch Verluste in der Familie - oder auch einfach nur, weil sie das Spiel der Mächtigen durchschauen und etwas tun wollen und ihnen sonst nichts einfällt. Dieses brisante Kochrezept ist perfekt, es wirkt immer. So schaukelt sich die Situation garantiert auf. Das ist eine wundervolle Grundlage für eine ewige Eskalation des Konfliktes auf der Weltbühne. Ein Feuer, das nie erlöscht.
Noch einmal im Klartext: Der Kampf gegen den Terror terrorisiert irgendwo außerhalb des eigenen Landes (und manchmal auch darin) bestimmte Menschengruppen so stark, dass sie die nächste Generation Terroristen stellen werden. Es gibt also keine Nachwuchssorgen. Diesen ewigen Krieg hat Orwell bereits beschrieben, und da diente er einzig der Aufrechterhaltung und Ausweitung der der Macht des großen Bruders. Durch immer neue, 'verbesserte', diktatorischen Maßnahmen wird die Freiheit jedes Einzelnen weiter eingeschränkt und der nimmt das nur deshalb hin, weil er Angst hat, einem Anschlag zum Opfer zu fallen. Doch wenn es um die reale Gefährdung geht, sollte er lieber in kein Auto mehr einsteigen, denn ein Autounfall ist wesentlich wahrscheinlicher.
Und die Mehrheit der Weltbevölkerung auch in den Konflikt verursachenden, demokratischen Ländern schaut scheinbar machtlos zu. Der Krieg gegen den Terror geht immer weiter, er dauert nun schon siebzehn Jahre. Seit dem 11. September wird die Zivilbevölkerung mit Anschlägen überrascht, traumatisiert und damit so in Angst und Schrecken versetzt, dass sie allen politischen Entscheidungen zustimmt, die zu ihrer Sicherheit getroffen werden. Doch es ist genau anders herum: Sicherheit entsteht nur dadurch, dass man damit aufhört, einen Krieg zu führen. Stattdessen werden die Terroranschläge als demokratische Legitimationen dafür benutzt, militärische Vergeltungsschläge in souveräne, andere Länder zu tragen und sich dort in die Politik einzumischen.
Wenn ich als Schulmediatorin in der Pause unterwegs war und auf eine Schlägerei unter den Schülern traf, auf eine verbale Auseinandersetzung oder eine andere eskalierende Situation, musste ich erst einmal die emotionale Ladung der Zuschauer eindämmen und das Anfeuern zum Stillstand bringen, bevor ich mich mit den Kontrahenten selbst beschäftigen konnte. Auf meine Frage „Was ist los?“ und der Anweisung „Du zuerst!“ konnte ich wetten, dass ziemlich schnell das Argument kam: „Der hat angefangen!“ Meine Standardantwort darauf lautete: „Es interessiert mich nicht, wer angefangen hat, ich will einfach nur, dass es aufhört.“ Und dann ließ ich alle nacheinander zu Wort kommen. Wenn die Zeit es hergab, wurde der ganze Konflikt aufgeklärt. Und dann ein Termin verabredet, um gemeinsam nach einer Lösung, einer Wiedergutmachung, einer Veränderung zu suchen, bei der alle gewinnen. Die Mediation selbst wurde dann ohne Zuschauer und Sympathisanten in einem