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rief der Amir seine Unterführer zum Kriegsrat. Abdallah und Lauro wurden dazubefohlen.

      Eine Weile starrte der Amir stumm sie alle an. Dann brach der Sturm los:

      „Das war zu einfach! Da stimmt was nicht! Das stinkt!“ brüllte er. „Nicht ein Silber-Dirham in drei Dörfern! Genau 17 Kupferlinge das einzige Geld. Wenn ich damit dem Emir komme, schenkt der mir die Seidenschnur!

      Kein Vieh weit und breit! Die Kornkästen fast leer! Das Getreide noch grün auf dem Halm! Wenn unser gnädiger Emir nicht unfehlbar wäre, würde ich sagen, er hat uns in den April geschickt! Der Herbst ist die Zeit für eine Razzia. Erst nach der Ernte kommt unsere Erntezeit, wenn was zu holen ist! Nicht im Spätsommer, wenn selbst die Basken darben! Kein Wunder, dass diese Sadaba überfielen! Die hatten ja selbst nicht mehr viel zu beißen!“ Puterrot im Gesicht, ging ihm die Luft für eine weitere Tirade aus. Eine Minute des Schweigens folgte, dann hatte er nicht nur wieder Luft, er hatte auch seine Fassung wiedergewonnen. Mit mehr Mäßigung fuhr er fort:

      „Ich weiß sehr wohl, dass es unserem gnädigen Emir in erster Linie um die Bestrafung unserer Gefangenen geht. Auch da Fehlanzeige. Kein Kriegshäuptling dazwischen. Mindestens die Hälfte ihrer Krieger ist nicht hier. Grad mal 24 Alte und 27 alte Weiber. Ich bekomme noch nicht mal die vom Emir befohlene Quote zusammen. Nun, dann wird die eben mit jüngerer Handelsware aufgefüllt, die eigentlich verkauft werden sollte.

      „Die einzige wertvolle Beute sind nach bisheriger Zählung 87 Schweine. Wenn wir alle gründlich einsammeln, kommen wir bestimmt über 100. Grins ja nicht, Ibrahim! Dumm dass die immer noch in den Ställen der anderen Dörfer hocken. Wir verfahren wie folgt, und wage ja keinen Widerspruch, Amin. Du schickst sofort je 15 deiner Männer mit den bereits hier in den Pferchen stehenden Maultieren und Eseln der Basken in die Nebendörfer. Sie sollen je fünf kräftige Gefangene mitnehmen. Die laden alle Schweine in den Außendörfern in die dort herumstehenden einachsigen Kastenwagen der Basken. Mit je einem Maultier oder Esel davor, bringt ihr alles herüber. Morgen früh fahren die Gefangenen das zu Tal. Zusammen mit dem Ergebnis derselben Aktion im Hauptdorf.

      Warnt noch einmal nachdrücklich eure Krieger! Keine Misshandlungen, keine Tötungen. In den Serpentinen das Tal hinunter, werden wir für die Karren jede Hand benötigen. Wir brauchen jede und jeden willig für diesen Einsatz, wenn das Ganze gelingen soll. Alles: Schweine, Kastenwagen, Zugtiere und Geschirre wird der Dorfälteste auf dem Markt in Pamplona verhökern. Danach haben wir schon mal einen Beutel Gold für den Emir.“

      Er wandte sich an seinen Stellvertreter:

      „Ali ibn Assad, du übernimmst Selim, Amin und ihre Männer. Ihr treibt morgen in aller Frühe mit euren 100 die Beute zu Tal. Am Abend geht ihr am Talausgang, unten am Bach und von dessen Bäumen gedeckt, ins Nachtlager. Übermorgen müssen dann 20 Mann als Bedeckung bis Sabada reichen. Je 40 Krieger nehmt ihr zu beiden Seiten des Talendes. Da bleibt ihr als Flankenschutz, bis die letzte der Herden durchgezogen ist. Ihr bleibt auf euren Posten, bis ich eintreffe. Danach erst marschieren wir allesamt als Nachhut aus der Ischibanya!

      Ich schätze, dass die Herden der Dörfler, mindestens 500 Schafe und 100 Rinder, oberhalb der Baumgrenze auf den Grasalmen weiden. Da werden auch die fehlenden Krieger der Basken sein. Es braucht um die 20 davon, um das Vieh am Tage und in der Nacht vor den Großgeiern und Riesenadlern zu schützen. Nachts sind die Bären und Wölfe von der Herde fern zu halten. Darüber hinaus müssen ca. 20 knusprige junge Weiber da oben sein. Die Tiere wollen gemolken und der Käse muss getrimmt werden. Ich weiß, dass ich ein hohes Risiko laufe. Aber ohne diese Beute kehre ich nicht zurück. Die Aufgabe geht an dich, Ibrahim. Sondere 10 deiner Kerle aus, die sich den Arsch wund geritten haben. Die bleiben mit mir im Hauptdorf.

      Reite mit den übrigen zur Baumgrenze. Dort übernimmt Abdallah die eine Hälfte und reitet am linken Tal Hang nach Norden, du mit dem Rest am rechten. Wir haben Vollmond und einen sternklaren Nachthimmel. Wegen der Nachtgefahren müssen sie die Herden nach dem abendlichen Abmelken eng zusammen bei der Melkerei und Käserei behalten. Wenn ihr sie umrundet habt, tretet ihr zu einer Linie, in einem Halbkreis aneinander. Im ersten Morgenlicht reitet ihr an und treibt die Herden zu Tal. Diese Basken werden euch Widerstand leisten. Ihre hochgefährliche Waffe ist die Steinschleuder. Lauro, was weist du darüber? Dort jenes Huhn, fast 40 Schritte entfernt, würdest du es treffen, wenn du eine Schleuder hättest?“

      „Mit dem ersten Stein!“ war die überzeugend selbstsicher vorgetragene Antwort.

      „Und wohin würdest du als Baskenkrieger im Kampf zielen?

      „Mitten ins Gesicht meines Gegners! Nur so ist er sofort ausgeschaltet“, kam die ebenso prompte Antwort.

      „Genau, daher sagt euren Männern eindringlich, ihre Schilde zum Schutze des Kopfes einzusetzen! Ihr müsst geräuschlos, unerwartet und überraschend über sie herfallen. Die Basken sind im Galopp niederzureiten, mit dem Schild niederzustoßen oder mit dem flachen Säbel niederzuschlagen. Keine unnötige Tötung! Der Emir will Gefangene haben! Ich will die möglichst alle lebend hier unten sehen. Durchsucht die Häuser hier im Dorf. Nehmt genug Stricke mit. Eine Schlinge um jeden Hals. Das andere Ende an den Sattelknopf. Helft mit der Peitsche nach, und ihr habt Viehtreiber.

      Erst die Schafsherde zu Tal treiben. Dazu nehmt ihr die männlichen Gefangenen. Fünf Stunden später folgt eure zweite Rotte mit den Rindern und den Weibern. Haltet diesen Sicherheitsabstand ein! Ich will keine Panik. Die Rinder würden die Schafe zertrampeln und mindestens die Hälfte die Hänge hinunterkegeln. Ich will die gesamte Beute lebend im Dorf sehen. Die fertigen Käse nicht vergessen. Schnallt sie notfalls den Weibern auf den Rücken.

      „Ibrahim und Lauro, ihr verdeckt eure Baskisch Kenntnisse. Horcht auf die Unterhaltung der Gefangenen. Lasst sie frei untereinander reden. Ich will die Anführer haben, und alle Aufrührer. Die kommen zu den 30.

      Und nun zum Essen. Wir haben kaum genug dazu erbeutet. Das übernimmst du jetzt mit deiner Horde, Selim. Teil die Gefangenen ein. Lasse fünf Kühe schlachten, dazu alles, was in den Dörfern sonst noch an Kleinvieh zu finden ist. Die Weiber sollen alles kochen und braten. Stell die anderen an ihre Handmühlen. Alles Korn muss zu Mehl werden. Andere sollen den Brotteig kneten, die Steinöfen anheizen, und die gesamte Nacht hindurch Brote backen. Und haltet mir die Reittiere aus dem grünen Korn! Lasst sie ein wenig naschen, aber nicht mehr. Sich Morgen in Koliken wälzende Maultiere, das ist das letzte, was ich ertragen könnte.“

      Der Amir neigte sich zum Wasserstrahl des Brunnens. Das war eine lange Rede gewesen. Während er seine Kehle an-feuchtete, verfolgte er mit klammheimlichem Vergnügen, wie urplötzlich hektische Beschäftigung ausbrach. Er hatte die Ziele abgesteckt. Seine gut ausgebildeten Murabitun stürzten sich auf die ihnen zugewiesenen Aufgaben. Wenig später ritt Ibrahim mit Abdallah, Lauro und zwei Dutzend Murabitun, nach Norden in die Berge.

      Am nächsten Morgen rollten zuerst die Wagen mit der lebenden Beute, den Schweinen zu Tal. Die führten einen lautstarken Spektakel auf. Ihnen folgten einige Karren mit den Töpfen, Pfannen und Küchengeräten. Dann schloss sich Karren um Karren, beladen mit Ackergeräten und Futtervorräten, im Gänsemarsch an. Jedes Gefährt geleitet von einem alten erfahrenen Basken, und seitlich begleitet von den Frauen. Jede hatte einen Strick um den Hals, das andere Ende am Karren festgezurrt. Ihre Aufgabe: Bei Bedarf Bremsknüppel in die Radspeichen pressen. Neben jedem Wagen trabten einige Murtabitun. Die einsatzbereite Peitsche, ersatzweise biegsame Haselnuss Stöcke, zauberten willige Helfer und Helferinnen. Es dauerte fast bis Mittag. Dann erst rollte der letzte Karren davon. Ihm folgte die Nachhut.

      Totenstille sank ins Dorf. Es begann das nerventötende tatenlose Warten. Die Stunden dieses Tages wollten nicht verrinnen. Die mit dem Amir verbliebenen Krieger vertrieben sich die Zeit aktiv. Nochmals durchstöberten sie alle Häuser. Sie klopften Wände und Böden nach möglichen Verstecken ab. Mittags versammelte er die 10. Er befahl ihnen, alle geeigneten Behälter entlang der Dorfstraße aufzustellen, und mit Wasser aus Fluss und Brunnen zu füllen. Viehtränke, damit die Herden unverzüglich weitergetrieben werden konnten.

      Reglos und stumm saß der Amir beim Brunnen. Immer mal wieder richtete sich sein Blick zu den fernen Schnee- und Eisgipfeln im Norden. Zu deren Füßen, in den mittleren Grashöhen, mussten die Viehherden der Dörfer zu finden sein. Sein kleiner Trost war das Wetter. Der Mondwechsel hatte keine

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