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Esberg zurück und sahen vor Helgoland viele Kisten treiben. Die Mannschaft peilte schon ganz aufgeregt die Lage, hoffentlich einen guten Fang zu tun. Jedenfalls musste untersucht werden, was in den Kisten verborgen war. Vorsicht war trotzdem geboten, denn man konnte nicht wissen, ob es nicht getarnte Minen waren. Immerhin wollten wir der Sache auf den Grund geben, wir ließen ein Boot zu Wasser und ruderten näher an die Kisten ran. Was konnten die wohl enthalten, das war die Frage der Stunde. In all den Kisten, die da herumtrieben, war Butter in Paketen und Dosen. Nun war kein Halten mehr. Alle Boote setzten ihre kleinen Fahrzeuge aus und eine Kiste nach der anderen wurde in Sicherheit gebracht. 4.000 Pfund Butter, und das im Krieg! – Jeder bekam 20 Pfund, die an die Angehörigen geschickt werden konnten. Die werden Augen machen. Weihnachten gab es dann den Rest des Fanges.

      Nun war es aber nicht so, als wenn unser ganzer Kriegsdienst nur darin bestand, unsere eigenen Interessen zu wahren. Diese kleinen Episoden waren für uns nur eine willkommene Unterbrechung der weiß Gott nicht leichten Fahrten unserer Flottille. Alle zehn Tage wurde eine Fahrt gemacht, die hauptsächlich den Zweck hatte, unsere U-Boote durch die minenfreien Wege zu geleiten. Zwei U-Boote fuhren dann voraus, sie waren mit Minenschneidegeräten ausgerüstet, in Kiellinie folgten dann die U-Boote. Einen Tages sahen wir nachts um 24 Uhr (zur Geisterstunde) vier große Kreuzer und 12 Zerstörer ganz in unserer Nähe. Wir fuhren auf der Schattenseite, so konnten sie uns noch nicht sehen, aber die U-Boote tauchten schnellstens, und wir verschwanden in Richtung der dänischen Küste, so dass wir innerhalb der Dreimeilengrenze waren. Der minenfreie Weg war passiert, so konnten die U-Boote allein ihre Fahrt fortsetzen. Ich versuchte sofort, mit unserer Signalstation Verbindung zu bekommen, aber da die Engländer immer dazwischen funkten, dauerte es eine Weile, bis die Verbindung glückte. Unter Code meldete ich, dass und wo ich die feindlichen Verbände gesichtet hatte und bekam die Antwort "Laufen sofort aus." Eine Stunde später kamen die Engländer zurück, Kurs Nord. Ich war froh, dass die Luft wieder rein war, wagte aber doch nicht, den gleichen Weg zurück zu nehmen, denn nun musste man ja damit rechnen, dass die feindlichen Brüder überall Minen ausgelegt hatten. Wir verkappten uns als holländische Fischdampfer und hielten uns dicht unter der dänischen Küste. Dort hatten wir schon früher ein kleines Fahrwasser ausgelotet und konnten notfalls am Tage den Weg nehmen, aber nur mit fünf Meter Tiefgang. Diesen Weg fuhren wir dann auch bei Tagwerden und kamen gut wieder in unserem Heimathafen an. Eine Minenräumflottille lief dann aus, und unsere Vermutung, dass die Feinde Minen ausgelegt hatten, bestätigte sich, denn bei Hornriff fand man große Minenfelder. Es wäre wahrscheinlich ein großes Unglück passiert, wenn wir die Schiffe nicht zufällig gesichtet hätten, denn eine am anderen Tage auslaufende Torpedobootsflottille wäre unweigerlich in das Minenfeld geraten. Im Flottillentagesbefehl stand dann später: "Der Flottenchef spricht der Besatzung des Vorpostenbootes ALDEBARAN, insbesondere dem Leutnant z. S. Johannes Hubert seine vollste Anerkennung aus. Grossadmiral Scheer."

      Am heiligen Abend bekam ich außerdem das E.K.1.

      Am 2. Juli 1917 heiratete ich. Die Hochzeit wurde im engsten Kreise gefeiert, also eine richtige Kriegstrauung.

      Trotzdem kamen unendlich viele Glückwünsche. Dass ich den Geburtstag meines Sohnes am 28.3.1918 erleben durfte, habe ich einem Zufall zu verdanken.

      Ich wurde an diesem Tag auf meiner Position von einem Kameraden abgelöst. Er hatte dann das Unglück, von Engländern torpediert zu werden, kam aber gottlob nur in Gefangenschaft. Er hatte insofern also trotz allem noch Glück gehabt, denn so mancher guter Freund und Kamerad musste für immer draußen bleiben. So manches brave Schiff kam von der Fahrt nicht wieder zurück.

      Viele Flugzeuge holten wir aus den minenverseuchten Gewässern, und sehr oft waren diese Unternehmungen mit größter Gefahr verbunden. Gar manches Mal hatten wir schon mit dem Leben abgeschlossen und die Hand am Hebel, der unser Boot in die Luft sprengen sollte, ehe es in feindliche Hände fiel. Im Krieg muss man sehr viel Glück haben, und ich kann wohl sagen, ich hatte es. Das Ende des Krieges war für mich und viele aufrechte Kameraden deprimierend, denn die Revolution war wirklich ein unwürdiger Schluss. Ich mag heute noch nicht daran denken.

       Schmerzlicher Abschied von der Kriegsmarine

      Immerhin blieb ich bis Kriegsende auf meinem Schiff. Als aber eines Morgens die rote Fahne gehisst wurde, hatte ich dort nichts mehr zu suchen, denn diese Revolution war der Todesstoß für unsere ruhmreiche Marine. Meine Besatzung beschwor mich, doch an Bord zurück zu kommen, aber dazu konnte ich mich nicht entschließen. Als sie merkten, dass ich nicht zurückkommen würde, brachte sie mir eines Tages meinen Offizierswimpel und die Kriegsflagge ins Haus.

      Nun ging alles sehr schnell. Ich wurde aus dem Marinedienst entlassen, wenn man unter dem roten Regiment überhaupt noch von Entlassung sprechen konnte und kehrte zu meiner alten Reederei zurück, der ich mein ganzes Leben lang treu blieb. Auch meine Reederei hatte im Krieg viele Schiffe verloren, darunter auch meine geliebte SUOMI, die in der Ostsee von einem russischen U-Boot in Brand geschossen worden und versunken war. Zwei von den Schiffen, die uns noch verblieben waren, und zwar WANDRAHM und "BROOK", mussten an die Engländer abgeliefert werden, und wir selber hatten sie nach Firth of Forth zu bringen. Den Dampfer WANDRAHM habe ich rüber bringen müssen, er wurde auf Leeth Reede von den Tommys übernommen. Unsere Besatzung wurde auf einer Hulk interniert, und wir wurden wie Gefangene behandelt. Unwürdig haben sich die Engländer uns gegenüber benommen, und irgendwie kann man das nie vergessen. Nach drei Wochen, sie hatten immerhin zirka 390 deutsche Zivilisten zusammen, die Schiffe rüber bringen mussten, wurde ein Transport zusammengestellt, der unter Polizeibegleitung nach Edinburgh befördert wurde. Die Bevölkerung benahm sich unglaublich, bespuckte uns, bewarf uns mit Unrat und rief uns Schimpfworte nach. Man kann das nicht beschreiben. Von Edinburgh ging es in einem verschlossenen Zug mit herabgezogenen Gardinen nach Grimsby, und von dort aus sollten wir nach Hamburg zurückgeschickt werden. Die Behandlung war einfach nicht zu verstehen, denn der Krieg war lange zu Ende. Nun, unser Gepäck war von Edinburgh nicht mitgekommen, und so weigerten sich die Deutschen, an Bord zu gehen. Sie wollten ohne ihr Gepäck nicht fahren. Die Engländer stellten das Ultimatum, entweder an Bord gehen oder wieder eingesperrt werden. Es war ein richtiger Aufruhr unter den Leuten. Wir hatten eine Kommission gebildet, die mit den Engländern verhandeln sollte. Sie bestand aus vier Kapitänen, und ich musste den Sprecher machen. Wir verhandelten dann mit den englischen Offizieren und kamen nach drei Stunden überein, dass das Schiff mit den 270 Mann auf Reede gehen sollte, und die restlichen 30 Mann sollten an Land auf das Gepäck warten. Angeblich sollte das Gepäck mit einer Sonderlokomotive geholt werden, aber wer wusste genau, ob die Versprechungen eingehalten werden würden. Die bisherige Behandlung ließ uns sehr an den Versicherungen zweifeln. Ich warnte noch den Kapitän, ja nicht die Reede zu verlassen, denn die Leute waren zu aufgebracht. Wer weiß, was alles noch hätte passieren können. Um 12 Uhr nachts kamen die Sachen aber dann doch an und wurden mit Leichtern an Bord gebracht. Jeder untersuchte kritisch, ob auch noch alles im Gepäck war. Um drei Uhr morgens wurden dann die Anker gelichtet, und wir waren froh, die ungastliche Insel verlassen zu können. Viele, viele Schiffe der deutschen Handelsmarine gingen diesen letzten Weg nach England, und zuletzt hatten wir nur noch uralte Schiffe in unseren Häfen liegen, und das waren auch nur ganz wenige.

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