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Anmut lockten, so wurden sie herb enttäuscht. Kaum legte die Maréchal Joffre im Hafen von Cap Saint-Jaques an, wurden sie auch schon darüber informiert, dass zunächst der Süden des Landes - Kambodscha und Cochinchina, auf sie warteten. Dennoch, die erste Begegnung mit dem Extrême-Orient war wie ein Schock der Kulturen. War in Europa alles grau, zerbombt und monoton, drehten sich die Gedanken dort in der alten Heimat nur darum, aus Häufen von Schutt und Asche und aus verbrannter Erde Neues entstehen zu lassen, so offenbarte sich den Legionären hier eine ganz andere Welt. Sie erfuhren eine Leichtigkeit des Seins, berauschten ihre Sinne an exotischen Parfüms, an bunten Farben und an der Vielfalt der Geräusche. Nie hatten sie Märkte gesehen, die so proppenvoll mit frischem Obst und Gemüse waren. Orangefarbene Papaya, rote Mango Früchte, wohlduftende reife Ananas und kleine sattgelbe Bananen. Garküchen mit fremden Gerichten waren an jeder Straßenecke zu sehen. Es gab Schlangenschnaps, Reissuppe, geräucherte Fischschwänze, Ingwer, Zitronengras und Klebreisbällchen. Die Männer lachten, waren freundlich, die Frauen grazil und zerbrechlich schön, die Temperaturen angenehm. Alles war rund, alles war aufregend. Cochinchina war aber auch Land des Vietminh. Bereits zehn Tage nachdem das Bataillon dieses Land betreten hatte, kam es zum ersten Feuergefecht mit den Rebellen. Die Legionäre Milos, Podharski und Deutch-Gustav wurden verletzt. Und es gab eine Zeremonie in der Stadt Phnom-Penh. Sie fand unter den Augen des Königs von Kambodscha statt. Besser konnte das Abenteuer Indochina gar nicht beginnen.

      Plaine des Joncs

      Die Ebene der Binsen

       Diese Angelegenheit kann in drei Monaten geregelt werden oder in dreißig Jahren. Wenn ihr uns zum Krieg zwingt und ihr tötet zehn meiner Männer und ich töte einen von euch ... zu diesem Preis bleibe ich immer noch der Gewinner. Ho Chi Minh, September 1946.

      Cochinchina, Kambodscha. 07. Juni, 1949. Es gab mehr als ein Dutzend Anzeichen dafür, dass das auf einem aufgeschütteten Hügel gelegene Dorf bewohnt war. Aus jeder der mit Stroh bedeckten Canhas (Bauernhütten), stieg Qualm empor. Schweine räkelten sich in den Schlammkuhlen, ein Hund kläffte und eine Obstplantage wartete nur darauf, dass man sich um sie kümmerte. Es war ein idyllischer Ort, in dem es nach Reis, Kaffee, Bohnen und gegarten Süßkartoffeln roch.

       Und nach dem Tod.

      »Eine Falle. Die verdammten Schweine planen einen Hinterhalt.«

      Sergent Bouger rief sich den Auftrag in Erinnerung, den er aus dem Mund von Leutnant Caillaud persönlich erhalten hatte. Er war einfach, eine Interpretation kaum denkbar: Aufklären, aufstöbern, vernichten! Karlheinz Montag suchte vergeblich nach Anzeichen der Vietminh, doch alles war erstarrt. Alles war ruhig. Der sergent, der hinter Montag kniete und der angestrengt durch das Fernglas starrte, nickte.

      »Die Einwohner verkrümeln sich, wenn Vietminh in der Nähe sind. Entweder das oder man zwingt sie, sich normal zu verhalten, als ob nichts wäre. Doch man sieht es ihnen an. Die Augen. Es sind die, gehetzter Tiere.«

      Sergent Bouger wusste, von was er sprach. Er war ein alter Hase, dies hier bereits sein zweiter Aufenthalt in Indochina. Einen wie ihn konnte man nicht so einfach hinters Licht führen. Mit leiser Stimme gab er seine Befehle an die Gruppe. Er hatte beschlossen, zwei Scharfschützen und das MG unter der Obhut Montags zu lassen. Sie sollten den Angriff decken. Er legte Montag seine Hand auf die Schulter.

      »Siehst du die Blende aus Bambus? Links von der ersten Hütte?«

      Montag sah hinüber und bekam eine Gänsehaut. Er wusste sofort, was der sergent meinte. Es handelte sich um eine Art Pferch, hinter dem die Nhà Quês, die Bauern, normalerweise ihre Vorräte aufbewahrten. Auf Bodenhöhe und etwa in der Mitte konnte Montag einen Schatten, eine dunkle Stelle ausmachen, in der man, wenn auch nur mit Mühe, die Mündung eines Maschinengewehres erkennen konnte. Hätte Montag einen Blick durch das Fernglas getan, so hätte er bemerkt, dass die Stelle vor der vermeintlichen Mündung des feindlichen Maschinengewehrs feucht schimmerte.

      Jemand hatte den Boden unmittelbar um die Mündung herum mit Wasser besprengt. Bei der Schussabgabe würde so der aufwirbelnde Staub die Position nicht verraten und dem Schützen wurde dadurch nicht die Sicht genommen.

       Da waren erfahrene Guerilla am Werk!

      Unmittelbar neben der Blende erhob sich die Fassade mehrerer abgelegener Hütten aus Bambus. Genau dort, so vermutete der sergent, hatte sich der Rest der feindlichen Guerilla, von deren Präsenz es außer dem vermeintlichen MG keinerlei Anzeichen gab, verschanzt.

      »Gesehen«, sagte Montag und nickte.

      »Gut. Wenn ich es dir sage, schießt du eine Gewehrgranate genau mitten rein. Wechsel danach sofort die Stellung und vergiss das Nachladen nicht, denn ich verspreche dir, es wird nach dem ersten Zusammenstoß richtig losfetzen. Gleichzeitig soll das MG Dauerfeuer schießen.«

      Zum Zeichen, dass er verstanden hatte, streckte Montag seinen Daumen in die Höhe und zielte zwei Handbreit über dem Boden genau in die Mitte des Pferches. Dann wartete er mit angehaltenem Atem auf das Zeichen. Doch noch zögerte der sergent. Irgendetwas stimmte hier nicht. Er schob sich den chapeau de brousse, den von der Sonne ausgebleichten Dschungelhut tief in den Nacken und wirkte recht unentschlossen. Am liebsten hätte er sich eine Zigarette angesteckt, doch aus Erfahrung wusste er, dass dies seine Letzte hätte sein können. Ein feindlicher Scharfschütze konnte überall stecken. Der Qualm hätte nur seine Position verraten und vielleicht den ganzen Auftrag infrage gestellt. Normalerweise hätte er nicht gezögert, das Dorf einfach anzugreifen, doch an seinen Unterarmen sträubten sich die Haare, was für ihn ein deutliches Zeichen war, dass dieser Tag noch einige Überraschungen bergen sollte. Nguyen Van Day, ein freiwilliger vietnamesischer Fallschirmjäger, ging lautlos neben den beiden in Stellung. Montag hatte ihn weder kommen hören, noch hatte er eine Bewegung gesehen.

      »Was denkst du, Nguyen?«

      Der kleine Vietnamese zuckte mit der Schulter.

      »Sie sind da! Sie beobachten uns!«

      »Und was werden sie tun?«

      Nguyen grinste. »Wenn wir uns nicht beeilen, werden sie das tun, was sie bisher immer getan haben. Sie liefern ein kurzes Feuergefecht und weichen dann aus. Sie nehmen den Kampf nicht an, weiß der Teufel warum, aber ...«

      »Aber was? Sag schon.«

      »Irgendwie hab ich das Gefühl, dass etwas geschieht. Heute. Hier. Kann ich nicht weiter erklären.«

      Irritiert schaute der sergent auf seine Uhr. Es war genau Mittag, Zeit also, an die leeren Bäuche seiner Legionäre zu denken. Er blickte zurück, auf die von der Sonne gebräunten, ungeduldigen Gesichter, dachte daran, wie alles begonnen hatte. Sie waren am 02. Juni, 1949 in der Plaine des Joncs südöstlich von Phnom-Penh abgesprungen. Es war der erste Gefechtssprung einer Kompanie des 2. BEP im Extrême-Orient überhaupt. Die Plaine des Joncs, die Ebene der Riedgräser oder Ebene der Binse, lag teils trocken, teils schwammig in der rasch untergehenden Sonne. Nur einigen wachsamen Legionären fiel auf, dass ein Schwarm Saruskraniche sie dabei beobachtet hatte. Ihre blutroten Köpfe verhießen nichts Gutes. Saruskraniche waren Symbol für Glück und Langlebigkeit.

       Glück und Langlebigkeit?

      Sicher, aber nur für die Vietnamesen.

      Fremdenlegionäre wurden in diesem Land scheinbar nicht alt. Nach dem Sprung ging alles sehr schnell. Man sammelte sich am Boden: die eigentliche Operation, die darauf abzielte Ausbildungslager und Waffen- und Munitionsdepots ausfindig zu machen und die Basiscamps der Vietminh im zugewiesenen Sektor zu zerschlagen, konnte beginnen. Das Gebiet, in dem der Feind lauerte und jede ihrer Bewegungen beobachtete, lag etwa fünfunddreißig Kilometer südwestlich von Saigon und war nur einen Katzensprung von Kambodscha entfernt.

Bild 7

       Vorbereitung für einen Hinterhalt.

      So marschierten sie die ganze Nacht und den Morgen darauf. Die Nerven gespannte wie

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