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lassen Sie mal, ist ja nicht wichtig. Dr. König ist nicht mehr da?“

      „Ist vor zwei Jahren ausgeschieden und jetzt in der Umlaufbahn. Wie das dann so geht, nicht? Es ist bestimmt nicht leicht für ihn.“

      Von der Zeit her kam es hin. Dieser Müller-Zepp hatte Dr. König abgelöst; da war kein anderer dazwischen gewesen. Jetzt nicht zu direkt auf den Mann zusteuern – besser, er schob eine unverdächtige Frage dazwischen: „Haben Sie gehört, dass Stewart+Funck eine verlagseigene Akademie aufbauen will?“

      „Wirklich? So was binden die sich jetzt noch ans Bein? Ist das das Projekt, in das ihre Tochter einsteigen möchte? Auf alle Fälle ist S+F eine erste Adresse, da kann ich nur gratulieren.“

      Sie nickten sich zu, mit sich und der Branche soweit einverstanden.

      „Müller-Zepp?“ fragte Arnold beim Kaffee. „Neuer Mann?“

      „Nicht unbedingt, er ist seit vier Jahren im Verlag. War erst Assi bei Herbrand, jetzt Marketing. Noch relativ jung, Mitte Dreißig, ist schnell nach oben gekommen, kommt von Professor Stackes, da kommen sie ja gerne her. Unverschämt gut aussehender Bursche übrigens.“

      „Im Vorstand?“ fragte Arnold.

      „Noch nicht, aber er arbeitet daran, macht ordentlich Dampf. Er nervt die Leute mit seiner Matrix. Sie wissen: Welche Abteilung wen im Verlag bedienen muss und welche sich was wo holen darf. Geht mich aber nix an; ich bin da außen vor.“ Der alte Seelenverkäufer lachte; er wusste, wen er vor sich hatte. In Agenturen wie der Korffschen hatte man noch miteinander auf Zuruf gearbeitet.

      „Den Mann würde ich gern mal kennen lernen,“ sagte Arnold.

      „Wissen Sie was,“ sagte Hohenstein. „Wir haben in vierzehn Tagen eine Präsentation vor Anzeigenkunden. Im Parkhotel. Es geht um eine neue Milieu-Studie. Typologie und so weiter, Sie wissen schon. Müller-Zepp wird vortragen. Ich schicke Ihnen eine Einladung.“

      Der Empfang begann vormittags um elf mit einleitenden Worten des Anzeigenleiters. Eine Präsentation schloss sich an, Power Point. Marketing-Direktor Müller-Zepp sprach im gut geschnittenen Anzug von „klarer vertrieblicher Ausrichtung“ und „ganzheitlicher Beratung,“ über Bündelung einerseits und Spin-offs andererseits; so oder so kamen der Bernkopf-Verlag und er selbst gut dabei weg.

      Als der freundliche Beifall geendet hatte, stand Arnold auf, schlen­derte aus dem Saal hinaus in die Eingangshalle, in dem ein Buffet angerichtet war. Er stellte fest, dass er hier niemanden mehr kannte, auch die Namensschilder sagten ihm nichts. Hohenstein sprach am anderen Ende mit Kunden. Arnold würde warten müssen, bis der Mann Zeit fand, ihn Müller-Zepp vorzustellen, aber der war ohnehin von Zuhörern umlagert.

      Die junge Frau im Business-Outfit, die mit einem Stapel Papier auf dem Arm auf ihn zukam, gefiel ihm gut. Ihr blonder Wuschelkopf erinnerte ihn an eine Grafikerin, die früher bei ihm gearbeitet hatte.

      Müller-Zepp setzte mit zwei Schritten aus seiner Gruppe herüber und fuhr den Wuschelkopf an:

      „Ich hatte Ihnen gesagt, die Unterlagen müssen bis halb elf auf den Stühlen liegen. Habe ich mich nicht deutlich genug ausgedrückt?“

      Ein Chef in Aktion. Gab es solche Ekel also doch noch, dachte Arnold. Er las in den letzten Jahren von einem neuen Stil in den Büros, von ‚sozialer Intelligenz’ und ähnlichen Erfindungen. Hier waren diese Neuheiten noch nicht angekommen; offensichtlich las Müller-Zepp andere Zeitungen als Arnold.

      „Wir sprechen noch darüber,“ versprach das Ekel.

      Der jungen Frau stieg die Röte ins Gesicht. Arnold nahm ihr ein Exemplar ab und zeigte ein liebes Lächeln vor, das auf ein erbostes Gehirn wie ein Brandbeschleuniger wirken musste.

      „Es hetzt uns ja niemand. Es kommt ja auch so jeder an die Reihe.“

      Müller-Zepp besaß das Talent wichtiger Leute, andere wichtige Leute auf den ersten Blick zu erkennen und den Rest auszusortieren. Jetzt nahm er Arnold erstmals zur Kenntnis, vermaß ihn kurz von oben nach unten und sah nichts, womit er sich hätte aufhalten müssen. Er wandte sich ab; schließlich hatte er Verpflichtungen, die er abarbeiten musste. Ein Einkäufer, der ihm zugeführt wurde, fand seine ungeteilte Aufmerksamkeit.

      So rüde war Arnold in den letzten fünfzig Jahren nicht mehr abgefertigt worden. Sah man ihm so deutlich an, dass er ausgemustert war? Oder war das die Art der neuen Executives, alles, was keinen Vorteil versprach, kurzerhand vom Hof zu jagen?

      Er sah sich um. Flächendeckend junge Leute in Business-Anthrazit. Viele junge Frauen darunter, bei Mi­neral­wasser, sie mussten später noch arbeiten. Rund um die Stehtische Product Manager, Kontakter, Medialeute – eine Rasse, zu der er einmal gehört hatte. Nur, dass er damals nie auf die Krawatte verzichtet hätte.

      Das Gespräch mit Müller-Zepp war geplatzt. Er hatte den Mann gereizt. Das war dumm von ihm, aber es ging ihm einfach gegen den Strich, wenn ein blonder Wuschelkopf runtergeputzt wurde. Eigentlich hatte er die Unterhaltung beiläufig auf Neuentwicklungen lenken („FUTURE, was halten Sie denn davon?“) und dann herausfinden wollen, ob dem Müller-Zepp ein ähnliches Projekt schon einmal angetragen worden war.

      Er hatte es versiebt. Arnold ging hinüber zum Buffet. Wenn er schon mal hier war, konnte er sich auch bedienen, er hatte Bernkopf früher genügend Aufträge zukommen lassen. Er gönnte sich ein Canapé mit Räucherlachs, so etwas gehörte zu den Leckerbissen, die Sabine ihm nicht mehr erlaubte – zu viel Cholesterin.

      Er hielt das zweite Canapé zwischen den Fingern, als der Blondschopf vorbei strich, im Moment von Dienstpflichten befreit.

      „Hallo,“ sagte Arnold.

      „Hallo“ – sie sah auf sein Namensschild – „Herr Korff.“

      „Es sind ja wahre Köstlichkeiten, die Sie hier auffahren.“

      „Nicht wahr? Aber das Kompliment steht der Hotelküche zu, nicht mir.“

      „Seien Sie nicht so bescheiden. Sie werden Ihren Teil beigetragen haben, ich kenne das. Was war denn eigentlich los vorhin?“

      Sie legte den Kopf etwas schräg:

      „Ach – das Papier sollte eigentlich auf jedem Stuhl im Saal bereitliegen – aber der Wagen ist einfach nicht gekommen. Ich bin bald gestorben vor Herzklopfen; ich bin noch nicht lange dabei.“

      „So schnell stirbt man aber nicht. Sie werden sicher aufklären können, wer an dieser Panne schuld ist.“

      „Wer weiß.“ Der Blondschopf bezweifelte das.

      „Etwa nicht?“

      „Wissen Sie, Herr Korff,“ sie sah Arnold jetzt mit einem offenen Blick an, „mit manchen Leuten ist es eben schwierig.“

      „Mmh. Ich habe schon gehört, der Herr Müller-Zepp ist neu bei Ihnen.“

      „Nein, er ist schon länger im Haus, aber er ist neu im Marketing.“ Sie lachte missmutig. „Die erste Kollegin hat schon gekündigt. Entschuldigen Sie mich – ich sehe gerade, ich werde da hinten gebraucht.“

      Ein drittes Canapé versagte er sich. Aber ein paar Meter weiter, bei einem Häppchen Roquefort mit Weintrauben, zog Arnold Bilanz. Was hatte er bisher eigentlich erreicht? Er wusste, dass dieser Müller-Zepp der Mann sein musste, den Hoyer besucht hatte, aber Genaueres über diese unglückliche Begegnung hatte er nicht erfahren.

      Er musste jemanden finden, der bestätigte, dass Müller-Zepp die Haruspex-Geschichte tatsächlich kannte, und er musste hier und jetzt mit der Suche beginnen. Er ließ die junge Frau nicht mehr aus den Augen, schob sich schließlich im Ausgang an sie heran und verabschiedete sich mit einem Händedruck.

      „Alles Gute für Sie. Und sagen Sie – wie war noch mal der Name der Kollegin, die im Marketing gekündigt hat?“

      Ob sie wusste, dass sie den Namen gar nicht genannt hatte? Jedenfalls gab sie ihn bereitwillig her:

      „Eicken. Marlene Eicken, glaube ich.“

      Merkwürdig

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