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1. Teil STROM

       1

      Sie wartete am verabredeten Treffpunkt. Es war kalt an diesem Novemberabend 2007, starke Windstöße wirbelten ihren langen blonden Locken über den rot-schwarzen Rucksack. Ihr Haar schimmerte goldglänzend auf ihren Schultern im Licht der Straßenlaternen. Sie hätte doch ein Haarband tragen sollen! Böen peitschten lästig ihre Strähnen auf den Wangen, und ihr nicht unschweres Gepäck auf dem Rücken brachte sie aus dem Gleichgewicht. Es hielt sich noch in Grenzen.

      Lange musste sie sicherlich nicht mehr warten. Ein Blick auf ihr Handy zeigte. 17 Uhr 58.

      Um 18 Uhr wollte ihre Mitfahrgelegenheit eintreffen. Nicole Stürmer hatte vor, ihre Freundin in Mainz zu besuchen. Sandra wurde morgen 22 Jahre alt; und Nicole hatte ein schon ein heftiges Wochenende im Auge, Stunden voller Ausgelassenheit und Spaß, eine wilde Party, bei der nichts zu kurz kommen würde.

      Während Nicole Sozialarbeit in Köln studierte, war Sandra in Mainz in BWL immatrikuliert. Nicht nur die unterschiedlichen Fakultäten und Universitätsstädte unterschieden sie, auch ihre Temperamente glichen sich ganz und gar nicht. Sandra war ihrem Freund gefolgt, es war eine Amour fou, wie man sie sich nicht besser vorstellen konnte. Und doch meisterten sie ihre Zeit an der Uni! Was hatten sie sich gewandelt, seitdem sie Köln verlassen hatte!

      Köln-Bayenthal. Nicole hielt Ausschau nach einem schwarzen Opel Astra Kombi. So langsam könnte er kommen! Die Rheinuferstraße war wie immer stark befahren, eine Karosserie klebte sich an die nächste. Sie hatte Schwierigkeiten beim Auseinanderhalten der verschiedenen Fahrzeugtypen, es kostete sie Konzentration, ihre Augen permanent auf die Fahrbahn zu fokussieren. Jetzt sah sie ein schwarzes Auto sich dem Seitenstreifen nähern. Eine Lichthupe folgte. Nicole winkte. Der Wagen hielt an. Der Fahrer stieg aus, ein Mittdreißiger in Bluejeans und schwarzer Lederjacke, dessen Kragen hochgezogen waren. Sein dunkelbrauner Bürstenhaarschnitt und seine blassblauen großen Augen wirkten auf Nicole im ersten Moment eigenartig: eine Mischung aus Müdigkeit und unverhohlener Neugier.

      „Ich bin Bernd Neumann,“ er nickte freundlich, „ du willst nach Mainz? Na dann steig ein, den Rucksack kannst du im Kofferraum legen.“

      „Ich nehme ihn mit auf den Beifahrersitz. Er stört mich dort nicht ,“ erwiderte sie.

      „Einverstanden,“ er grinste, als sie platz nahm, blickte sie durch die Windschutzscheibe lächelnd an und setze sich dann in den Fahrersitz, startete das Auto.

      „Angeschnallt hast du dich ja schon. Gut!“ Er beschleunigte rasant, fuhr aber sicher.

      „Und was schaffst dich nach Mainz?“ fragte sie ihn.

      „Ich habe dort geschäftlich zu tun. Schon spät abends fahre ich wieder zurück.“

      Geschäftliches! Was sonst! Das konnte sie sich denken.

      .„Wie lange bleibst du in Mainz?“

      „Das Wochenende. Eine Freundin feiert Geburtstag, da will ich nicht fehlen!“

      „Schade, ich würde dich gerne wieder zurückfahren. Aber das geht nicht.“

      „Machen sie sich keine Gedanken. Ich weiß schon, wie ich zurückkomme.“ Nicole sah zuerst geradeaus, dann zum Rhein, drehte dann den Blick leicht zu dem Mann. Seine sportliche Statur wirkte selbstsicher. Er griff mit der rechten Hand in die linke Brustinnentasche, holte sich Zigaretten raus, zündete eine an. Nach dem ersten Zug trafen seine blassblauen, großen Augen ihren Mund, ihren Augen, ihren Hals. Ihre Windbreakerjacke war zugezogen. Nicole rauchte zwar auch, doch sie hatte jetzt keinen Schmacht. Er rauchte ziemlich hastig, es dauerte keine fünf Minuten, da drückte er sie aus.

      „Nicht mehr lange, dann sind wir auf der Autobahn.“ Seine Stimme klang fremd, so als wäre es gelogen. Sie sagte nur. Ja.“ schwieg dann…

      Das Schweigen hielt an. Eigenartig, er ließ keine Musik laufen, obwohl er eine geile Anlage im Auto hatte. Musik täte ihr jetzt gut. Doch sie fragte ihn nicht danach, sie wusste nicht warum.

      Sie griff in ihre rechte Jackentasche, umfasste ihr Handy. Jetzt Sandra anrufen. Wozu? Sie wusste ja ungefähr, wann sie käme. Ein Auto wäre schon nicht schlecht! Wie teuer das Autofahren heute geworden ist. Von ihren Eltern wollte sie keins. Sie sparte schon. Wenn sie ihr Diplom hatte, würde sie sich einen Gebrauchtwagen kaufen. Den Lappen hatte sie schon.

      Merkwürdig, er grinste sie schon wieder so an. Dann fuhr er in eine Straße links rein.

      „Das ist nicht der richtige Weg!“ sie waren mittlerweile in Sürth. „Wo wollen sie denn hin?“ Bei diesen Worten spürt sie deutlich ihren Herzschlag im Brustbereich, ihr Solarplexus strömte einen bedrohlichen Druck aus.

      „Keine Sorge, ich habe noch was zu erledigen.“ Bernd Neumann gab in der kleinen, nicht beleuchteten Straße Gas. Nicole sah weg, als er sie von der Seite musterte. Neumann machte eine Vollbremsung. Weit rissen sich ihre Augen auf, dann ein Schrei, vor Schrecken starr. Mit einem unnatürlichen Wimpernschlag schlossen sich ihre Augen.

      Jetzt musste es schnell gehen. Es ging schnell. Er packte den Rücklehnengriff, riss ihren Kopf nach hinten, so dass ihr Handy aus der Jackentasche flog. Er schnappte es sich, entfernte die SimCard und steckte es ins Handschuhfach. Der Sicherheitsgurt löste sich von ihrem Körper. Ein Streifen bildete sich an ihre Jacke. Versengt. Der Gurt hatte sein Gutes getan. Neumann zog ihre sämtliche Kleider vom Leib. Ein rotes Brandmal, 8 Zentimeter breit, ging von links unten nach rechts oben, die Brustwarze war verkohlt. Mit einer Mullbinde stopfte er ihren Mund, klebte ihn mit Tesaband zu. Die Ohren stöpselte er mit Tampons zu.

      Gierig grapschte er nach ihrer Vagina, fuchtelte mit vier Fingern durch ihre Schamlippen. Neumann öffnete seine Hose, stieß seinen erigierten Schwanz in ihre junge Vulva. Mit entsetzlichen Stößen rammte er sein Ding in ihr hilfloses Geschlechtsorgan.

      Da riss sie wieder ihre Augen auf. Noch nicht ganz tot, erwachte sie aus einem wahren Albtraum. Der teuflische Schmerz in ihrer rechten Brustwarze, ein Brennen, das nicht aufzuhalten war. Das abartige Penetrieren ihres Körpers mit dieser unaufhaltsamen Gewalt. Als sie in seine Augen sah, spürte sie seine grenzenlose Gier, das dunkle Funkeln eines Raubtieres. Das waren keine Augen eines Menschen, keine eines Mannes.

      Nicole konnte nicht mehr hinsehen. Ihre Angst, ihre endlosen Schmerzen steigerten sich ins Unermessliche. Seine starke Hand packte die heile Brust und rieb sie an der verletzten. Spuren von Blut verschmierten ihren Busen. Sie keuchte nach Luft, doch es ging nicht. Ihre Nasenflügel blähten sich verkrampft auf. Sie verdrehte ihre Augen. Er packte sie am Bauch, unterhalb des Bauchnabels, drückte fest zu. Alabasterfarbige Anatomiefragmente zuckten in Wellen zitternder Bewegungen. Sein Schwanz wütete weiter in ihr. Sie schlug den Kopf nach rechts, nach links, nach oben, nach unten. Neumann begann immer lauter tierische Töne von sich zu geben. Sie hörte es nicht. Sie konnte es nicht hören.

      Neumann holte einen Müllsack aus dem Handschuhfach. Dann öffnete er die Tür, schmiss ihre Kleidung in den Beutel. Er griff unter ihre Arme, zog sie aus dem Auto und steckte sie in den Sack. Er verschnürte sie mit einem Bindfaden und trug sie wieder auf den Beifahrersitz. Er schloss die Tür, setzte sich wieder ins Auto. Es war nicht mehr weit bis zum Rhein, er war nahe dem Ufer. Bäume säumten den Rand des Flusses. Jetzt hielt er an. Vor ihm floss der Strom. Er packte sich die umhüllte Leiche, schleppte sie zum fließenden Wasser. Eine steile Böschung führte zum Fluss. Der stürmische Wind erschwerte das Tragen des leblosen Frauenkörpers, er spürte das Tosen. Er konnte den Rhein hören. Dann kippte er sie herunter in die Tiefe, in den Fluss. Ein Platschen folgte, ein Verlorensein, ein Verlassensein.

       2

      Simone war noch auf. Sonntagabend, 22 Uhr 32, der 11 November 2007. Sie tippte die Tasten ihres Handys. Jetzt konnte sie nicht mehr warten, bei Sandra anzurufen. Nicole hatte sich bei Sandra nicht mehr gemeldet, und sie war noch immer nicht wieder zu Hause.

      „Hallo Sandra! Ich bin es, Simone. Du, ist Nicole noch bei dir?“

      „Nein,

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