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Mörder geben kein Pardon: Drei Krimis. Alfred Bekker
Читать онлайн.Название Mörder geben kein Pardon: Drei Krimis
Год выпуска 0
isbn 9783738089936
Автор произведения Alfred Bekker
Жанр Языкознание
Издательство Bookwire
„Quatsch, der ist längst weg!“, meinte Marvin-Julian.
Wie hätte er den Gestank da drinnen auch aushalten sollen?, ging es dem Jungen dabei durch den Kopf.
„Und wenn nicht?“
„Wenn jemand von euch Mut hat, kommt er mit“, sagte Marvin-Julian. „Die anderen sollen in Zukunft in der Schule besser auf die Mädchentoilette gehen, denn da gehören sie hin!“
„Angeber!“, rief Paul.
Dann sprang Marvin-Julian hinunter. Dabei trat er auf etwas Weiches, dass sich im Schatten befunden hatte. Er taumelte, ging zu Boden und kam hart auf. Eine klebrige, zähflüssige Substanz befand sich dort.
Das Zeug roch so ekelhaft, dass er sich um ein Haar erbrochen hätte.
Aber Marvin-Julian war wild entschlossen, sich zusammenzureißen und keine Schwäche zuzugeben.
„Na, lebst du noch?“, hörte er Pauls vor Hohn und Spott nur so triefende Stimme von draußen.
„Super gemütlich hier!“, behauptete Marvin-Julian. Er musste Husten. In seinem Hals brannte es jetzt genauso wie in seinen Augen und in der Nase. Der Magen begann ihm ebenfalls wehzutun.
Vorsichtig erhob er sich. Das klebrige Zeug wischte er am T-Shirt ab.
Ärger mit seiner Mutter war jetzt sowieso vorprogrammiert. Er blickte auf das weiche Ding, auf das er beim Sprung aufgekommen war.
Marvin-Julian trat einen Schritt auf dieses Ding zu.
Seine Augen gewöhnten sich mehr und mehr an das Halbdunkel, das im Inneren des Gebäudes herrschte, und so erkannte er jetzt, was es war.
Er stieß einen kurzen, entsetzten Schrei aus.
„Was ist los?“, rief Burat von draußen.
„Hier liegt ´ne tote Katze!“, stieß Marvin-Julian röchelnd hervor. Er rang nach Luft. Alles begann sich vor seinen Augen zu drehen. Er versuchte noch, sich an der Wand festzuhalten, rutschte dann aber an ihr zu Boden.
Dabei stieß er ein paar unartikulierte Laute aus.
Den anderen Mitgliedern der Gang stockte der Atem.
Sie standen wie erstarrt da. Niemand rührte sich. Sie lauschten, ob sich innen noch irgendetwas tat.
„Marvin-Julian?“, rief Paul.
Aber er bekam keine Antwort.
„Marvin-Julian, was ist los?“
„Vielleicht ist er verletzt und kann sich nicht helfen“, vermutete Burat.
„Wir sehen uns das an!“, bestimmte Paul. Er kletterte auf die Fensterbank. Als ihm von innen der stechende Geruch entgegen schlug, verzog er angewidert das Gesicht. „Das riecht ja wie ein Rattenfurz!“, meinte er, um cool zu wirken. Dann steckte er seinen Kopf durch die Öffnung.
Dort unten, auf dem Boden, lag Marvin-Julian und rührte sich nicht. Auch ihm selbst wurde plötzlich ganz schlecht.
Aber er riss sich zusammen. „Marvin-Julian liegt da unten und rührt sich nicht“, rief er.
Er stieg jetzt ebenfalls durch die Öffnung, brach dabei noch ein weiteres Brett heraus und sprang schließlich ins Innere.
Die anderen standen wie erstarrt da.
Niemand rührte sich. Von Paul waren nur noch ein paar Geräusche zu hören. Dann nichts mehr.
„Besser wir holen Hilfe“, meinte Burat.
Niemand unter den anderen Mitgliedern der Gang hielt ihn deswegen für einen Feigling.
3
Als wir die Adresse in der Brasewinkel Straße erreichten, war dort bereits alles mit Einsatzfahrzeugen verstellt. Polizei, Feuerwehr, Rettungsdienst, der ganze Zirkus eben.
Ich parkte den Sportwagen auf dem Bürgersteig. Roy und ich stiegen aus und gelangten wenig später an eine Flatterband-Absperrung. Kollegen in Uniform hielten dort Wache. Wir zeigten unsere Ausweise vor und wurden durchgelassen.
„Wer leitet den Einsatz hier?“, fragte ich.
„Ja, mal immer mit der Ruhe“, sagte mein Gegenüber.
„Wenn ich heute noch Auskunft bekäme, wär das toll.“
„Wir sind auf der Arbeit, nicht auf der Flucht.“
„Ach, ja?“
Der Uniformierte deutete auf einen korpulenten Mann mit roten, kurz geschorenen Haaren. „Das ist der Chef!“
„Danke.“
„Jo, gern geschehen.“
„So kann man sich täuschen.“
„Wie?“
„Ach, nix.“
Wir gingen auf den Rothaarigen zu und stellten uns vor.
„Uwe Jörgensen, Kripo Hamburg. Dies ist mein Kollege Roy Müller.“
„Polizeiobermeister Robert Dennerlein“, erwiderte der 'Chef'. „Ich habe schon auf Sie gewartet. Wie viel wissen Sie denn schon?“
„Nur, dass es hier ein Haus voller Gift geben soll, das in Zusammenhang mit geplanten Terroranschlägen stehen könnte!“, sagte ich.
Dennerlein nickte. „Dieses Gebäude ist bis unters Dach mit völlig unzureichend gesicherten Behältern voll gestellt, die hochgiftige Substanzen beinhalten. Darunter offenbar auch Stoffe, die Dioxin enthalten sowie stark ätzende Substanzen. Kinder haben auf dem Gelände gespielt. Zwei Jungen sind durch ein Fenster gestiegen und wurden kontaminiert.“
„Wie geht es ihnen?“, fragte Roy.
Dennerlein hob die Augenbrauen und machte ein sehr ernstes Gesicht. „Der Rettungsdienst hat sie abgeholt und in das Albert Schweizer Krankenhaus gebracht. Es waren noch fünf weitere Jungen – alle so um zehn Jahre – dabei. Die haben schließlich auch dafür gesorgt, dass Hilfe geholt wurde.“
„Wo sind diese fünf Jungen jetzt?“, fragte ich.
„Ich gebe Ihnen die Adressen. Im Moment sind sie zu Hause und stehen ziemlich unter Schock.“ Dennerlein atmete tief durch. „Ich kann viel verkraften und hab’ in meinen Dienstjahren auch schon viele Grausamkeiten gesehen – aber wenn Kinder betroffen sind, geht einem das immer schon sehr nahe.“
„Das geht mir genauso“, bekannte ich.
„Sprechen Sie am besten selbst nachher noch mit dem Einsatzleiter des Feuerwehr. Im Moment ist der noch ziemlich im Stress, weil noch nicht ganz klar ist, welche Gefahren von diesem Haus ausgehen. Inzwischen haben wir eine Spezialeinheit der Bundeswehr für ABC-Einsätze angefordert.“ Er schüttelte den Kopf. „Ich hoffe, man erwischt die Schweine, die diese Sauerei veranstaltet haben.“
„Wissen Sie etwas über die Besitzer dieses Gebäudes?“, fragte ich.
„Als Eigentümer ist eine Holding eingetragen, die das Gebäude vor anderthalb Jahren an einen gewissen Mahmut Talani vermietet hat.“
„So ein Zufall!“, sagte ich.
„Wieso? Ist das eine bekannte Größe?“
„Dieses Gebäude ist das vierte mit Giftfässern gefüllte Haus in Hamburg, das von Mahmut Talani gemietet wurde“, erklärte ich. „Diese Häuser enthielten leicht entflammbare Chemikalien. Bei einem Brand wären jeweils riesige Wolken aus Dioxin und ätzenden, säurehaltigen Substanzen über Wohngebieten niedergegangen.“
Dennerlein zuckte die Achseln. „Bei einem koordinierten Vorgehen hätte