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nicht. Aber das Gedicht, das auf dem Flugblatt abgedruckt war, interessierte mich. Es passt auch heute wieder in unsere Zeit. Damals gab es auch über sechs Millionen Arbeitslose und die Unterstützungen waren sehr niedrig.

       Es kommt ein Mann ins Krankenhaus,

       erklärt, ihm sei nicht wohl.

       Da schnitt man ihm den Blinddarm raus

       und wusch den Mann mit Karbol.

       Befragt, ob´s ihm besser sei,

       da sagt er nein.

       Da versprach man ihm Mut,

       amputiert sein linkes Bein

       und sagt aber jetzt geht’s ihm gut.

       Der arme Mann hingegen litt

       und füllt das Haus mit Geschrei.

       Da machte man den Meisterschnitt

       zu sehen, was da sei.

       Sie waren Meister in ihrem Fach

       und schnitten - ein ernstes Gesicht.

       Er schwieg - zum Schreien war er zu schwach,

       aber sterben tat er noch nicht.

       Sein Blut wurde langsam knapp,

       auch litt er an Atemnot,

       da sägte man ihm noch 3 Rippen ab,

       da war er endlich tot.

       Der Chefarzt sah die Leiche an,

       da fragte ihn ein anderer, ein Junger:

       Was fehlte denn dem armen Mann?

       Der Chefarzt schluchzt und murmelt dann,

       der hatte bestimmt nur Hunger.

      Erich Kästner

      Ich habe es auswendig gelernt und nie vergessen. Im Haus gab es manchmal auch Spannungen. Mein Pflegeonkel Karl war Anhänger der SPD. In der Partei war er nicht. Der Schwiegersohn Otto war für die Nazis. Er fuhr nach Weimar, wenn dort Hitler sprach. Beide Meinungen prallten aufeinander. Wie wohl bekannt, wurde Hindenburg als Reichspräsident gewählt. Der Kampf zwischen den Parteien ging weiter und wir spürten dies auch auf dem Dorf. Besonders Hitler trumpfte auf mit seinen Parolen »Gebt mir vier Jahre Zeit und ihr kennt Deutschland nicht wieder«. Wir haben Deutschland nach 12 Jahren nicht wieder erkannt. Auf diese Parole sind auch viele eingegangen. Nach der Wahl 1933 sagte Onkel Karl zu mir: »Ja, Paul, ich habe mal Hitler gewählt, mal sehen, ob er sein Versprechen hält«. Diese Auffassung hatten viele Wähler. Meine Schulentlassung rückte langsam näher. Es galt eine Lehrstelle zu suchen. Für einen bestimmten Beruf konnte ich mich noch nicht entscheiden. Herr Röder, Großbauer von Ottmannshausen, bot mir an, bei ihm als Knecht bzw. Landwirtschaftsgehilfe, das klingt nicht so brutal, zu arbeiten. Nein, ich wollte aus der Landwirtschaft erst einmal heraus. Auf dem Arbeitsamt in Weimar wurde ich gefragt: »Was willst du denn lernen?« Ich habe geantwortet: »Mir ist das egal, nur eine Lehrstelle als Schlosser, Tischler, Schneider (und so zählte ich noch weitere Berufe auf), ich will jeden Beruf, für den ich eine Lehrstelle bekomme, gut lernen!« Der gute Mann konnte mir nicht helfen. Mein Bruder Alois wohnte in Weimar und lernte Landwirtschafts- und Friedhofsgärtner. Anfang März stand er abends in der Tür und sagte gleich: »Wenn du Schuster lernen willst, dann hätte ich eine Lehrstelle für dich.« Natürlich wollte ich! Am nächsten Tag entschuldigte ich mich bei meinem Lehrer und ließ mir mein Zeugnisheft geben. Ich fuhr nach Weimar. Alois führte mich zu dem Schuhmachermeister Arno Waldmann.

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