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mehr lange dauern.“

      „Das versprechen Sie seit Jahren, Vater. Ich werde von den Resten vor allem William ernähren und dann mich selbst. Sie, Vater, können sich von der Hoffnung auf diese imaginäre Herzogskrone ernähren, nicht wahr?“

      Damit verließ sie das Arbeitszimmer. In der Küche traf sie auf William, der hungrig auf das schon aufgeschlagene Ei sah. „Das ist für Papa?“

      „Nein, für dich. Vater lässt uns hungern, also lasse ich ihn jetzt auch hungern, ich habe nämlich genug!“

      „Er wird böse werden“, warnte William.

      „Was will er denn tun?“, entgegnete Emily herausfordernd. „Uns das Geld streichen?“

      „Welches Geld?“ William war verdutzt.

      „Na, eben! Ich könnte aber damit drohen, sein Arbeitszimmer einmal gründlich sauberzumachen.“

      „Und dabei seine Papiere hoffnungslos durcheinanderzubringen?“ William grinste.

      „Ganz recht! Aber auf die Dauer muss es hier anders werden, denn so geht es doch nicht weiter!“

      „Wie soll das denn geschehen?“

      Emily zuckte die Achseln. „Ich denke darüber nach. So, und jetzt bekommst du dein Ei und Brot und Tee dazu!“

      Sie räumte weiter in der Küche auf, während William aß und sich, sobald Teller und Tasse geleert waren, weiterhin hungrig umsah. „Schinken haben wir nicht?“

      „Nein, woher sollte der kommen? Du musst übrigens in einer halben Stunde beim Pfarrer sein, für deine lateinische Lektion.“

      William seufzte. „Latein ist ja recht interessant, aber wozu lerne ich es denn, wenn ich keine Gelegenheit habe, eine anständige Schule zu besuchen? Am besten gehe ich beim Hufschmied in die Lehre…“

      „Mir wird schon etwas einfallen“, antwortete Emily schwächlich, denn im Moment fiel ihr eben nichts Brauchbares ein.

      Schließlich zog William seine Reitstiefel an und ächzte theatralisch, weil sie ihm zu klein geworden waren. Mit seiner Mappe, Jacke und Reithandschuhen begab er sich zum Stall, um Blacky zu satteln und zum Pfarrhaus zu reiten. Emily sah ihm nach und seufzte: Nein, so konnte es wirklich nicht weitergehen!

      Warum fiel ihr das ausgerechnet heute so stark auf? Weil William hungrig und mit zu engen Stiefeln aus dem Haus musste und nicht auf eine anständige Schule gehen konnte, obwohl er gescheit und immerhin ein künftiger Baronet war?

      Weil ihr Vater sich zusehends in seiner albernen Traumwelt verlor? Er hatte nicht den geringsten Anspruch auf dieses Herzogtum, soweit sie seinen Ausführungen hatte folgen können. Es hatte verschiedene Erbverträge gegeben, die er großzügig missachtete – und spätestens unter Charles II war das Herzogtum, das brach gelegen hatte, einem seiner Günstlinge zugefallen. Diese Familie hatte Titel und Ländereien immer noch inne. Schon die Vorgängerfamilie – katholische Royalisten, was sie um 1650 das Leben gekostet hatte – war mit den Allingtons gar nicht mehr verwandt gewesen, der Vater musste schon zur Zeit der blutigen Mary in seinen verwickelten Stammbäumen nicht nur einmal falsch abgebogen sein. Und weil er sich um nichts anderes kümmerte, war kein Geld mehr da. Oder es war zwar da, aber er gab alles für weitere nutzlose Dokumente aus.

      Wutentbrannt marschierte sie wieder ins Arbeitszimmer.

      Ihr Vater sah ärgerlich aus. „Was ist jetzt wieder? Und Frühstück habe ich immer noch keins.“

      „Ich auch nicht. Die Reste hat William bekommen, er ist im Wachstum. Vater, es ist nichts mehr da, ich brauche Geld, dann könnte ich wenigstens bei den Bauern in Little Moreton etwas besorgen. Mehl, Butter, Schinken, Gemüse, ein paar Äpfel…“

      „Ich brauche keine Äpfel.“

      „Wir aber schon! Papa, wenn du uns verhungern lässt, hast du keinen Erben für dein imaginäres Herzogtum, willst du das? Entweder gibst du mir Geld oder ich schaue, ob ich etwas verkaufen kann. Vielleicht dein Pferd? Oder ich räume hier einmal richtig auf und werfe dieses ganze Papier in den Küchenherd. Dann wird die Küche wenigstens einmal richtig warm.“

      Sir Charles starrte seine Tochter, die wie eine Furie vor ihm stand, verwirrt an und wollte seinen Blick schon wieder auf die Papiere vor ihm senken, als sie ihn anschrie: „Das habe ich ernst gemeint! Wir haben keinen Anspruch auf dieses dumme Herzogtum1 Du vertust deine Zeit und lässt uns hungern!“ Damit packte sie einen sorgfältig verschnürten Stapel Papier und wandte sich zur Tür. Sir Charles kreischte auf: „Halt! Das sind wichtige Beweise! Hier, ich habe noch etwas Geld!“

      Er kramte in seiner Jackentasche und warf eine Handvoll Münzen auf den Boden; Emily sammelte sie hastig auf – sogar ein Sovereign war darunter! Aber sein Benehmen: Gehörte er nicht allmählich nach Bedlam?

      Sobald sie sich wieder beruhigt hatte und auch ihr Gesicht, wie sie in dem Spiegel in ihrem (kalten) Schlafzimmer sehen konnte, nicht mehr so zornrot war, spannte sie an und fuhr nach Little Moreton, wo sie einen prächtigen Schinken kaufte, außerdem alles, was man für mehrere Brotlaibe brauchte, einen Korb Äpfel, einen Bund Mohrrüben (für William und die Pferde), einen großen Käse und noch so allerlei. Das würde für etwa eine Woche reichen, überlegte sie – aber so viel war von dem Sovereign danach gar nicht mehr übrig. Einen Laden für Tee und Gewürze gab es in Little Moreton auch, so dass sie auch Tee besorgen konnte und auf der Straße vor dem Geschäft auch mit einigen Bekannten Bemerkungen wechseln konnte. Über das zu kühle Wetter und den Mehlpreis ging das aber auch nicht hinaus.

      Zuhause verräumte sie ihre Einkäufe und machte auch ihrem Vater etwas zu essen, bevor sie an die Herstellung eines Brotteigs ging und ihn schließlich, in ein sauberes Tuch gewickelt, beiseitestellte.

      Ihr Vater war mit Schinken, Eiern und dem Rest des älteren Brotes offenbar zufrieden gewesen, jedenfalls war der Teller restlos geleert. Emily nahm ihn stumm mit in die Küche, wo sich mittlerweile auch die kleine Deirdre eingefunden hatte, die gerade Spülwasser heißmachte.

      „Hast du überhaupt schon etwas gegessen, Deirdre?“

      Das Mädchen schüttelte den Kopf. „Nein, Miss.“

      „Gut, spül du das Geschirr – viel ist es ja nicht, danach essen wir auch etwas.“

      Immerhin hatte William fünf neue Eier gefunden, so dass es für Rührei mit gebratenem Schinken reichte und auch noch etwas übrigblieb. Und danach für jede einen Apfel…

      Sie brachten danach die Küche einträchtig in Ordnung und Emily begann zu überlegen, seit wann sie hier das Leben einer Kreuzung aus Erstem Hausmädchen und Gouvernante führte. Eigentlich lief es doch seit Williams Geburt so, es wurde nur langsam immer ärger mit Papa.

      Hatte die Idee, dass er nun einen Erben hatte, ihm so das Hirn vernebelt, dass er nun unbedingt diesem Erben nicht eine Baronets-, sondern eine Herzogswürde hinterlassen wollte? Und Mama, die ihn vielleicht noch hätte bremsen können, war wenige Tage nach Williams Geburt gestorben… So genau wusste sie die Einzelheiten auch nicht, denn damals hatte sie gerade einmal zwölf Jahre gezählt. Mit dem Neugeborenen, das die Milch nicht recht vertrug, war sie beschäftigt genug gewesen, so dass sie nicht so ganz registriert hatte, wie sehr ihr Vater in diese Wahnwelt abgeglitten war.

      Aber so konnte es nicht weitergehen – sollte sie jetzt einmal pro Woche dem Vater drohen, seine Stammtafeln, Kirchenbuchauszüge und sonstigen „Beweise“ der herzoglichen Abkunft ins Feuer zu werfen, damit er das nötigste Geld für den Haushalt herausrückte? Diese Drohung brauchte sich doch ab! Spätestens in zwei Wochen würde er kaum noch aufblicken, wenn sie damit einfing. Oder er hätte seine Kostbarkeiten weggeschlossen…

      Kostbarkeiten… nein, es gab nichts mehr, was man zu Geld machen konnte. Ihre Perlenohrringe (von Mama) waren nicht viel wert und konnten hier in der Gegend auch kaum verkauft werden – mehr besaßen sie nicht mehr. Höchstens die Pferde, aber das kam gar nicht in Frage, es bräche William das Herz! Und litt der Junge nicht schon genug darunter, dass es kein Schulgeld für ihn gab? Ihr Vater war wirklich ein Rabenvater!

      Sie

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