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die Pläne für die bevorstehenden Chemo-, Strahlen- und Hormontherapien unterbreitete. Das Gefühl des „danach“ wurde mir von medizinischer Seite immer wieder bestätigt. Die „Gangster“ blieben bei der Diagnose. Mir wurde immer klarer, ich musste mich irgendwie mit dem Krebs anfreunden oder zumindest lernen, damit zu leben. Wie es schien, die nächsten Jahre meines Lebens. Die Hormontherapie sollte 5 Jahre, also bis zu meinem 39. Geburtstag dauern.

      Ängste

      Die Schockphase geht vorbei und die Ängste kommen. Die schlechte Nachricht zuerst: die Ängste bleiben eine Weile, sie können sogar zum Dauergast werden. Die gute Nachricht: es gibt Strategien, mit ihnen umzugehen, mit ihnen zu verhandeln und sie wieder zu verabschieden.

      Die Schamanen der Huichol Indianer, einem der ältesten Stämme Mexikos, sagen, dass unsere Angst daher kommt, dass wir nicht in der Lage sind, wirklich zu sehen, was um uns ist. Das beschreibt es gut. Wenn wir wirklich sehen würden, was wirklich um uns ist, anstatt stets aufs Neue den Horrorfilm „Ängste“ in unserem Kopf anzuschauen, würden unsere Ängste weniger werden.

      In der Krise Krebs können Ihre Ängste zeitweise so viel Raum einnehmen, dass Sie nur noch damit beschäftigt sind, diese einzudämmen und zu verdrängen. Möglicherweise wenden Sie viel Energie dafür auf, Ihre Angstgefühle nicht wahrzunehmen und ihnen auszuweichen. Das ist anstrengend. Zu sehen „was wirklich um Sie ist“ heißt, Ihre Ängste nicht zu leugnen oder zu ignorieren, sondern sich einzugestehen und sich zu erlauben, ängstlich zu sein. Ihre Ängste sind Gefühle, die von Ihrem Denken beeinflusst sind. Das ermöglicht Ihnen, sich zu entscheiden, wie stark, wie sehr Sie sich von ihnen beeindrucken lassen und wie Sie mit ihnen umgehen wollen. Sie können die Verantwortung dafür übernehmen, wie viel Platz Ihre Ängste in Ihrem Leben erhalten.

      Körperliche Symptome von Angst sind erhöhte Aufmerksamkeit, geweitete Pupillen, Herzrasen, Schweißausbrüche, erhöhter Puls, höherer Blutdruck, Übelkeit, Schwindelgefühle, Muskelanspannung, flacher oder schneller Atem und Atemnot. Die Symptome sollen uns auf „Kampf“ oder „Flucht“ vorbereiten, wenn uns Gefahr droht. Diese physiologisch gesunden Reaktionen sicherten in früheren Zeiten unser körperliches und seelisches Überleben bei Bedrohung von Außen. Unsere heutigen Lebensbedingungen machen einen körperlichen Kampf oder eine Vorbereitung unseres Körpers auf eine Flucht in diesem Maße überflüssig. Ihr Körper reagiert jedoch automatisch. Das können Sie nicht beeinflussen. Doch diese Symptome können Ihnen den Weg zu Ihren Ängsten weisen, bevor Sie überhaupt spüren, dass Sie Angst haben. Achten Sie daher auf Ihre körperlichen Symptome, wenn Sie Angst haben. Dann wissen Sie auch, dies sind keine neuen Krebssymptome, sondern Ausdruck Ihrer Angst. Sie können Ihre Ängste wahrnehmen und sie benennen. Das beruhigt.

      Neben der Konfrontation mit dem möglichen Tod, ist die Tatsache, dass Sie durch die Krebstherapien und Ihre Nebenwirkungen körperliche Schmerzen aushalten müssen, belastend und Nerven aufreibend. Ihre Angst vor Schmerzen mag deshalb groß sein. Sie ist berechtigt, denn Sie werden mit körperlichen und seelischen Schmerzen konfrontiert werden. Gleichzeitig sind Sie diesen Schmerzen nicht ausgeliefert. Die Schulmedizin bietet viele Möglichkeiten der Schmerzbehandlung. Halten Sie Schmerzen nicht lange aus. Am besten gar nicht. Das bringt nichts, hilft Ihnen nicht bei der Heilung, sondern zermürbt nur. Wenn Sie Schmerzen haben, fragen Sie nach Medikamenten. Scheuen Sie sich nicht, so lange nach der richtigen Medikation zu fragen, bis Ihre Schmerzen gelindert sind.

      Schmerzen können Ihre Ängste verstärken. Das sollten Sie wissen. Die Angst steigt, wenn nicht klar ist, woher Ihre Schmerzen kommen. Die Gründe für Ihre Schmerzen zu kennen, hilft Ihnen mit den Ängsten umzugehen und Klarheit zu erhalten. Harmlose Erkältungen, Verspannungen oder kleine Wehwehchen können Sie dermaßen verunsichern, dass Sie sofort an „das Schlimmste“ denken. Die Ungewissheit schürt Ihre Angst vor einem Rückfall oder vor Metastasen. Gehen Sie zum Arzt und klären Sie die Ursache Ihrer Schmerzen ab. Lassen Sie sich bestätigen, dass Ihre Symptome harmlos und kein neuer Krebs sind. Das beruhigt! Dann können Sie mit Ihren Schmerzen und mit Ihrer Angst vor Schmerzen wieder angemessen umgehen.

      Die Angst vor dem Sterben, die bei Betroffenen immer wieder auftaucht, meint eigentlich die Angst vor Schmerzen, vor einem Siechtum, vor dem körperlichen Verfall oder geistiger Verwirrung. Seien Sie beruhigt, wer an Krebs stirbt, ist (meist) bis zuletzt geistig wach. Der Aktionsradius engt sich beim Sterbenden ein. Sein Bewusstsein weitet sich jedoch. Elisabeth Kübler-Ross, Ärztin und Expertin auf dem Gebiet der Sterbeforschung und Sterbebegleitung, hat dies eindrucksvoll in Ihren Büchern beschrieben und belegt. Unser Körper ist ihrer Meinung nach das Haus unserer Seele für dieses eine Leben. Sie beschreibt den Tod als einen Wechsel der Seele in einen anderen Seinszustandes. Mehr nicht. Die Lektüre eines Buches von ihr kann Ihnen helfen, Ihre Angst vor dem Sterben zu verringern oder zu verlieren.

      Haben Sie Angst vor Ihren Gefühlen und davor, Ihren Gefühlen ausgeliefert zu sein? Das ist verständlich. Sie haben allen Grund dazu, negative Gefühle wie Angst, Wut und Traurigkeit zu spüren. Jeder versteht das. Diese Gefühle gehören dazu. Vielleicht waren die Gefühle, die durch die Krebsdiagnose in Ihnen wach gerufen werden, schon lange in Ihnen vorhanden. Sie waren nur eingeschlossen. Heilung bedeutet, Ihre Seele zu heilen und sich Ihren zum Vorschein kommenden Gefühlen zu stellen. Ihre Gefühle weiter wegzusperren bedeutet, dass Sie sich Ihrer positiven Gefühle ebenso berauben. Glückshormone und Endorphine können dann nicht zu Ihrer Heilung beitragen. Das wäre schade. Lebenslust, Glücksgefühle und Freude sollen sich in Ihnen ausbreiten und Sie bei der Heilung unterstützen. Versuchen Sie so oft es möglich ist, den Endorphinspiegel in Ihrem Körper zu erhöhen. Das ist gesund.

      Irritieren Sie manchmal die Äußerungen von Angehörigen, Kollegen, Eltern, Kinder oder Nachbarn? Hören Sie Botschaften zwischen den Zeilen, erahnen Sie etwas im Tonfall und erkennen Sie etwas in der Körpersprache? Solche nonverbalen Mitteilungen können verunsichern oder sogar verletzen. Der Grund dieser Irritationen kann sein, dass die anderen Ihnen gegenüber ihre Ängste nicht äußern wollen oder können. Mir ist es öfter passiert, dass mein Gegenüber den Blick auf meinen Busen lenkte, kaum dass ich das Wort „Brustkrebs“ ausgesprochen hatte. So, als ob er oder sie überprüfen wollte, ob etwas fehlt. Beschäftigen Sie sich mit den Ängsten Ihrer Angehörigen und Freunde, wenn sich diese ehrlich mitteilen und offen von Ihren Ängsten erzählen. Das ist zu einem bestimmten Zeitpunkt in Ordnung und kann die Nähe zwischen Ihnen vergrößern und Ihre Verbindung festigen. Menschen, die Sie jedoch ungefiltert und mit unreflektierten Aussagen mit ihren eigenen Ängsten belasten, sollten Sie meiden. Ihre Umgebung hat mit Ihrer Diagnose Krebs die gleichen Chancen aufzuwachen wie Sie! Die gleiche Erlaubnis, sich Ängste einzugestehen. Und die gleiche Notwendigkeit, sich mit der Endlichkeit des Lebens zu beschäftigen. Jahre nach meiner Erkrankung haben mir Freunde erzählt, dass sie durch meine Auseinandersetzung viel für sich selbst gelernt haben und sich bewusst machen konnten, was sie sich für Ihr Leben wünschen. Sie sind mit Ihrer Diagnose Krebs auch ein Geschenk an die anderen. Wenn diese es wollen und annehmen.

      Vergeben Sie aber auch den Menschen, die dies (noch) nicht tun, nicht können oder wollen. Kann sein, dass sie Zeit benötigen, sich an das „danach“ zu gewöhnen. Falls nicht, dann sind diese Menschen für Sie in dieser Krise nicht die richtigen Begleiter. Sie entscheiden, ob und wie Sie mit den Ängsten der anderen umgehen wollen.

      Sollten Sie vor unangenehmen Terminen von Ängsten überwältigt werden und in der Nacht wach liegen, beginnen Sie, sich selbst Ihre Ängste laut vorzusagen oder sie aufzuschreiben. Ein aktiver Umgang mit Ihren Ängsten kann Sie entspannen, von überzogenen Ängsten befreien und wieder klar denken und handeln lassen. Ein spielerischer Umgang mit Ängsten ist möglich und kann Ihre Situation erleichtern. Strategien dafür finden Sie im Kapitel Lebensluststrategien.

      In der Nacht, wenn ich alleine war, kam eine „diffuse“ Angst. Eine Freundin fragte mich, „ob nachts die Angst kommt“. „Ja, nachts kommt sie“, antwortete ich. Es war, als ob im Dunkeln die Welt und ich darin anders wären. Ist es die Dunkelheit, die Einsamkeit, die Verlorenheit, das Alleinsein mit mir und meinen Gefühlen? Keine Kontrolle mehr zu haben, weil ich nicht mehr alles sehen konnte? Schreiben half mir herauszufinden, wovor ich Angst hatte. Ich schrieb meinen Ängsten eine Einladung: „Wo ist meine Angst? Wo bist Du? Komm,

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