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Im Netz der Gedanken. Stefan Heidenreich
Читать онлайн.Название Im Netz der Gedanken
Год выпуска 0
isbn 9783738091038
Автор произведения Stefan Heidenreich
Жанр Языкознание
Издательство Bookwire
Die Anzahl an Monitoren und Computern, auf die wir herabschauen konnten, erinnerten mich an meinen Besuch im Kennedy Space-Center vor drei Jahren. Nur dass hier die Leute fehlten, die lautstark ‚Go! Go! Go!‘ riefen, um ein Spaceshuttle in der Startphase anzufeuern.
Für solche Gefühlsausbrüche waren alle viel zu sehr in ihre Arbeit vertieft. Ich hörte mich leise zu mir selbst sagen:
„Houston wir haben ein Problem.“
Birnbaum sah mir meine Verwunderung sofort an und quittierte meine verwirrten Blicke mit einem schelmischen Grinsen.
„So da sind wir nun. Diese Räumlichkeiten wurden von einer mir befreundeten Baufirma entdeckt, als die Projektierung des Platzes nur aus ein paar Bleistiftzeichnungen bestand. Niemand weiß genau, wann und wofür dies hier geschaffen wurde. Und offensichtlich weiß auch niemand mehr, dass dieser Ort überhaupt existiert. Wir haben es lediglich etwas erweitert und unseren Bedürfnissen angepasst, wobei das größte Problem damals die Trockenlegung der Anlage war. Das alte Gemäuer hier unten ist nach all den Jahren leider nicht mehr ganz dicht. Auch heute noch laufen die Pumpen rund um die Uhr, damit wir nicht absaufen. Aber machen Sie sich keine Gedanken deswegen. Wir sind hier auf dem modernsten Stand der Technik. Alle lebenserhaltenden Maßnahmen sind hoch technisiert und computergesteuert.“
Dass in diesem Hightechtempel alles computergesteuert war, das hätte er nicht extra erwähnen müssen, denn dies war selbst für mich nicht zu übersehen.
„Wenn Sie sich das Ganze ansehen wollen, dann haben wir dafür bestimmt später noch die Gelegenheit dazu. Aber jetzt gehen wir erst einmal zu unseren Gastgebern, die schon darauf brennen sie kennenzulernen.“
Dann ging er einfach in eine Richtung los und forderte mich auf ihm zu folgen. Ich griff ihm mit einer Hand auf die Schulter, drehte ihn mit einem Ruck zu mir um und sah ihm fest in die Augen.
„Was ist das hier? Habt Ihr vor euer eigenes Raumfahrtprogramm hier zu betreiben? Ist das eine militärische Einrichtung? Sie wollen mir doch nicht immer noch weismachen, dass dies eine Philosophierstube ist. Also, raus mit der Sprache.“
Trotz dieses Überraschungsangriffs erlangte er unglaublich schnell seine Fassung zurück. Er schaute kurz in eine der unzähligen Überwachungskameras und seine Mimik und Gestik verriet mir, dass er gerade irgendjemand zur Ruhe mahnte. Anscheinend musste er der Person am anderen Ende der Übertragungsleitung mitteilen, dass er die Situation im Griff hat und keine Hilfe benötigt.
„Wenn Sie antworten wollen, dann müssen Sie mir schon folgen. Ich versichere Ihnen, dass weder das Militär noch die NASA oder irgendeine andere Organisation dieser Art hiermit etwas zu tun hat.“
Abermals wandte er sich von mir ab und lief einfach los. Und diesmal folgte ich ihm.
Erst jetzt fiel mir auf, dass niemand der Männer und Frauen, die hier vor den Monitoren saßen, sich für diese kleine Szene, die ich ihnen bot, interessierte. Alle arbeiteten so konzentriert, dass sie anscheinend nicht einmal unsere Anwesenheit bemerkten.
Wie würden die wohl reagieren, wenn ich Birnbaum auf den Händen folgte? Oder wenn ich mit einer Partygesellschaft hier eine Polonaise veranstaltete und laut singend zwischen ihnen hindurch tanzte? Was musste man tun, um diese Leute aus der Ruhe zu bringen?
Der Einzige, der uns anscheinend wahrnahm, das war ein Mann, der hastig an uns vorbeilief und hinter einer Stellwand gleich neben der großen Projektionsleinwand unten im Saal verschwand. Ich kannte sowohl diesen Blick wie auch diese Gangart nur zu gut. Genauso sah auch ich jedes Mal aus, wenn ich mich aus irgendeiner Veranstaltung heimlich verdrückte, um in Ruhe eine Zigarette zu rauchen.
Schön dachte ich so bei mir. Wenigstens ein menschliches Wesen scheint es hier noch zu geben.
Birnbaum lief in der Annahme, dass ich ihm folgte, weiter und ich tat es ihm gleich. Gerade hatte ich diesen Lungenpieper aus den Augen verloren, da steuerte Birnbaum bereits auf eine Tür mit der Aufschrift >kleiner Konferenzraum< zu.
Noch bevor wir sie erreichten, um sie zu öffnen oder wenigstens anzuklopfen, wurde dies mit einem kleinen Summen scheinbar von innen erledigt.
Mir war sofort klar, dass unser Weg vom Fahrstuhl bis zu diesem Raum von jemandem Schritt für Schritt verfolgt worden war, der uns nun auf diese Art Einlass gewährte.
„Also, doch so eine Stargategeschichte.“ murmelte ich vor mich hin. Allerdings in einem schien Birnbaum Recht zu haben. Niemand der fünf anwesenden Personen machte auf mich einen militärischen Eindruck.
Beim Betrachten des ovalen Konferenztisches in der Mitte des Raumes hätte ich beinahe salutiert und ein lautstarkes ‚Guten Morgen Mr. Präsident‘ in den Raum gerufen. Schließlich sah der Mann am anderen Ende des Raumes tatsächlich so aus, wie der Präsident der Vereinigten Staaten im Allgemeinen gerne dargestellt wird.
Ordentliche dunkelblaue Bundfaltenhose, Polohemd und darüber eine Strickjacke, die anscheinend nicht aus demselben Geschäft stammte, in dem ich meine Kleidung normalerweise kaufe. Alle hier im Raum waren locker und leger gekleidet. Das heißt, alle außer Birnbaum und meiner Wenigkeit.
Birnbaum trug seinen maßgeschneiderten Manageranzug, so wie es sich für einen Mann in seiner beruflichen Position gehört. Und ich trug meinen guten blauen Anzug, von dessen Anschaffungskosten Klaus ungefähr drei bis vier Malzeiten bestritten hätte.
Der Raum maß laut der vorhandenen Deckenplatten ca. sechs mal fünf Meter, war aber mit Ausnahme von Tisch und Stühlen gänzlich unmöbliert. Die Wände waren glatt und in einem grünen Pastellton gestrichen und das warme Licht, welches den Raum erhellte, schien dezent unter einer Blende knapp unterhalb der Decke hervor, die alle vier Wände nach oben abgrenzte.
Außer dem kleinen im Tisch eingelassenen Monitor, der anscheinend unser Kommen ankündigte, und dem Taster für die Tür zierte nicht ein einziges weiteres Utensil den Raum. (Wenn die wussten, dass ich komme, dann hätten sie wenigstens an einen Aschenbecher denken können.)
Der ‚Präsident’ begrüßte Birnbaum mit einem freundlichen Schulterklopfen und mich mit einem festen Händedruck. Für seine ca. 1,70 m und seine eher zierlich wirkende Erscheinung konnte dieser Mann, den ich auf ca. 60 Jahre schätzte, erstaunlich fest zupacken. Sein Gesicht zeigte die Spuren einer frühen Akne, die kleine Narben und Pocken als Zeugen einer vergangenen Zeit in die ansonsten faltenfreie Haut zeichnete.
„Ich freue mich, dass Sie hier sind.“ Sagte er mit einem väterlichen Lächeln auf den Lippen. „Ich möchte Ihnen kurz die anderen vorstellen, und dann sind wir gespannt, Sie und Ihre Ansichten kennenzulernen. Herrn Birnbaum kennen Sie ja bereits. Also fangen wir bei den Damen an.“
Die rundlich wirkende Frau neben mir wurde als Frau Kerner vorgestellt, welche vor drei Jahren ihren Lehrstuhl für Theologie aufgab, um mit der Gruppe hier zu arbeiten. Es war eine recht große Frau, der man aufgrund ihrer Körpergröße zutraute, dass sie in ihrem Leben mehr als einmal ihren Mann gestanden hatte. Vom Alter her müsste sie irgendwo zwischen 50 und 70 Jahre anzusiedeln sein. Von ihrem Kopf hingen lange weiße Haare herunter, die sie mit einem Gummiband zu einem Pferdeschwanz formte. Ich wusste nicht, ob ihre Erscheinung etwas Gutmütiges oder eher etwas Respekt Einflößendes mit sich brachte. Zumindest begrüßte sie mich mit einem herzlichen Händedruck.
Frau Kaluga kam erst vor ein paar Monaten zur Gruppe. Sie hatte bis dahin Mathematik studiert und den besten Abschluss der letzten drei Jahre hingelegt. Sie wirkte mit ihrer kleinen Brille und ihrer sehr knabenhaften Figur erstaunlich jung und hätte genauso gut auch noch auf der Schulbank sitzen können.
Die anderen beiden Männer im Raum hatten geholfen das Projekt aus der Taufe zu heben. Sie stammten beide aus der Wirtschaft,